Hanau: Der Nährboden für rechten Terror ist eine Gesellschaft, die sich nicht selbstkritisch hinterfragt
Ein Kommentar.
Wer es nicht schon Mittwochnacht verfolgt hatte, wurde am Donnerstagmorgen mit der grausamen Nachricht wach: Im hessischen Hanau erschoss ein Mann 10 Menschen und danach sich selbst. Im Morgengrauen sickert durch, dass hinter dem Anschlag ein rechtsextremes Motiv stecke.
Der NSU-Terror,
Wer in Anbetracht der Vielzahl rechtsextremer Anschläge, die in den vergangenen Jahren in Deutschland verübt oder geplant worden sind, noch immer von rechtsextremistischen Einzeltäter:innen spricht, macht keinen harmlosen Fehler – sondern begeht eine gefährliche Verharmlosung. Rechtsextremer Terrorismus braucht, wie jede Form des Terrorismus, einen Nährboden, auf dem er gedeihen kann. Und hier kommt die unbequeme Wahrheit ins Spiel:
Terrorismus gedeiht besonders gut in einer Gesellschaft, die sich kaum selbstkritisch hinterfragt.
Wir brauchen Aufarbeitung – institutionell und persönlich
Deshalb brauchen wir dringend eine Aufarbeitung auf institutioneller Ebene.
Und das ist kein Einzelfall: In Berlin fordern Betroffene von rechtem Terrorismus
Aber auch im Alltag können wir den Nährboden abtragen, indem wir gemeinsam gegen Rassismus – den Motor von Rechtsextremismus – kämpfen. Dafür brauchen wir offene Dialoge. Die scheitern aber oft daran, dass sich Menschen aus der weißen Mehrheitsgesellschaft von Antirassismus-Diskursen selbst diskriminiert sehen und sich persönlich angegriffen fühlen. Natürlich haben es auch sie nicht immer leicht im Leben. Das Gegenteil hat aber auch niemand behauptet! Den Rassismus bekämpfen wir jedenfalls nicht, indem wir in Opferrollen verharren, sondern indem wir bei uns selbst anfangen.
Auch ich als Teil der weißen Mehrheitsgesellschaft denke und handle mitunter rassistisch.
Denn das Ziel ist es doch, dass wir uns alle in Deutschland sicher fühlen können. Dafür reichen aber in Zeiten, in denen eine Partei wie die AfD ungehindert Hass schüren kann, nicht nur Mitgefühl und Solidaritätsbekundungen, Überwachungskameras und Sicherheitsvorkehrungen aus – wir müssen uns sicher miteinander fühlen. Noch während Polizei und Medien den Tathergang in Hanau zu rekonstruieren versuchen, melden sich in den sozialen Medien Menschen mit persönlichen Kommentaren, die jetzt jeder und jedem zu denken geben sollten:
Auch Ali Can, der Initiator des Antirassismus-Hashtags #MeTwo, macht deutlich, dass nach dem Hanauer Terroranschlag viele Menschen in Deutschland nicht einfach wieder zum Tagesgeschäft übergehen können.
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Titelbild: dpa/ Markus Schreiber - copyright