Wenn Kleine ganz groß rauskommen, ist das nicht immer eine gute Nachricht: Diese Erfahrung machte vor einem Monat der Mini-Golfstaat Katar, in dem auf einer Fläche halb so groß wie Hessen In die internationalen Schlagzeilen taumelte er, weil ihre diplomatischen Beziehungen mit ihm abbrachen. Allen voran der große Nachbar und einzige Anrainerstaat Saudi-Arabien. Seitdem steht viel auf dem Spiel: Die Krise zwischen den Golfstaaten destabilisiert den Nahen Osten weiter und könnte sogar die Zukunft der arabischen Medienwelt gefährden.
Die Isolation Katars folgte auf zu dem saudischen nach Riad, bei dem beide schworen, den Terror in der Region gemeinsam auszulöschen. Und siehe da, schon 2 Wochen später stand Katar am Pranger. Der Vorwurf: Finanzierung von Terroristen.
Nicht der einzige Grund für den Boykott gegen den wegen sehr reich gewordenen Golfstaat. Das lässt sich der Blockadestaaten nachlesen, die Katar für ein Ende der Beziehungskrise erfüllen sollte. Darunter fällt die Schließung des Senders der vom katarischen Königshaus finanziert wird und in vielen arabischen Ländern als Stimme des Volkes gilt.
Was außerdem seit Trumps Besuch in Saudi-Arabien passiert ist, sollen uns die verschiedenen Akteure am besten selbst erklären – und das ganz unkonventionell. In arabischen sozialen Medien ist es der Hit, komplexe politische Situationen und ihre Hauptdarsteller im Whatsapp-Chat zu inszenieren. Deshalb: Vorhang auf für die Katar-Krise auf deinem Handy!
»Trump of Arabia«
Besuch in Saudi-Arabien wurde mit Spannung erwartet, denn schon vorab war klar, dass Donald Trump die USA ganz anders als sein Vorgänger Obama vor den präsentieren wird. Was Trump dann auch tat. war ganz nach dem Geschmack des saudischen Königs Salman: Ausweitung des militärischen Kampfes gegen Terroristen, mehr amerikanische Rüstungsexporte und die politische und wirtschaftliche Ausgrenzung des Irans, dem saudischen
Werft die Terroristen raus, werft sie aus euren Gebetshäusern, werft sie aus euren Gemeinden, werft sie aus euren Ländern!Donald Trump, Riad-Gipfel
Im Gegensatz zum saudischen König war der katarische Emir Tamim bin Hamad al-Thani während des Riad-Gipfels nicht im Trump-Fieber. Wer die rund 40 Sekunden sieht al-Thani an, dass er Trumps Aussagen über Freundschaft und gute Beziehungen nicht so recht Glauben schenken mag. Dabei sind die beiden Staaten Verbündete im Nahen Osten. Bis zu 5.000 US-Soldaten sind fest stationiert und auch sonst ist die Beziehung zu dem der Welt für
Der Grund für die schlechte Laune in Katar: Vor dem Besuch des US-Präsidenten in Riad gab die katarische Regierung bekannt, zu sein. Medien und Organisationen mit Anti-Katar-Haltung würden versuchen, Stimmung gegen den Golfstaat zu machen, und behaupten, dass er Terroristen unterstütze. Tatsächlich lassen sich Verbindungen zwischen Katar und Organisationen finden, die auf Terrorlisten verschiedenster Staaten stehen:
Katar hat viel Geld in die Infrastruktur des Gazastreifens gesteckt, in dem die radikal-islamistische Hamas herrscht. Funktionäre der Hamas lebten in der katarischen Hauptstadt Doha.
Die
Nach dem Israel-Libanon-Krieg im Jahr 2006 finanzierte Katar neben Saudi-Arabien den Wiederaufbau. Dabei floss das katarische Geld aus denen heraus die schiitische Hisbollah gegen israelische Kräfte gekämpft hatte. Seit dem Jahr 2013 steht der militärische Arm der Hisbollah auf der Terrorliste der EU, da er an Seiten des Assad-Regimes in Syrien kämpft.
Katar unterstützte im Jahr 2013 die in Ägypten. Damals putschte das Militär unter General Sisi gegen den im Jahr 2012 gewählten ägyptischen Präsidenten Mursi, selbst ein früherer Muslimbruder. Nachdem Mursi seines Amtes enthoben worden war, trat Sisi seine Nachfolge an. Im Jahr 2014 wurde die Muslimbruderschaft unter anderem von Ägypten, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi-Arabien als Terrororganisation eingestuft. Schon damals wurde Katar wegen seines Verhaltens während des Putsches beinahe aus dem
sollen sich innerhalb der Landesgrenzen aufhalten und Katar habe Kontakt zur Nusra-Front in Syrien. Darüber hinaus wird dem kleinen Golfstaat von Saudi-Arabien sogar die finanzielle Unterstützung des sogenannten Islamischen Staats nachgesagt. Doch dafür gibt es keine Belege.
Katar streitet die Finanzierung radikal-islamistischer Terrorgruppen vehement ab. In der Vergangenheit hatte Katar beispielsweise mit verhandelt und deren Freilassung vorbereitet. Dabei ist es bei Weitem nicht der einzige Golfstaat, in den Terrorverbindungen bestehen könnten. ist es möglich, dass Einzelpersonen in Saudi-Arabien einige Attentäter der Terroranschläge in den USA im September 2001 mitfinanzierten.
In die aktuellen Terrorvorwürfe gegen Katar mischt sich von Seiten Saudi-Arabiens und der USA auch die Kritik an der iranisch-katarischen Beziehung. Irans und Katars Küsten trennen nur knapp 200 Kilometer Persischer Golf und ein riesiges Gasvorkommen. Ein wahrscheinlich gefälschter Kommentar des katarischen Emirs al-Thani über den Iran war wohl dann auch der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte:
Kein gutes Image
Dass Sigmar Gabriel für eine Aussöhnung am Golf in die Bresche springt, war nach seinen Kommentaren zu Trumps Riad-Trip unausweichlich. Ende Mai kritisierte er den Waffendeal des US-Präsidenten mit Saudi-Arabien und bezeichnete Trumps Politik der nationalen Interessen als Schwächung des Westens. »Wer dieser US-Politik nicht entgegentritt, macht sich mitschuldig«, sagte
Es kann nicht immer nur um Trump gehen.
Doch es kann nicht immer nur um Trump gehen. Genauso wenig wie es nicht immer nur um Saudi-Arabien und den Iran gehen kann, wenn wir über neue Krisen im Nahen Osten reden. In den meisten Analysen wird vereinfacht dargestellt, dass es sich hierbei nur um ein weiteres Muskelspiel zwischen den beiden islamischen Supermächten handle. Die Katar-Krise sei lediglich ein Stellvertreterkonflikt. Doch die 13 Forderungen von Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Ägypten und Bahrain zeichnen ein ganz anderes Bild.
Es geht ganz konkret um Katar und seinen Machtausbau in der arabischen Welt. Einfluss gewinnt es in der Region durch Medien, humanitäre Hilfestellungen und Vermittlung in Gebieten, die von radikalen Gruppen kontrolliert werden, und den damit verbundenen Reichtum. Der katarische Ausbau der Beziehungen mit dem Iran und westlichen Mächten beunruhigt vor allem Saudi-Arabien, das keinen weiteren Nebenbuhler um die Macht in der Region haben möchte.
Der Abbruch der diplomatischen Beziehungen und die Terrorvorwürfe sollen Katars internationales Image weiter schädigen, das erst seit dem Putsch in Ägypten und der Unterstützung der Muslimbruderschaft bekommen hat. Trumps Besuch in Riad hat Saudi-Arabien versichert, dass es die einzige arabische Supermacht an der Seite der USA ist.
Der kleine Golfstaat soll sich dem großen Nachbarn fügen.
Doch das ist nicht genug. König Salman will die Loyalität der umliegenden arabischen Staaten erzwingen. Katar weigerte sich, alle 13 Forderungen bis zum Ablauf des Ultimatums zu erfüllen. Es könnte also weiter Sanktionen hageln, bis sich der kleine Golfstaat dem großen Nachbarn fügt. Es könnte aber auch alles ganz anders laufen: Das behauptet zumindest der amerikanische Thinktank Eurasia Group. Laut seiner in Katar möglich, der die politische Führung des Landes auf saudische Linie bringen soll.
Es bleibt nichts anderes übrig, als weiter zu rätseln, wo die Reise hingeht. Nachdem das Ultimatum abgelaufen war, berieten sich die Blockadestaaten in Kairo. Ihr vorläufiger Fahrplan in der Krise: Sie wollen weitere Schritte gegen Katar beschließen, die nicht gegen internationales Recht verstoßen. Der Boykott bleibt intakt.
Juliane schlägt den journalistischen Bogen zu Südwestasien und Nordafrika. Sie studierte Islamwissenschaften und arbeitete als freie Journalistin im Libanon. Durch die Konfrontation mit außereuropäischen Perspektiven ist ihr zurück in Deutschland klar geworden: Zwischen Berlin und Beirut liegen gerade einmal 4.000 Kilometer. Das ist weniger Distanz als gedacht.
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