Rassismus im Wappen? Wie sich diese Kleinstadt nun mit ihrer Geschichte beschäftigen muss
In Coburg gibt es Streit um das Stadtwappen. Zwei Aktivistinnen aus Berlin wollen es ändern, Teile der Stadtgesellschaft reagieren empört. Was eine lokale Debatte über strukturellen Rassismus in Deutschland verrät.
20. Juli 2020
– 11 Minuten
Nelly Ritz
Coburg ist leer in Zeiten von Corona. Der sogenannte »Coburger Stadtpatron der oberfränkischen Kleinstadt, hat freie Sicht auf den blauen Himmel, die sonst von über ihn hinweg trampelnden Schuhsohlen und vollen Einkaufstaschen versperrt wird. Auf den vielen bronzefarbenen Gullydeckeln ist er mit seinem Konterfei verewigt: ein Mann mit krausen Haaren, dicken Lippen und einem großen Ring im linken Ohr. Das Coburger Wappen zeigt einen Mann, von dem wir nicht wissen, ob er wirklich so ausgesehen hat.
Tahir Della von der Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland (ISD) sagt, in der Darstellung fänden sich rassistische Stereotype wieder. Der Coburger Historiker und Stadtheimatpfleger Hubertus Habel dagegen bezeichnet die Darstellung gegenüber dem Coburger Tageblatt als
Als Coburgerin habe ich mich schon oft gefragt, warum das Stadtwappen bislang noch nie zur Diskussion stand. Die Schwarze Antidiskriminierungstrainerin Tupoka Ogette liefert in ihrem Buch »Exit Racism. Rassismuskritisch denken lernen« vielleicht einen Erklärungsansatz: Als leben wir in einer Blase, Warum sollten wir es also tun, wenn uns nichts dazu zwingt? In Coburg habe ich außerdem das Gefühl, dass Rechtsextremismus und Rassismus für viele in eine Ecke mit den Verbrechen der Nationalsozialisten gehören. Und diese Zeit, so denken wohl viele, haben wir doch längst hinter uns.
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Nelly Ritz ist auf dem Land in Bayern aufgewachsen und lebte während des Studiums und verschiedener Praktika in Erfurt, Quito, Buenos Aires und Madrid. Sie hat Internationale Beziehungen und Geschichtswissenschaften studiert und feiert Feminismus, Optimismus und Konstruktiven Journalismus. Als freie Journalistin interessiert sie sich besonders für soziale Themen, Historisches und Zukunftsfragen.