Wahlprogramm der Union: Alles für die Reichen!
CDU und CSU haben ihr gemeinsames Wahlprogramm extra in leichter, dafür komplett irreführender Sprache veröffentlicht. Ich habe es gelesen und zeige an 3 Beispielen, was die Konservativen wirklich vorhaben.
Nach langem Warten war es am 21. Juni dann doch noch so weit: CDU-Chef Armin Laschet und CSU-Chef Markus Söder stellten knapp 100 Tage vor der Bundestagswahl als letzte unter den großen Parteien
»Unser Anspruch ist, ein Programm zu machen für ein modernes Deutschland«, sagte Laschet über die Pläne der Union. Doch bereits kurz nach der Vorstellung war den meisten Kommentator:innen klar,
»Der Aufbruch muss warten«, zu diesem Ergebnis kam etwa ZDF heute, oder noch etwas schlichter gesagt: »Das Wahlprogramm von CDU und CSU rockt nicht«,
So bleibe in dem 139 Seiten starken Papier vieles bewusst unkonkret. Alte, längst widerlegte Phrasen werden als neue Ideen verkauft. Das Wahlprogramm der Union liest sich an vielen Stellen wie eine Wohnungsofferte, in der auch noch die letzte an einer Autobahn gelegene Baracke als »charmanter Altbau, verkehrsgünstig gelegen« angepriesen wird.
Das ist kein Zufall: Wie auf dem Wohnungsmarkt verstecken sich auch hinter den blumig-vagen Formulierungen des Unionsprogramms knallharte Realitäten, die so verschleiert werden sollen. Dass das Programm nicht für Fortschritt und Modernisierung, sondern vor allem für Stillstand, Wissenschaftsfeindlichkeit und neoliberale Klientelpolitik für Reiche steht, erfahren wir zwischen den Zeilen.
Beispielhaft lässt sich das Ganze am Abschnitt Wirtschaft, Finanzen und Steuern ablesen, aus dem ich 3 Punkte ausgewählt habe. Daran zeige ich, wie realitätsfremd und verquer die Pläne der Parteien sind.
Unternehmen entlasten, um wettbewerbsfähig zu sein
Was die Union im Wahlprogramm schreibt:
Wir werden Freiräume für unsere Unternehmen schaffen und dazu beitragen, dass sie wettbewerbsfähig bleiben.
Was sie damit wirklich meint:
Wir werden die Körperschaftsteuer für Aktiengesellschaften und GmbHs
Steuern für Spitzenverdiener:innen senken, um Innovation zu fördern
Was die Union im Wahlprogramm schreibt:
Leistung muss sich lohnen. Wer sich anstrengt, wer etwas wagt, der soll auch dafür belohnt werden. Das ist praktizierte Leistungsgerechtigkeit. Wir werden den Solidaritätszuschlag für alle schrittweise abschaffen und gleichzeitig kleine und mittlere Einkommen bei der Einkommensteuer entlasten.
Was sie damit wirklich meint:
Leistungsträger:innen sind für uns vor allem die, die schon heute ein hohes Gehalt haben. Daher wollen wir den Soli endlich für alle abschaffen – also, genauer gesagt für die oberen 5% der Erwerbstätigen,
Wenn wir ihn nun ganz streichen, dann bekämen diese oberen
Ach ja, die kleinen und mittleren Einkommen: Wie wir die genau entlasten wollen, wissen wir noch nicht so genau, daher schreiben wir hierzu lieber nichts Konkretes. Da das aber auch immer so teuer ist, müssen wir erst mal sehen, ob es dafür noch Geld gibt.
Warum die Superreichen nichts für uns übrig haben, erfährst du hier:
Ausgaben kürzen, um Steuererleichterungen für die Reichsten zu finanzieren
Was die Union im Wahlprogramm schreibt:
Gleichzeitig wollen wir so schnell wie möglich ohne neue Schulden auskommen. Das ist praktizierte Generationengerechtigkeit. […] Es ist unser Ziel, die Handlungsspielräume für unsere Kinder und Enkel zu vergrößern, anstatt ihnen Schulden und damit Belastungen aufzubürden.
Was sie damit wirklich meint:
Wir wollen zurück zur Schwarzen Null, weil das so seriös klingt, auch wenn es ökonomisch ziemlich umstritten ist. Weil wir aber schon so viele Milliarden an die Reichsten verschenken und
Wir werden mit Ende der Corona-Pandemie einen Kassensturz für die öffentlichen Haushalte einschließlich Sozialversicherungen vollziehen.
Wir müssen also bald wieder sparen – aber nicht an den Wohltaten für die Besitzenden, sondern bei Sozialleistungen in Sachen Gesundheit, Pflege und Rente. Also auch bei den Krankenpfleger:innen, denen wir aber wirklich unendlich dankbar sind für ihr Engagement während der Pandemie – darauf ein Applaus!
Aber zurück zur Generationengerechtigkeit: Dass es aktuelle wissenschaftliche Berechnungen gibt, die zeigen, dass unsere Kinder und Enkel von sinnvollen, kreditfinanzierten Investitionen mehr profitieren, als dass sie durch die Schulden belastet werden,
Oder vielleicht doch, aber die Fridays-for-Future-Kids dürfen ja sowieso noch nicht wählen. Die Alten hingegen schon – und die sind ohnehin viel mehr.
Aber was soll’s, wenn wir denken würden, dass die Leute wegen solcher Details ihr Kreuzchen bei uns machen, hätten wir schließlich ein richtiges Wahlprogramm veröffentlicht …
Hier findest du die beiden anderen aktuellen Dailys:
Mit Illustrationen von Mirella Kahnert für Perspective Daily