Mir ist schlecht, richtig schlecht. Ich kann die Videos von abgemagerten Männern und Frauen, von misshandelten Kindern – – nicht mehr sehen. Ihre Rücken sind blutig von den Peitschenhieben der Aufseher. Die Arbeit mit den großen Macheten hat ebenfalls Spuren an den kleinen Kinderkörpern hinterlassen. In den letzten Tagen habe ich diese Bilder der Eins haben fast alle Protagonisten gemeinsam: Sie leben in bitterer Armut, kennen sie nicht. Auch wenn mir das alles längst bekannt ist, ist mir flau im Magen.
frage ich mich: Warum ist nicht alle Schokolade Jeder, der mich ein wenig kennt, weiß, dass ich verächtlich ablehne, dass ich keine Hemmungen habe, »unhöflich« zu sein, weil ich schokoladige Geschenke zurückgebe, wenn sie nicht meinen Ansprüchen an Produktionsbedingungen entsprechen. Fast habe ich mich an die Rolle als Moralapostel und Spaßbremse gewöhnt, wenn ich mein Gegenüber einmal wieder frage: »Kannst du deinen schokoladigen Nachtisch noch genießen, wenn du weißt, dass dafür sehr wahrscheinlich Kinder geschwitzt und geblutet haben?«
Wie wird »faire« Schokolade zum Standard?
Jetzt gerade ist mir aber auch schlecht, – 180 Gramm versuche ich zu verdauen. und weiß auch,
Ich will also hier nicht den 2.000. Artikel über die unmenschlichen Arbeitsbedingungen der Kakaobauern schreiben, der bei dir dafür sorgt, dass du für 24 Stunden kurz schockiert bist und dann doch wieder zur Standard-Schokoladentafel für im Supermarkt greifst. Dass unser Wissen über Ungerechtigkeit in der Schokoladenproduktion nicht ausreicht, zeigen
Während es im Magen grummelt, macht es plötzlich »Klick« in meinem Kopf: Vielleicht hat die Kombination aus »schlecht sein« wegen schrecklicher Bilder im Kopf und zu viel Schokolade im Bauch gerade für einen Geistesblitz gesorgt, der verrät, wie »faire« Schokolade zum Standard wird – ganz ohne Zeigefinger. Im wortlosen Selbstgespräch klingt die Idee so verrückt, dass mir noch flauer im Magen wird, als ich mich immer deutlicher sagen höre: »Wir brauchen ein Kartell für den Weltmarktpreis von Kakao!«
3 Fakten für das Schokoladen-Kartell
Beginnen wir ganz einfach: Um zu überleben, benötigen Menschen Nahrung, die sie in der Regel mit Geld bezahlen, das sie mit ihrer Arbeit verdienen. Wenn dieser Lohn nicht ausreicht, leben sie in Armut – und lassen zum Beispiel ihre Kinder arbeiten.
Fakt 1: Der größte Teil der Kakaobauern weltweit lebt mitsamt seinen Familien in im wichtigsten Produzentenland, der Besonders werden elementare Menschenrechte der Produzenten mit Füßen getreten. die
Um Kinderarbeit und menschenunwürdige Arbeitsbedingungen abzuschaffen, müssen die Kakaobauern einen Preis für ihren Kakao erhalten, von dem sie leben und ihre Kinder in die Schule schicken können. Dass die Kakaobauern häufig keine andere Wahl haben, als Kinder arbeiten zu lassen, weiß Friedel Hütz-Adams zu berichten. Seit knapp 25 Jahren arbeitet er als Wissenschaftler am und beschäftigt sich seit 8 Jahren intensiv mit der Frage, wie wir einen nachhaltigen Kakaomarkt schaffen können.
Auf einer großen Tagung in im Frühjahr gab es am ersten Tag einen Vortrag zur Kinderarbeit und dass diese vermieden werden soll. Am Tag drauf, nach einem Vortrag über den Preisverfall bei Kakao, stand in der Diskussion die Mitarbeiterin einer Kooperative auf und sagte, sie könne das Gerede über Kinderarbeit nicht mehr hören. Bei den niedrigen Preisen, die derzeit gezahlt werden, sei es ihr nicht möglich, für die Ernte Erwachsene einzustellen.Friedel Hütz-Adams, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Südwind e. V.
Fakt 2: Aktuell und damit und nimmt keine Rücksicht darauf, ob die Kakaoproduzenten davon leben können oder nicht.
Den »wahren Preis« zu ermitteln, ist keine triviale Aufgabe. Zum Beispiel variieren Lebenshaltungskosten im Laufe der Zeit und unterscheiden sich zwischen Ländern. Trotzdem sind Annäherungen möglich. So kommt für Kakao aus dem größten Kakaoland Elfenbeinküste Das ist fast das 4-Fache des Preises, den die Kakaobauern aktuell erhalten.
Das wissen auch die – und die Unternehmen, deren Produkte wir letztlich kaufen.
Ich kenne die Aussagen von Menschen aus der Schokoladenbranche, die sagen, Bäuerinnen und Bauern in Westafrika benötigen einen Weltmarktpreis von mindestens 3.000 US-Dollar pro Tonne, um überhaupt die Chance zu haben, nachhaltig zu wirtschaften.Friedel Hütz-Adams, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Südwind e. V.
Fakt 3: Alle Beteiligten wissen – von Regierungen in produzierenden und konsumierenden Ländern bis zu Schokoladenunternehmen: Der aktuelle Kakaopreis für die Farmer ist eine Armutsfalle. Preisverfälle wie der sind katastrophal für Nachhaltigkeitsbemühungen.
Moment mal! Könnten die Unternehmen dann nicht einfach höhere Preise zahlen und so dafür sorgen, dass die Kakaobauern nicht mehr ausgebeutet werden? Klar könnten sie das machen, würden damit aber sehr schnell selbst auf der Strecke bleiben. Denn der Schokoladenmarkt ist heiß umkämpft – gerade in Deutschland. Unternehmen, die auf dem Massenmarkt bestehen wollen, können das nur, wenn die Konkurrenten die Preise gleichzeitig mit anheben.
Es gibt keinen Mechanismus, Preise zu verabreden. Im Gegenteil, sobald die Unternehmen das tun würden, stünde das Kartellamt vor der Tür.Friedel Hütz-Adams, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Südwind e. V.
Also: Wir brauchen ein Kartell für feste Preise für die Kakaobauern! – Das allein reicht natürlich noch nicht aus, um »fair« zum Standard zu machen …
Ohne feste Beziehungen und Regeln geht es nicht!
Höhere Preise allein würden dafür sorgen, dass zunächst noch mehr Kakao auf die Weltmärkte strömt. Warum? Weil dann noch mehr Kakaobauern an den guten Preisen teilhaben wollen würden. Die Rodung von Wäldern würde zunehmen, um zusätzliche Anbauflächen zu erschließen – Nachhaltig ist das nicht. Schon jetzt sind große Teil der Anbaugebiete vom sodass Ernteeinbußen sowieso zu erwarten sind. Vielleicht werden Kakao und Schokolade ohnehin
Um eine solche Kakaoschwemme zu verhindern, brauchen wir also nicht nur feste Preise, sondern auch feste Beziehungen. Und zwar zwischen Erzeugern und Endverarbeitern, sodass Das gibt den Produzenten die nötige Planungssicherheit, die Schwankungen des Weltmarktpreises können zum Beispiel über bei dem Bauern immer einen festen Preis erhalten, der sich aus variierenden Anteilen aus Weltmarktpreis und Prämie zusammensetzt. So würden die Produzenten besser vor Börsen-Spekulationen geschützt. Um außerdem den Launen der Natur weniger ausgesetzt zu sein, sollten auch Kakaobauern nicht nur auf »ein Pferd« setzen, sondern und unterschiedliche Pflanzen anbauen.
Das alles kostet Geld; und was die Schokoladenhersteller eigentlich »fordern«, wenn sie vom oben beschriebenen höheren Preis für die Kakaobauern sprechen, ist eine Regulation – ihrer selbst. Denn sie wissen ganz genau, dass es die Branche allein nicht richten wird. Zu groß ist der Druck, im umkämpften Schokoladenmarkt sonst den Kürzeren zu ziehen. Ein wenig wie die Automobilhersteller, die gegen die ökologische Vernunft
Da hilft keine Wir brauchen gesetzlich verbindliche Vorgaben, damit die Menschenrechte der Menschen, die unseren süßen Nachtisch produzieren, nicht länger mit Füßen getreten werden.
Und wie kann ich als »Schokoholic« schon jetzt ohne Bedenken – von meiner eigenen Gesundheit einmal abgesehen – meiner Lust frönen?
Pioniere für faire Schokolade
Es gibt sie schon jetzt, die Organisationen und Unternehmen, die sich auf den Weg gemacht haben, um dem »fairen« Standard näher zu kommen. Allen voran die die das bekannte Fairtrade-Siegel vergibt. Der Ansatz der Organisation ist es, den Massenmarkt zu revolutionieren, weil es ständig darum geht,
Darüber hinaus gibt es Fairhandels-Importeure wie und deren Produkte und einigen Supermärkten verkauft werden, sowie einzelne Vorreiter-Unternehmen wie Tony’s Chocolonely aus den Niederlanden, die sich auf die Fahnen geschrieben haben, Einige verzichten bewusst auf das Fairtrade-Siegel, weil sie die Kosten für die Zertifizierung vermeiden wollen und stattdessen eigene feste Beziehungen zu den Produzenten aufbauen,
Als Konsument kannst du aber nicht nur bewusst einkaufen, sondern auch zusätzlich Druck aufbauen: Du kannst Unternehmen fragen, wo ihr Kakao herkommt und ob sie sich an die Empfehlungen der Vereinten Nationen halten. Ja, fair gehandelte Schoko-Weihnachtsmänner und Osterhasen kosten mehr als 49 Cent – und du weißt jetzt auch warum. Damit du in Zukunft nicht mehr darüber nachdenken musst, kannst du auch einfach die Bundesregierung dazu auffordern, die Forderungen der Vereinten Nationen endlich gesetzlich vorzuschreiben. Damit die »faire« Schokolade nicht nur zum Standard, sondern zur einzigen Schokolade wird.
Dann muss ich auch nicht mehr »alle Jahre wieder« zum Moralapostel werden!
Maren hat in Neurowissenschaften promoviert, weil sie unser Denkapparat so fasziniert. Die schlechte Nachricht: Wir sind weit davon entfernt, unser Gehirn zu verstehen. Die gute Nachricht: Unser Gehirn ist veränderbar, und zwar ein Leben lang. Wahrnehmungen, Gewohnheiten und Entscheidungen sind also offen für unsere (Lern-)Erfahrungen. Und damit auch für die Erkenntnis: Ich habe mich getäuscht!