Was haben Gregor Mendel, Benjamin Franklin und Isaac Newton gemeinsam? Neben ihren heute weltbekannten Entdeckungen übten alle 3 eigentlich jeweils die wissenschaftliche Arbeit war bei ihnen »nur« Leidenschaft und Hobby, davon leben konnten sie nicht. Tatsächlich entstanden die Naturwissenschaften überhaupt erst aus bürgerlichen Initiativen heraus und bis Ende des 18. Jahrhunderts war das gang und gäbe. Erst mit der Gründung von technischen Universitäten und der Entstehung der modernen Disziplinen wurde die Wissenschaft immer mehr zum Beruf. Dafür wurden Hobbyforscher seltener.
Das ändert sich seit ein paar Jahrzehnten wieder, in den 70er-Jahren kam dafür sogar ein eigener Begriff auf: »Citizen Science«. Forschung, die von Laien betrieben wird, gewinnt wieder zunehmend an Bedeutung. Wer in die Fußstapfen von Mendel, Franklin und Co. treten will, findet beispielsweise auf der 2013 ins Leben gerufenen die unterschiedlichsten Projekte. Konzipiert und betreut wird die Plattform vom Museum für Naturkunde in Berlin und von der Initiative »Wissenschaft im Dialog«.
Zukunftsorientiert, verständlich, werbefrei. Dafür stehen wir. Mit Wohlfühl-Nachrichten hat das nichts zu tun. Wir sind davon überzeugt, dass Journalismus etwas bewegen kann, wenn er sowohl Probleme erklärt als auch positive Entwicklungen und Möglichkeiten vorstellt. Wir lösen Probleme besser, wenn wir umfassend informiert und positiv gestimmt sind – und das funktioniert auch in den Medien. Studien haben gezeigt, dass Texte, die verschiedene Lösungen diskutieren, zu mehr Interesse führen, positive Emotionen erzeugen und eine erhöhte Handlungsbereitschaft generieren können. Das ist die Idee unseres Konstruktiven Journalismus.
Die Wissenschaft hat erkannt, dass sie wesentlich mehr mit der Gesellschaft in Dialog treten muss. Partizipative Formate und vor allen Dingen der Austausch mit der Gesellschaft sind ein essenzieller Teil von guter Wissenschaft, wovon beide Seiten profitieren.Silke Voigt-Heucke, Ko-Leitung des Kompetenzzentrums Citizen Science am Museum für Naturkunde in Berlin
Im Januar starteten außerdem 15 neue Citizen-Science-Projekte,
Aus einem Spaziergang eine Entdeckungstour machen
Bürgerwissenschaft soll Theoretisch beschreibt der Begriff Citizen Science jegliche wissenschaftliche Arbeit durch Laien. In der Praxis sind damit meist jedoch Projekte gemeint, die von professionellen Wissenschaftler:innen oder Instituten konzipiert oder angeleitet sind.
»Im Prinzip könnte sich jeder beteiligen, wenn er oder sie nur Lust darauf hat.«
Freiwillige Bürger:innen helfen dann dabei, Daten (in der Natur) zu sammeln, diese zu kategorisieren und zu analysieren, oder sie »Es gibt ganz unterschiedliche Beteiligungsformate. Bei manchen ist der Einstieg sehr niederschwellig und es ist zum Beispiel nur eine App auf einem Smartphone nötig, bei anderen Projekten braucht es hochspezialisiertes Wissen. Im Prinzip könnte sich jeder beteiligen, wenn er oder sie nur Lust darauf hat«, erklärt Silke Voigt-Heucke.
Kritik an Bürgerwissenschaft bezieht sich häufig darauf, dass die und womöglich ausgenutzt Laut Silke Voigt-Heucke verstehen sich die Bürgerforscher:innen, die sie bisher kennengelernt hat, viel mehr als Ehrenamtliche und würden deshalb gar keine Bezahlung erwarten. Ihnen gehe es eher darum, sich für etwas Größeres einzusetzen und beispielsweise einen Beitrag zum Artenschutz zu leisten.
Sich an Forschung zu beteiligen, mit der man sonst nicht in Berührung gekommen wäre, und Neues zu lernen, bringt aber nicht nur Spaß für die Laien. Manche Forschungsprojekte sind sogar auf die Mithilfe von möglichst vielen Menschen angewiesen. Etwa
Wer durch die Pandemie bis jetzt noch nicht die Leidenschaft für Spaziergänge entdeckt hat, den zieht es vermutlich spätestens an den nach draußen. Mit Citizen Science lässt sich daraus eine Entdeckungstour oder sogar ein kleines Abenteuer machen – Angst davor, sich schmutzig zu machen, sollte man auf jeden Fall nicht haben. Diese 3 Projekte suchen aktuell zum Beispiel Verstärkung von Hobbyforscher:innen:
1. Forschung in der Luft: Sammle Mücken, um die nächste Epidemie zu verhindern
Bereits mit den ersten warmen Tagen sind schon wieder die ersten Stechmücken unterwegs, im Sommer haben sie dann Hochsaison und sorgen für die ein oder andere schlaflose Nacht. Doch das lästige Summen und die juckenden Stiche sind vergleichsweise harmlos. Gefährlicher sind dagegen die Von den weltweit 3.500 bekannten Arten sind in Deutschland nur etwa 50 verbreitet. Durch die Globalisierung und den Klimawandel sind aber auch hierzulande immer häufiger invasive Arten wie die Asiatische Tigermücke zu finden, die das Dengue-Fieber übertragen kann.
Verewige dich mit deinem Namen im Mückenatlas
Um die Verbreitung der invasiven Mückenarten und somit neuartiger Infektionskrankheiten zu verhindern, muss zunächst herausgefunden werden, wo und wann es überhaupt welche Stechmückenarten gibt. Das Projekt erstellt mithilfe ehrenamtlicher Bürgerwissenschaftler:innen eine Karte mit möglichst vielen Mücken an möglichst vielen Standorten.
So kannst du mitforschen: Fange mit einem Gefäß vorsichtig eine Mücke (oder mehrere), ohne sie zu zerquetschen. Friere die Mücke über Nacht ein, fülle das entsprechende Formular aus und schicke beides zusammen an das Leibniz-Zentrum für Agrarlandforschung. Die genaue Adresse findest du ebenfalls auf dem Formular. Im Gegenzug erhältst du Informationen zu der von dir eingeschickten Mücke und, wenn gewollt, einen namentlichen Eintrag im Mückenatlas.
2. Forschung in der Erde: Vergrabe einen Teebeutel
Der Boden unter unseren Füßen sorgt für so viel mehr als nur dafür, dass wir darauf stehen können: Er ist Lebensraum für zahlreiche Tiere und Pflanzen, die Grundlage für die und spielt auch für das Klima eine zentrale Rolle, unter anderem Wie der Boden beschaffen ist und wie wir ihn nutzen, hat dadurch großen Einfluss darauf, Auch hier ist es wichtig, den aktuellen Ist-Zustand detailliert zu kennen und zu verstehen, um handeln zu können.
Abwarten und Tee trinken
Beim Citizen-Science-Projekt gewinnt das Sprichwort »abwarten und Tee trinken« eine ganz neue Bedeutung: Mit der sogenannten Tea-Bag-Index-Methode wird bestimmt, wie schnell Bodenorganismen Pflanzenreste zersetzen – was wiederum Rückschlüsse auf den pH-Wert der Erde, die Bodenart und die dort vorkommenden Organismen zulässt. Dafür wiegen die Bürgerforscher:innen einen vom Projekt zur Verfügung gestellten Teebeutel, vergraben ihn, graben ihn nach einer gewissen Zeit wieder aus und wiegen ihn erneut – aus der Differenz im Gewicht wird dann die sogenannte Zersetzungsrate berechnet. Diese und andere von Citizen Scientists gesammelte Daten können über eine europäische Datenbank von Forschenden für Boden- und Klimamodelle verwendet werden.
So kannst du mitforschen: Um am Projekt teilzunehmen, musst du dich auf der Website registrieren. Im April bekommst du dann ein Aktionskit mit Teebeuteln und einer Schaufel zugeschickt. Dann brauchst du nur noch ein GPS-fähiges Gerät – zum Beispiel dein Smartphone –, mit dem du die Standorte, an denen du die Teebeutel vergräbst, genau bestimmen kannst.
3. Forschung im Wasser: Mit dem Smartphone gegen Überschwemmungen
Durch den Klimawandel erwarten uns auch in Deutschland künftig mehr Starkregenereignisse auf der einen und auf der anderen Seite. – auch wenn jetzt unternommen werden. Um den Schaden zumindest zu begrenzen, wird es immer wichtiger, gut und vor allem rechtzeitig auf solche Extremwetterlagen vorbereitet zu sein.
Dürren und Überschwemmungen werden zunehmen
Beim Projekt sammeln Freiwillige an Gewässern in ihrer Umgebung Daten unter anderem zum Wasserstand oder zur Bodenfeuchte und tragen sie in einer kostenlosen App ein. Durch diese Beobachtungen sollen in Zukunft Trockenperioden und Überschwemmungen vorhergesagt werden.
So kannst du mitforschen: Für dieses Projekt brauchst du nur dein Smartphone mit Kamera. Sobald du die Crowdwater-App heruntergeladen und dich registriert hast, kannst du loslegen, eigene Standorte speichern, Fotos von bereits gespeicherten Gewässern hochladen oder neue Daten beispielsweise zum Wasserstand eintragen. Möchtest du noch mehr tun oder hast doch keine Lust auf einen Spaziergang, kannst du über das Crowdwater-Spiel dabei helfen, Fotos anderer Bürgerforscher:innen zu analysieren.
Hier findest du die beiden anderen aktuellen Dailys:
Die Klimakrise ist eine Ressourcenkrise. Wasser, fruchtbarer Boden, bewohnbarer Lebensraum – all das wird immer ungleicher auf der Welt verteilt sein, je stärker sich die Erde erhitzt. Maria fragt sich: Wie können wir Ressourcen künftig klüger und gerechter nutzen? Nicht nur materielle, sondern auch persönliche. Also: Wie können einzelne Menschen etwas in der Welt bewegen?