Für die Gäste nur das Beste?
Mineralwasser gehört in Deutschland zum guten Ton. Dabei ist es abgefüllter Nonsens. So kommen wir weg von der Flasche.
Die neue O2-Alpenluft – anzapfen und durchatmen! Jetzt auch mit Menthol- oder Himbeeraroma.
Bevor ich aus dem Haus gehe, schnalle ich mir die Sauerstoffflasche um, setze die Atemmaske auf, checke schnell den Druck und los geht es auf dem Rad ins Büro. Statt Rußpartikel, Birkenpollen und den Qualm der Schornsteine einzuatmen, sauge ich – genau wie die meisten anderen Menschen – lieber gute Bio-See-Luft ein. Die riecht besser, ist gesünder und hat diese feine salzige Note. Zum Sport gibt es dann die mit Sauerstoff angereicherte Stratosphären-Luft und am Abend die beruhigende Blumenwiese mit Blütenstaub. Das ist mir meine Gesundheit einfach wert.
Warum sollten wir für etwas zahlen, was es überall umsonst gibt?
Die Vorstellung, dass uns gewiefte Unternehmen künftig auch noch die Luft zum Atmen verkaufen, ist irgendwie abwegig, oder? Warum sollten wir für etwas zahlen, was es überall in rauen Mengen und in mehr oder weniger guter Qualität umsonst gibt?
Genau das haben Unternehmen mit viel Geld und schlauer Werbung erreicht. Aber nicht mit Luft, sondern mit Wasser. Geniales Marketing hat uns dazu gebracht, dass wir beim Wasser heute wie selbstverständlich die abgefüllte Reserve gegenüber der Frischware bevorzugen.
Ohne Flaschenwasser sind wir besser dran
Ohne einen Mehrwehrt für uns zu schaffen, hat es die Mineralbrunnen-Industrie in den letzten Jahrzehnten geschafft, dass wir an der Mineralwasser-Pulle hängen. Noch im Jahr 1970 trank ein Deutscher im Schnitt 12,5 Liter Wasser aus der Flasche pro Jahr. Heute ist es mit 147,3 Litern fast 12-mal so viel. Das Motiv ist klar: 3,4 Milliarden Euro setzt die Mineralbrunnen-Industrie im Jahr um.
Was wir davon haben, sind vor allem Nachteile. Denn: In einer Kiste
- Kosten: Während ein Liter Wasser aus der Leitung etwa 0,1–0,2 Cent kostet, sind es beim Mineralwasser zwischen 30 und 70 Cent pro Liter. Wer wie empfohlen
- Aufwand: Zum Getränkehändler fahren, Kisten schleppen, Pfand kassieren: Mineralwasser kostet uns Zeit und zusätzliche Kilometer auf dem Tacho.
- Klima: Von absurden Beispielen wie Wasser von den Fiji-Inseln einmal abgesehen: Auch die Quelle in Gerolstein liegt für die meisten Deutschen nicht vor der Haustür, sondern viele Hunderte Kilometer entfernt. Die schweren Kisten müssen verladen und in Lastwagen weite Strecken transportiert werden. Auch Herstellung, Reinigung und Befüllung der Flaschen fressen Energie. Im Schnitt fallen so für einen Liter Mineralwasser mit insgesamt 210 Gramm CO2 600-mal so viel an wie beim Liter Leitungswasser (0,35 Gramm).
- Müll: Ein großer Teil des Wassers wird heute nicht mehr in Glas-, sondern in Plastikflaschen verkauft. Die leichten PET-Flaschen werden allerdings nur selten wiederverwendet, sondern in der Regel eingeschmolzen, auf der Müllhalde entsorgt oder verbrannt –
Wir stehen auf der Leitung!
Vielleicht nehmen viele Deutsche all das in Kauf, weil sie Angst haben. Angst vor Keimen, Hormonen, Nitraten,
Dabei haben wir dank unserer Wasserversorger eine Quelle im Haus, die besser nicht sein könnte. Denn Leitungswasser ist …
- … absolut sicher!
Im Gegensatz zu den Mineralwasserherstellern überprüfen die Wasserwerke das Wasser mehrmals am Tag, sodass bedenkliche Verunreinigungen sofort auffallen würden. Und anders als in vielen Flaschenwassern gibt es im Leitungswasser weniger - … genauso gesund wie Mineralwasser! Calcium festigt die Knochen, Magnesium und Kalium sind wichtig für Nerven sowie Muskeln und Eisen hilft im Blut beim Sauerstofftransport. Keine Frage, ohne Mineralstoffe kommt der Mensch nicht aus. Nur: Im Mineralwasser finden sich nicht zwangsläufig mehr davon als im Leitungswasser. Bei Proben der Stiftung Warentest bestanden die Flaschenwasser im Schnitt zwar aus rund doppelt so viel Mineralien wie das Leitungswasser; manches Wasser aus dem Hahn enthielt aber dennoch mehr als 10-mal so viel Mineralstoffe wie die mineralstoffärmsten Flaschenwasser. Ob das Glas Leitungswasser oder das Markenselters die meisten Mineralstoffe enthält, hängt also in erster Linie vom Wohnort und der Wahl der Wassermarke ab. Und wer sich ausgewogen ernährt, kommt über die Nahrung ohnehin an alle benötigten Mineralstoffe heran.
So verrückt nach gekauftem Mineralwasser sind vor allem wir Deutschen. Im Ausland (mit vergleichbar guter Wasserqualität) gönnt man sich den »guten« Tropfen eher selten, im Restaurant etwa oder zu besonderen Anlässen. Während
So fällt der Abschied von der Flasche leicht
Weil es nicht immer ganz einfach ist,
- Das Wasser zu Hause schmeckt nicht? Das liegt oft an den Rohren, die alt oder schmutzig sind. Schnelle Abhilfe schafft ein Wasserfilter, den man in den Wasserhahn einbauen kann oder der in einer Karaffe integriert ist. Ist die Verschmutzung zu groß, sollte vielleicht auch ein Profi die Rohre reinigen; bei alten Bleirohren ist der Vermieter verpflichtet, sie auszutauschen.
- Du magst es gern sprudelnd? Einfache Wassersprudler gibt es ab 50 Euro. Wer es etwas luxuriöser mag, kann sich auch die CO2-Spender in den Wasserhahn einbauen, sodass sogar frisch gekühltes Selters direkt aus dem Hahn fließt.
- Du brauchst auch unterwegs Wasser? Eine wiederauffüllbare Glasflasche kostet im Supermarkt 15 Cent; stabilere, schöne Flaschen ohne schädliche Plastikbestandteile gibt es ab 10 Euro aufwärts. Einfach zu Hause auffüllen und mitnehmen.
Würdest du ein freundliches Gesicht abweisen, das dich um einen Schluck Wasser bittet?
In Rom geht das an jeder Ecke: - Du willst auch im Restaurant gutes Wasser trinken? In Frankreich schreibt das Gesetz vor, dass den Kunden in einem Restaurant kostenloses Leitungswasser bereitgestellt werden muss. Auch in vielen anderen Ländern gehört die Karaffe zur Ausstattung wie Messer und Gabel, während sich dieser Brauch hierzulande erst langsam verbreitet. Vielleicht würde diese Idee aus den Niederlanden helfen: Dort bietet ein
Weitere Informationen zu dieser Förderung findest du hier!
Titelbild: Adrian Szymanski