Das Netz ist ein echtes »Problemviertel«. Brauchen wir mehr Polizeipräsenz?
Verbrecher denken, sie könnten im Internet machen, was sie wollen. Dieser Cyberkriminologe weiß, wie im Netz wieder Recht und Ordnung einziehen könnten.
11. März 2020
– 11 Minuten
Wann bist du das letzte Mal im Internet auf eine Straftat gestoßen? Wahrscheinlich ist das gar nicht so lange her. Ein Blick in den Spam-Ordner deines E-Mail-Anbieters etwa dürfte dir diverse Betrugsversuche zeigen.
Hier ein Auszug aus meinem:
Jetzt kann man natürlich sagen: »Das kennt doch jeder. Das ist doch normal. Das ist im Netz halt so.«
Doch genau diese Normalität und Gewöhnung ist ein Problem. Während auf Deutschlands Straßen fast immer Recht und Ordnung herrschen, scheint es im Netz ganz anders zuzugehen. Und das E-Mail-Postfach ist nur die Spitze des Eisbergs. Kriminelle handeln zum Beispiel über das sogenannte mit Rauschgift, Waffen und Kinderpornografie oder stehlen Passwörter und Daten, um in Computer einzubrechen und Erpressungen vorzubereiten.
271.864 Fälle von »Cybercrime« im weitesten Sinne, also alle Delikte über das Tatmittel Internet, zählte das Bundeskriminalamt im Die aktuellste einen Anstieg von 21% im Vergleich zum Vorjahr. Und das sind nur die zur Anzeige gebrachten Fälle! aller begangenen digitalen Straftaten, da sind sich alle Kriminologen einig, dürfte noch sehr viel größer sein.
Doch nicht immer verstecken sich Straftäter in den Tiefen des Internets oder hinter fragwürdigen E-Mails. Auch die sozialen Medien und ganz gewöhnliche Chats sind übersät mit Straftaten, von Urheberrechtsverletzungen über Beleidigungen, Volksverhetzung, Persönlichkeitsverletzungen, Bedrohungen bis hin zu und
Das Netz – so könnte man ernüchtert meinen – sei weitgehend ein »rechtsfreier Raum«. Diese Formulierung wird auch immer wieder von Politikerinnen und Politikern wie zum Beispiel Bundeskanzlerin Angela Merkel aufgegriffen. Doch weder das IT-Sicherheitsgesetz von 2015 noch die neuen Cybersicherheitsstrategien der Politik scheinen bisher zu greifen. »Der Fortschritt in diesem Bereich ist dramatisch und wir versuchen hier mitzuhalten«,
Wie konnte es so weit kommen? Und müssen wir die allgegenwärtige Kriminalität im Netz vielleicht einfach so hinnehmen?
Thomas-Gabriel Rüdiger hat ganz eigene Antworten darauf. Der Cyberkriminologe versucht seit Jahren, Politik und Polizei wachzurütteln.
Kann man das Internet tatsächlich als »rechtsfreien Raum« bezeichnen?
Thomas-Gabriel Rüdiger:
Man muss erst mal ganz klar sagen: Formal gesehen gibt es so gut wie keine rechtsfreien Räume.
Warum empfinden manche Menschen das im Netz trotzdem so?
Thomas-Gabriel Rüdiger:
Um das zu verstehen, muss man jetzt ein wenig ausholen: Es ist für uns Menschen normal, Normen zu überschreiten. Wir gehen bei Rot über die Ampel, der ein oder andere fährt auch zu schnell Auto oder hat mal das Handy am Steuer. Das sind normale Delikte, die passieren immer wieder. Trotzdem wird das ganze System nicht als rechtsfrei empfunden, weil Delikte mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit geahndet werden. Beim Zu-schnell-Fahren zum Beispiel überlegt man schon: Ist da jetzt ein Blitzer, schaut mir ein Polizist zu?
Und das funktioniert im Netz nicht?
Thomas-Gabriel Rüdiger:
Genau. Das Problem ist also nicht, dass das Recht nicht gilt, sondern dass es nicht konsequent und vor allem mit einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit durchgesetzt wird. Abraham Lincoln hat mal gesagt »Law without enforcement is just good advice«, also Gesetze, die nicht durchgesetzt werden, sind kaum mehr als gute Hinweise. Und genau so eine Situation haben wir derzeit im Netz.
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Dirk ist ein Internetbewohner der ersten Generation. Ihn faszinieren die Möglichkeiten und die noch junge Kultur der digitalen Welt, mit all ihren Fallstricken. Als Germanist ist er sich sicher: Was wir heute posten und chatten, formt das, was wir morgen sein werden. Die Schnittstellen zu unserer Zukunft sind online.