Erst Vögel, dann Rinder und Menschen: Was uns die Pandemie für dieses neue Virus gelehrt hat
Ein Influenzavirus, das eigentlich nur Vögel befällt, breitet sich weltweit aus. Noch ist die Gefahr für den Menschen gering. Trotzdem müssten wir vorbereitet sein, erklärt einer der führenden Vogelgrippeforscher im Interview.
Schon wieder ein Virus? In Anbetracht der aktuellen Vielzahl an Krisen und Konflikten ist das wohl das Letzte, was die Menschheit gerade braucht. Doch seit einiger Zeit wächst unter Fachleuten weltweit die Sorge vor dem Vogelgrippevirus H5N1.
Mittlerweile hat sich der Erreger auf fast allen Kontinenten ausgebreitet und zahlreiche Vogelpopulationen stark dezimiert. Forschende konnten das Virus bis in die Antarktis verfolgen. Neuere Entwicklungen zeigen zudem, dass er nicht nur Wildvögel und Geflügel,
Anfang 2023 verzeichneten etwa Peru und Chile den Tod von Tausenden Seelöwen. Besonders drastisch waren die Auswirkungen des H5N1-Virus entlang der argentinischen Küste, und das Virus im Abwasser von texanischen Städten nachgewiesen.
Doch Wissenschaftler:innen verschiedener Länder sind dem Virus gemeinsam auf der Spur. Martin Beer ist Teil eines der größten Forschungsverbunde zum Thema. Er leitet das Institut für Virusdiagnostik und erforscht das Vogelgrippevirus bereits seit 2006. Damals wurde es erstmals durch Zugvögel nach Deutschland eingeschleppt – was zu einem großen Ausbruch auf Rügen führte.
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Martin Beer
… hat Veterinärmedizin in München studiert und sich zunächst auf Rinderviren spezialisiert. Seit 2000 forscht er am Friedrich-Loeffler-Institut, 2004 übernahm er die Leitung des Instituts für Virusdiagnostik.
Bildquelle:
Friedrich Loeffler Institut
Im Interview erklärt er, was sein Team über die Verbreitung und Entwicklung des Virus herausgefunden hat, ob es für den Menschen gefährlich ist – und was jetzt wichtig wird.
Perspective Daily:
Das Vogelgrippevirus ist kein neues Phänomen, sie selbst erforschen es seit 2006. Was ist jetzt anders?
Martin Beer:
Seit 2016 verbreitet sich insbesondere eine Variante des Virus: Diese ist inzwischen weltweit verbreitet – in Europa, Nord- und Südamerika, Asien, sogar in der Antarktis. Abgesehen von Neuseeland und Australien finden wir sie heute überall auf der Welt. Das hat so ein Virus zuvor nie geschafft. Neu ist auch, dass diese Variante nun vermehrt Säugetiere wie Füchse und Meeressäuger infiziert. Außergewöhnlich sind außerdem Fälle auf Pelztierfarmen in Europa und infizierte Rinder in den USA.
Was ist mit den Fällen beim Menschen,
Martin Beer:
Tatsächlich ist die Zahl der menschlichen Infektionen seit 2016 glücklicherweise zurückgegangen. Von den etwa 900 Vogelgrippe-Fällen, die seit 2003 beim Menschen aufgetreten sind, sind bisher weniger als 20 auf die jetzt weitverbreitete Klade zurückzuführen. Kurz gesagt: Das Virus breitet sich derzeit zwar stärker aus, verursacht aber weniger menschliche Infektionen.
Dabei steht in der aktuellen Berichterstattung zur Vogelgrippe oft sogar im Vordergrund, dass sich Menschen angesteckt haben. Bei Ihnen klingt es, als wären die menschlichen Infektionen gar nicht das, was Forschende aktuell am meisten besorgt.
Martin Beer:
Das stimmt. Auffällig ist aktuell vor allem die Verbreitung auf Kontinenten, wo es das Virus vorher nicht gab. Dadurch gibt es jetzt eine größere Menge infizierter Tiere und mehr Kontakt mit den unterschiedlichsten Spezies.
Bisher konnte das Virus gewisse Hürden aber nicht überwinden, das schützt uns aktuell vor einer Ausbreitung von Mensch zu Mensch.
Wie sehen diese Hürden aus?
Martin Beer:
Da ist zum einen die Anpassung an Säugetierzellen: Das Virus ist ursprünglich an Vögel angepasst, die zudem eine höhere Körpertemperatur haben als Säugetiere. Es muss also genetische Veränderungen durchlaufen, die das Virus in die Lage versetzen, in der kühleren Umgebung von Säugetierzellen effektiv zu arbeiten. Diese Hürde ist nicht allzu hoch: Solche Mutationen wurden bereits bei infizierten marinen Säugetieren wie Seehunden und bei Landtieren wie Füchsen beobachtet.
Um erfolgreich Menschen zu infizieren und von Mensch zu Mensch übertragen zu werden, müsste sich das Virus aber noch weiter verändern. Es müsste etwa in der Lage sein, sich im oberen Atmungstrakt des Menschen zu vermehren und dann über Kontakt und Tröpfcheninfektion weitergegeben werden zu können. Außerdem muss der Erreger das angeborene Immunsystem des Menschen überwinden. Und das reagiert auf Influenzaviren besonders stark und stellt beim Menschen eine sehr hohe Hürde dar.
Gibt es vergleichbare Viren, denen es gelungen ist, diese Hürden zu überwinden?
Martin Beer:
Es ist nicht einfach, aber gelungen ist es jeweils den pandemischen Influenzaviren, Das lag vor allem daran, dass sich verschiedene Virusformen genetisch vermischt und so weiterentwickelt haben. Auch das pandemische Schweine-Influenzavirus H1N1, das sich 2009 ausgebreitet hat, Der Sprung vom Schwein zum Menschen ist allerdings nicht so weit – beim Vogel zum Menschen ist er in der Regel deutlich weiter.
Aber der Sprung von Vögeln zu Säugetieren ist ja bereits gelungen. Gibt es besondere Merkmale bei den jetzt betroffenen Säugetieren, die sie anfälliger machen?
Martin Beer:
Ja, bestimmte Säugetiere wie Katzen- und Marderartige sind besonders empfänglich für das H5N1-Virus. Einer der Gründe dafür ist vermutlich ihre angeborene Immunität, die schwächer ist als die des Menschen.
Deswegen sind Frettchen auch wichtige Modelltiere für Influenzainfektionen: Viren, die sich nicht gut in Frettchen vermehren und sie nicht krankmachen, sind in der Regel nicht hochgradig also keine Gefahr für den Menschen. Vermehrt sich ein Virus in Frettchen und löst Krankheitssymptome aus, ist das Risiko meist größer.
Um das Risiko weiter einzuschätzen, untersuchen Forschende, wie sich die Viren von Frettchen zu Frettchen übertragen: Nur durch direkten Kontakt oder über die Luft? Danach schauen sie, wie die Viren in Tiermodellen aussehen, die das menschliche angeborene Immunsystem widerspiegeln. Allerdings gibt es einen Faktor, der die Beurteilung schwierig macht.
Martin Beer:
Das Problem ist, dass sich die H5N1-Viren der Klade 2.3.4.4b massiv ausgebreitet haben und sich ständig verändern. Diese Viren bestehen aus 8 Genombausteinen, die sie mit anderen Influenzaviren austauschen können. Beispielsweise, wenn sich verschiedene Influenzaviren in einem Wildvogel vermehren. Dadurch entstehen ständig neue Varianten, die sich an unterschiedliche Wirte anpassen können. Das Virus heißt dann zwar noch H5N1, ist aber eigentlich eine Mischform.
Derzeit gibt es schon mehr als 80 bekannte Varianten dieser H5N1-Klade. Ein Beispiel: Im Jahr 2021 hat sich das H5N1-Virus mit einem Möwen-Influenzavirus vermischt. Das führte dazu, dass hierzulande fast nur noch Möwen und Greifvögel von der Vogelgrippe betroffen waren. Seit Herbst 2023 hat sich das Bild wieder geändert, und wir sehen, dass das Virus besser in Gänsen und Enten wächst. Das Virus ist also sehr dynamisch und das muss bei den Analysen berücksichtigt werden.
Wie sieht denn die Ausbreitung in Deutschland aktuell aus?
Martin Beer:
In Deutschland gab es Hierzulande sehen wir also entgegen dem weltweiten Trend momentan einen drastischen Rückgang. Das hat vermutlich mit der jetzt greifenden Herdenimmunität bei den Wildvögeln zu tun. Ein Großteil überlebt die Infektion und ist dann für eine gewisse Zeit geschützt.
Und wieso breitet sich das Virus jetzt ausgerechnet bei Rindern in den USA aus?
Martin Beer:
Nach allem, was wir aus der Literatur und aus Kontakten zu Kollegen vor Ort wissen, vermehrt sich das Virus hauptsächlich im Euter. Dort ist das Virus sehr hoch konzentriert und wird dann durch den Melkvorgang über das Melkgeschirr weitergegeben.
Wenn dann eine infizierte Kuh weiterverkauft wird, setzt sich die Übertragung beim Melken im nächsten Betrieb fort. Momentan steht also das Euter im Zentrum. Es gibt bisher keine eindeutigen Hinweise auf eine Übertragung über die Atemluft. Die Frage ist allerdings: Wie lange braucht das Virus, um das zu lernen?
Wäre das denn möglich?
Martin Beer:
Das ist im Rind zum Glück nicht ganz einfach. Rinder haben kaum Rezeptoren in der Nase und den oberen Atemwegen, an die Influenzaviren aus dem Vogel gut andocken können. Im Euter haben sie dagegen sehr viele Rezeptoren, die denen von Vögeln ähneln, deshalb fühlt sich das Virus dort so wohl. Das ist auch eine gute Nachricht: Es muss sich nicht stark verändern, um im Kuheuter zu überleben. Es bleibt also grundsätzlich dem ursprünglichen Vogelvirus sehr ähnlich. Bisher wurden daher bei den H5N1-Viren in den amerikanischen Rindern nur sehr wenige genetische Anpassungen beschrieben.
Kein Grund zur Sorge also?
Martin Beer:
So würde ich es nicht sagen. Es ist ganz klar: Dieser Ausbruch in den USA muss unbedingt gestoppt werden. Denn trotz allem haben wir jetzt ein Virus, das in dieser Form noch nie in einer solchen Tierspezies vorkam. Und das ist etwas, was man auf keinen Fall möchte.
Wie lässt sich die Ausbreitung wieder stoppen?
Martin Beer:
Es gibt einen ganzen Katalog an Maßnahmen. Der erste und wichtigste Schritt ist die Erkennung betroffener Betriebe durch Massentests. Ein effektives Mittel hierfür ist es, Sammelmilchproben zu testen. Auch in Deutschland werden wir vorsorglich Stichproben nehmen und testen, auch wenn es hier bislang keinerlei Hinweise auf infizierte Rinder gibt.
In den USA würde ich empfehlen, flächendeckend jeden Milchviehbetrieb zu testen. Bei positiven Ergebnissen sollten die betroffenen Betriebe sofort gesperrt und die infizierten Tiere separiert werden. Zusätzlich müssen strenge Sicherheits- und Desinfektionsmaßnahmen für das Personal eingeführt werden, um eine weitere Ausbreitung und auch die Infektion von weiteren Menschen zu verhindern. Allerdings sind solche Maßnahmen in den USA etwas schwieriger umzusetzen als beispielsweise in Deutschland.
Wieso?
Martin Beer:
In Europa, insbesondere in Deutschland, haben wir eine hohe Transparenz und Rückverfolgbarkeit bei Rindern. Jedes Rind erhält innerhalb der ersten 7 Tage nach der Geburt 2 eindeutige Ohrmarken, mit denen jedes Tier in einer zentralen Datenbank registriert werden kann. So können wir mit einem Knopfdruck die Standorte und Bewegungen aller 12 Millionen Rinder in Deutschland sofort nachvollziehen: Wo steht dieses Tier, wo war es, wohin hat es sich bewegt, ist es geschlachtet worden? Dieses »gläserne Rind« erlaubt uns eine präzise und schnelle Reaktion auf Ausbrüche. Das ist in den USA anders.
Bisher gibt es nach meiner Kenntnis nur eine Untersuchungspflicht in Stichproben, wenn Tiere von einem Bundesstaat in einen anderen gehen. Das würde aber die Ausbreitung innerhalb eines Bundesstaates nicht verhindern. Wir wissen auch noch nicht, wie lange die Tiere positiv sind und ob sie danach vollständig immun sind. Da müssen wir jetzt auf weitere Analysen aus den USA und auf Ergebnisse aus Tierexperimenten warten.
Kommen wir noch einmal kurz zurück zu den Mitarbeiter:innen, die sich scheinbar bei Kühen angesteckt haben. Wie ist das passiert? Was weiß man darüber?
Martin Beer:
Höchstwahrscheinlich waren sie ohne ausreichenden Schutz beim Melken oder hatten direkten Kontakt mit der Milch. In der Rohmilch solcher infizierten Tiere wurden extrem hohe Viruskonzentrationen gemessen, mehr als 100 Millionen infektiöse Einheiten pro Milliliter. In einem Melkstand kann sich das Virus dann auch in der Luft verteilen. Oder man reibt sich unabsichtlich etwas Milch ins Auge. Ein häufiges Symptom bei den Infizierten ist Konjunktivitis, also eine Bindehautentzündung, was typisch für Vogelgrippeviren ist. Auch typisch ist, dass Menschen insgesamt bei diesen Viren der Klade 2.3.4.4b selten und meist nicht stark erkranken.
Kann das Virus über die Milch weitergegeben werden?
Martin Beer:
Kritisch ist in jedem Fall Rohmilch in den USA. Rohmilch ist generell ein risikoreiches Lebensmittel, da sie nicht ist und daher Bakterien und andere Pathogene enthalten kann, die den Menschen infizieren. Die Pasteurisierung wurde genau aus diesem Grund entwickelt.
Bisher zeigen alle Studien, dass das Influenzavirus die normalen Milchverarbeitungsprozesse, die diesen Schritt beinhalten, nicht überlebt.
Oft wird die Milch von erkrankten Kühen auch schon vor der Verarbeitung aussortiert. Stark infizierte Tiere produzieren kaum noch Milch. Hinzu kommt, dass die Milch oft verändert aussieht. Es gibt also verschiedene Faktoren, die das Risiko mindern. Dazu gehört auch, dass die Milch verschiedener Kühe in der Molkerei vermischt und so verdünnt wird. Menschen, die mit infizierten Rindern und Rohmilch arbeiten, müssen aber unbedingt besonders geschützt werden. Denn jede Übertragung bedeutet: Das Virus kann etwas Neues ausprobieren.
Gibt es einen Punkt, ab dem Sie sagen würden: Jetzt wird es auch für den Menschen gefährlich?
Martin Beer:
Dafür gibt es eine umfassende Risikoeinschätzung, die von Organisationen wie der WHO und der durchgeführt wird. Die Viren werden dann auf einer Skala eingeordnet. Die 2.3.4.4b-Varianten des Vogelgrippevirus liegen hier eher im mittleren Risikobereich. Andere Viren wie bestimmte Schweine-Influenzaviren sind ganz oben auf der Liste.
Es ist wichtig, das gesamte Spektrum zu betrachten. Ein verwandtes H5-Virus, H5N6, hat in China bereits zu über 45 Todesfällen beim Menschen geführt, obwohl es weniger verbreitet ist. In Kambodscha und Vietnam gab es ebenfalls tödliche Fälle mit einer anderen H5-Klade. Das sind aber nicht die Viren, die sich aktuell über die Kontinente verteilen. In der Berichterstattung wird das häufig vermischt.
Kritisch wird es beispielsweise, wenn sich das Virus bei Schweinen ausbreitet oder wenn es größere menschliche Cluster gibt. Das wäre ein Zeichen dafür, dass das Virus menschliche Hürden überwunden hat, was eine Alarmstufe »dunkelorange« oder höher bedeuten würde.
Was würden Sie unterm Strich sagen: Wie besorgniserregend ist die aktuelle Dynamik?
Martin Beer:
Die Situation beim Rind ist tatsächlich außergewöhnlich und überraschend. Allerdings führt sie noch nicht zu einer komplett neuen Risikobewertung. Ich betone immer wieder: Es ist wichtig, aufmerksam zu sein und die Lage genau zu beobachten. Aber es gibt keinen Grund zur Panik.
Wir müssen trotzdem einen hohen Grad an Vorbereitung aufrechterhalten, um im schlimmsten Fall schnell reagieren zu können.
Wenn sich etwa verschiedene Virusvarianten vermischen und neue Fähigkeiten entwickeln, ist es entscheidend, dass wir nicht zu lange brauchen, um zum Beispiel einen Impfstoff herzustellen.
Im Fall der Fälle müsste ein Impfstoff also schnell bereitgestellt werden. Kann das gelingen?
Martin Beer:
Es ist zumindest eine ganz andere Situation, als wir das bei der Covid-19-Pandemie gesehen haben. Es gibt bereits ausgewählte Impfstoffe, die schon von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) freigegeben wurden und in einem Fall bereits an die jetzt verbreitete Variante des Virus angepasst worden sind. Diese Vakzine lassen sich zudem gut an neue Virusversionen adaptieren. Und für die Produktion der Impfstoffe haben wir hier in Europa und weltweit große Fabriken.
Welche Vorbereitungen hat die EU bisher getroffen?
Vor gut einem Monat hat die EU-Kommission mit Celldemic und Incellipan Impfstoffe zugelassen, die gegen H5N1 schützen können. Während Celldemic im Vorfeld einer drohenden Pandemie verabreicht werden kann, muss die WHO für Incellipan offiziell eine Pandemie ausrufen. Incellipan ist ein »Musterimpfstoff«, der im Ernstfall auf den real zirkulierenden Stamm angepasst wird. Die EU-Kommission hat sich jüngst vertraglich 665.000 Dosen für H5N1-Vakzine gesichert, die schon vor 2.3.4.4b schützen. Auch antivirale Akutmedikamente stehen zur Verfügung.
Wo wir gerade bei der Covidpandemie sind: Sie arbeiten in einem Verbund mit Forschenden aus verschiedenen Ländern und Disziplinen zusammen. Ist das eine Lehre aus der Pandemie?
Martin Beer:
Den Vorläufer des aktuellen gab es tatsächlich schon vor der Pandemie. Mit der Ausbreitung der H5-Viren über große Gebiete hinweg war schnell klar, dass es keinen Sinn macht, die Forschung dazu auf nationale Grenzen zu beschränken. Wir haben in »KAPPA-FLU« Partner aus Ländern wie Georgien, wo viele Zugvögel ankommen, arbeiten aber auch mit den zentralen Laboren der EU und Großbritannien zusammen und haben Partner aus Hongkong und den USA.
Gemeinsam mit Ornithologen und Ökologen verfolgen wir die Ausbrüche in verschiedenen Tierspezies und versuchen so, die Bewegungen von Wildvögeln und ihre Beeinflussung durch Faktoren wie Wetter und Klima zu verstehen. Unsere Erkenntnisse teilen wir auch mit anderen, die nicht Teil des Konsortiums sind.
Was sind die wichtigsten Ergebnisse, die es ohne diese Art von Zusammenarbeit nicht geben würde?
Martin Beer:
Die Zusammenarbeit macht es möglich, diagnostische Methoden, aber auch Laboranalysen und Tierexperimente abzustimmen und zu harmonisieren. Daneben können wir umfassend Proben sammeln und austauschen. Wir erhalten so Proben aus unterschiedlichsten Orten, bis hin zur Antarktis.
Unsere Teams tauschen sich dazu regelmäßig aus. So können wir das Thema umfassend untersuchen, anstatt es nur oberflächlich anzukratzen. Wir sehen uns dabei als Teil eines noch größeren Ganzen. Wir sind vernetzt mit anderen Konsortien und internationalen Projekten, die sich auch auf Influenzaviren spezialisiert haben. Das ist eine große Stärke – und im Moment besonders notwendig und nützlich, weil das Virus eben ganz besonders aktiv ist.
Mit Illustrationen von
Frauke Berger
für Perspective Daily
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