Die Welt kann mehr, als du denkst: 4 Geschichten, nach denen es dir besser geht
Von indischen Solarbügeleisen und den ersten Hühnchennuggets ohne Tierleid
Dieser Tage scheint unser Blickfeld kleiner geworden zu sein. Durch die Quarantänemaßnahmen in den eigenen 4 Wänden eingepfercht, kümmern wir uns oft nur darum, was vor der eigenen Haustür liegt: die aktuellen Zahlen des Landkreises, welche Läden gerade offen haben und mit wem man sich »unter diesen Umständen« noch treffen kann. Und falls sich der Blick doch mal weitet, dreht sich alles um den scheinbar verrückt gewordenen US-Präsidenten.
Doch die Welt kann mehr, als auf das Ende von Corona zu warten. Um das zu beweisen, sammeln wir jede Woche auf unseren Social-Media-Kanälen – auf
Auch während der Pandemie zeigt sich, dass sich die Menschen weltweit nicht unterkriegen lassen und weiter an Lösungen arbeiten. Und weil diese Erfolgsgeschichten gerade jetzt so guttun, tragen wir unsere »Good News« heute aus den sozialen Medien hierher, ins Hauptprogramm, und schauen etwas genauer hin, was sich dahinter verbirgt. Hier sind 4 kurze Geschichten von Menschen und Ideen, die die Welt ein Stückchen besser machen.
Historischer Moment: Singapur ist das erste Land, das laborgezüchtetes Fleisch auf die Teller bringt
Hühnchen essen, ohne Hühnchen zu töten: Die Idee von Fleisch, das keinem Tier schadet, geistert bereits seit Jahrzehnten durch die Köpfe von Tierrechtsaktivist:innen. Denn auf Fleisch zu verzichten und auf eine rein pflanzliche Ernährung umzusteigen, fällt vielen Menschen nach wie vor schwer – oder ist schlicht nicht gewollt.
Und das auch dann, wenn sie um die negativen Auswirkungen von Fleischkonsum auf die Umwelt wissen: Abgesehen von ethischen Problemen
Eine Lösung, die alle Seiten zufriedenstellen könnte, bietet Laborfleisch. Was erst einmal nicht sehr appetitlich klingt, könnte in Zukunft sowohl den Fleischhunger der Menschen stillen als auch Tierleid vermeiden und das Klima entlasten. Denn im Labor hergestelltes Fleisch ist erst mal kein Ersatzprodukt, sondern echtes Fleisch – nur eben nicht von Tieren, sondern aus der Petrischale. Inzwischen soll es auch genauso wie Tierfleisch schmecken, sodass selbst Fleischliebhaber keinen Unterschied merken. Wann es tatsächlich in Supermärkten zu kaufen ist, stand lange Zeit allerdings in den Sternen.
Du willst es genauer wissen? Auch wir haben schon über Laborfleisch berichtet. In diesem Artikel schreibt Felix Austen über die Vorteile und wie es funktioniert.
Das hat sich Ende November geändert:
Die Laborfleisch-Geschichte zeigt auch, dass es Pioniere sind, die Lösungen mutig verfolgen und beweisen: »Das ist jetzt machbar.«
Trotzdem ist Laborfleisch noch keine echte Alternative zu konventionellem Fleisch. Durch den hohen Energieverbrauch und die hohen Kosten ist es bisher ein reines Luxusprodukt. Doch das kann sich schnell ändern: 2013 kostete die Herstellung eines Burgers aus Laborfleisch noch über 300.000 Dollar; derzeit schätzt Just Eat die Kosten für seine Nuggets auf rund 50 Dollar pro Stück. Ein enormer Preisfall, der mit immer besserer Technik und Produktionsketten weitergehen dürfte.
Viele Länder konnten eine gefährliche Tropenkrankheit ausrotten
Wahrscheinlich weißt du nicht, was Elefantiasis ist. Das ist nicht erstaunlich, denn die seltene Tropenkrankheit kommt bei uns in Westeuropa nicht vor. Dabei ist sie weltweit eine der häufigsten Gründe für Missbildungen und
Und schuld ist fast immer ein kleiner Stich einer Mücke. Der überträgt einen
Einen ersten
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erkannte die Tür, die sich damit aufgetan hatte. Sie entwickelte dazu einen globalen Aktionsplan mit dem Ziel einer vollständigen Ausrottung der Krankheit bis Ende 2020. Risikogruppen wurden identifiziert, Infektionsgebiete ausgemacht und große Bevölkerungsgruppen mit Medikamenten versorgt – aber auch das Leid der Betroffenen mit Hilfsprojekten gelindert.
Dieses Jahr war das Ergebnis fällig. Zwar hat der Plan sein ambitioniertes Ziel verfehlt, aber immerhin 18 der insgesamt 73 weltweit betroffenen Länder konnten Elefantiasis ausrotten, weitere 22 sind auf gutem Weg dahin und
Der Kampf gegen Elefantiasis zeigt, was alles möglich wird, wenn die internationale Gemeinschaft gemeinsam an einem Strang zieht, und wie wichtig medizinische Forschung ist.
Eine 14-jährige Inderin gewann den Kinder-Klimapreis mit einem solarbetriebenen Bügeleisen
Sie ist erst 14 Jahre alt und schon eine gefeierte Erfinderin. Vinisha Umashankar aus dem Ort Tiruvannamalai in Indien nahm sich eines für uns eher bizarren Problems an: alte Bügeleisen.
Diese sind in Indien noch heiß begehrt. Auf den Straßen großer Städte fahren neben Teehändlern und Kutschen auch insgesamt geschätzt 10 Millionen Bügelwagen umher, die die Kleidung der Bevölkerung für einen kleinen Preis glätten. Das Problem: Fast alle von ihnen nutzen Bügeleisen aus massivem Eisen, die im Innern durch glühende Kohlen erhitzt werden – und damit beständig Brennstoff verschlingen. Jedes dieser Bügeleisen verbraucht nach Schätzungen des indischen Ministeriums für Wissenschaft und Technologie etwa 5 Kilogramm Kohle jeden Arbeitstag. Und genau diese Tatsache war der jungen Schülerin ein Dorn im Auge:
Ich habe die enorme Menge von Kohle berechnet, die dabei verbraucht wird. Die dadurch entstehende Umweltverschmutzung verschlimmert den Klimawandel und schädigt Mutter Erde und die menschliche Gesundheit.
Bereits vor 2 Jahren begann Umashankar, die sich seit frühester Kindheit für Wissenschaft begeistert, deshalb mit der Entwicklung einer nachhaltigen Alternative: ein solarbetriebener Bügeleisenwagen, zugeschnitten auf die Bedürfnisse indischer Straßenarbeiter. Ihr Ergebnis war ein technischer Bauplan, der von einer Gruppe Ingenieur:innen der indischen National Innovation Foundation gefunden und in einen Prototyp verwandelt wurde:
Hier stellt Umashankar den Prototyp vor und wirbt für seinen Einsatz: Ein elektrisches Bügeleisen wird von Solarzellen auf dem Wagendach gespeist.
Vinisha Umashankars Geschichte zeigt auch, dass niemand zu jung ist, etwas zu verändern.
Seitdem wird Vinisha Umashankar nicht müde, ihre Erfindung bekannt zu machen, um auf Indiens Straßen etwas zu ändern. Davon nahm nun auch die Jury des Children’s Climate Prize aus Schweden
Keine Großbank möchte mehr Öl- und Gasbohrungen in der Arktis unterstützen
In dieser Geschichte sind die Banken ausnahmsweise mal die Guten – auch wenn sie mächtig spät dran sind. Ende November 2020 verkündete die Bank of America, dass sie kategorisch ausschließen, Projekte zur Nutzbarmachung von Öl- und Gasreserven unter der Arktis zu finanzieren.
Die gibt es dort nämlich vermutlich in enormen Mengen, auch unter dem 78.000 Quadratkilometer großen Naturschutzgebiet Arctic National Wildlife Refuge (ANWR), der Heimat großer Karibuherden und ein Rückzugsgebiet für die gefährdeten Polarbären. Noch Ende 2020 hatte daher US-Präsident (und aktuell wohl der schlechteste Verlierer aller Zeiten) Donald Trump genau dieses Gebiet für Probebohrungen freigegeben und damit im Werben um letzte Stimmen zur Wahl
Umweltaktivist:innen und ansässige Inuit-Völker, die seit Jahrzehnten gegen diese Pläne gekämpft hatten, waren entsetzt – aber scheinbar machtlos. Der Damm war gebrochen und Unternehmer standen bereits in den Startlöchern. Doch um an die Bodenschätze der Region zu gelangen, brauchen auch große Unternehmen Geld von Banken. Und genau die spielen nun einfach nicht mehr mit:
Vielleicht gab es da ein Missverständnis bezüglich unserer Position in dieser Angelegenheit, aber wir haben in der Vergangenheit nicht in Projekte zur Öl- und Gasförderung in der Arktis investiert. […] Nun haben wir beschlossen, unsere existierende Praxis in eine Policy umzusetzen.
Damit war die Bank of America nur die letzte von den
Die Geschichte zeigt auch, dass Aufmerksamkeit und das Schaffen von Bewusstsein auf lange Sicht als Lösung wirken
Das ist mehr als nur ein Dämpfer für republikanische Gier nach fossilen Brennstoffen. Es zeigt viel mehr eine längst überfällige Zeitenwende an. Weltweit haben 30 Großbanken nun ähnliche Versprechen zugunsten der Umwelt gemacht – teilweise auf Druck von Naturschutzorganisationen, aber immerhin. Der eigentliche Grund für das neue ökologische Gewissen: Umweltsünden sind heutzutage einfach schlecht fürs Geschäft. Denn weltweit wächst, so kann man diese Nachricht auch lesen, das Umweltbewusstsein der Menschen. Und das ist ein Anreiz der alten Geldinstitute, sich auf der Suche nach guter PR und nachhaltigen Anlagemöglichkeiten stattdessen als »Environmental Leader« zu positionieren. Eine weitere Niederlage, über die der US-Präsident toben dürfte.
Titelbild: Alex Alvarez - CC0 1.0