Google macht in China gerade einen großen Fehler
Wenn Trump das nicht noch verhindert …
Beim Internetriesen
Eigentlich sollte davon noch keiner wissen.
Wir fordern einen
Die Dokumente zeigen auch, wie so ein zensiertes Google aussieht: Suchergebnisse, die etwa die staatliche Überwachung der chinesischen Bürger kritisieren, werden einfach nicht angezeigt. Kritik ist nicht erwünscht und existiert damit für den chinesischen Google-Nutzer am besten erst gar nicht. Das klingt ganz schön »falsch« für ein Unternehmen, das »Tu das Richtige!« im eigenen
Egal was man nun über Google denken mag – fest steht: Hier geht es um weit mehr als »nur« um ethische Bedenken von Mitarbeitern eines der weltweit größten
Und ausgerechnet das Weiße Haus in Gestalt von Internet-Polterer Donald Trump könnte Googles Zensurpläne nun noch verhindern.
Du willst wissen, wie es zur Eiszeit zwischen Google und China kam und warum »Dragonfly« geheim bleiben sollte?
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So kam es zur Eiszeit zwischen Google und China
Google und die weltgrößte Industriemacht China haben eine komplizierte Geschichte, die zeigt: Das global agierende US-Unternehmen hadert bereits seit 18 Jahren mit der Zensur.
- Vorstoß Richtung China: Im Jahr 2000 können Menschen in China Google.com zum ersten Mal aufrufen, in englischer Sprache, stark verlangsamt und gefiltert von Chinas Internetanbietern.
- Erster Konflikt: Im Herbst 2002 ist Google.com aus China 2 Wochen lang
- Erstes Einlenken: Die chinesische Website Google.cn wird 2006
- Die Krise: Ab dem Jahr 2009 kritisieren chinesische Staatsmedien verstärkt Googles »vulgäre« Inhalte wie Pornographie. Google.com wird immer wieder kurzzeitig gesperrt. Nach einem wahrscheinlich vom chinesischen Staat verübten
- Die Eiszeit: Die Reaktion aus Beijing folgt auf dem Fuß. Staatliche chinesische Internetanbieter sperren Googles Dienste – bis heute. Das letzte Hintertürchen: Wer aus China auf Google zugreifen will, benötigt ein virtuelles privates Netzwerk
- Googles Geheimplan: Internen Dokumenten zufolge arbeitet Google unter strenger Geheimhaltung bereits seit dem Jahr 2017 an einer Android-Suchmaschine mit dem Codenamen »Dragonfly« – ohne Mitwissen der meisten Mitarbeiter und wohl auch, um die nun im Protestbrief geäußerten »drängenden moralischen und ethischen Fragen« zu vermeiden. Eine Genehmigung des chinesischen Staates dafür gibt es bisher nicht. Google und chinesische Staatsmedien streiten die Pläne ab,
Dank Google geht uns die »Great Firewall of China« alle etwas an
In Anlehnung an die rund 22.000 Kilometer lange Chinesische Mauer trägt das zensierte Internet im bevölkerungsreichsten Land der Welt mittlerweile den spöttischen Spitznamen »The Great Firewall of China«. Zu Recht, denn Informationen, die der regierenden Kommunistischen Partei (KPCh) nicht passen, werden einfach hinter einer Mauer der Zensur versteckt. Egal ob es um Menschenreche, Demokratie, Sexualität, Enthüllungen über die Reichtümer der herrschenden Klasse, Dissidenten oder friedlichen Protest geht.
Wer in China im Internet nach »Tiananmen 1989« sucht, findet … nichts!
Seitdem Google China im Jahr 2010 den Rücken kehrte, hat sich die Situation nicht verbessert, sondern zunehmend verschärft
George Orwells Überwachungsvision in
Wenn ein Internetunternehmen solche Eingriffe in die Presse- und Informationsfreiheit hinnimmt und mit der chinesischen Regierung Hand in Hand arbeiten will, ist das mehr, als bloß lokale Gesetze und Gegebenheiten zu
Google gehört längst zur weltweiten Infrastruktur. Oder warum ist »googeln« sonst das Verb für »im Internet suchen«?
Klar haben diesen Status als Komplizen auch andere Tech-Unternehmen: Microsoft Suchmaschine Bing erledigt etwa seit dem Jahr 2010 die englischen Suchanfragen aus
Googles Kniefall vor der chinesischen Staatsmacht bringt so gesehen die
Preisfrage: Welche moralischen Werte sollen unsere Unternehmen haben?
Wer sich dem Vorwurf der Komplizenschaft entziehen will, könnte entgegnen: »Quark, auch Google ist ein Unternehmen und das muss vor allem Profit machen!« Stimmt! Doch selbst wenn wir Googles Monopolstellung im Netz komplett ausblenden, muss die Gegenfrage erlaubt sein:
Der Wirtschaftswissenschaftler Ulrich Thielemann antwortet darauf mit einem klaren »Nein!«. Als Direktor der Me’M – Denkfabrik für Wirtschaftsethik kennt er Googles Perspektive nur zu gut: Auch wenn aktuell erst rund die Hälfte aller Chinesen Zugang zum Internet hat, steigt dieser Anteil
Denn der Teufel steckt im System, erklärt Thielemann: »Es ist unwahrscheinlich, dass ein börsennotiertes Unternehmen so etwas wie ethische Bedenken kennt. Es ist keine Person. Letztlich haben dort die Aktionäre die Entscheidungsgewalt. Für die Chefetage heutiger Unternehmen gibt es nur noch einen Gesichtspunkt: den Shareholder Value zu
Dahinter steht eine radikale Ideologie, so Thielemann, die des Ökonomismus. Diese versucht,
Würden moralische Bedenken in der Wirtschaft ganz wegfallen, wäre jede Empörung über die Geschäftstätigkeit von Unternehmen zwecklos. – Ulrich Thielemann, Wirtschaftsethiker
Der Leak zu »Dragonfly« bietet jetzt die perfekte Gelegenheit, genau das zu tun. Denn Googles Mitarbeiter zeigen deutlich, dass sie nicht ganz aufgehört haben, ethische Maßstäbe an ihr Unternehmen anzulegen – und dass Mitarbeiter und Nutzer eine bedingungslose Gewinnmaximierung ohne Moral nicht mittragen wollen.
Eine »moralische Marktwirtschaft«, die ethische Gesichtspunkte neben Gewinne stellt, steht aber noch in den Sternen. Nicht nur, weil Googles Entscheidung gegen moralische Bedenken und für die Profitmaximierung ein weiterer Schritt von ihr weg darstellt. Und genau dieser Schritt dürfte auch trotz der 1.400 Unterschriften der Google-Mitarbeiter inklusive schlechter Presse sicher sein. Wenn sich da nicht der amtierende US-Präsident einschaltet …
Auftritt Donald Trump: Verteidiger des freien Internets aus den falschen Gründen
Für Donald Trump ist Beijing der aktuelle
Kommt ihm da »Dragonfly« gerade recht? Schließlich hadert der US-Präsident seit Amtsantritt mit den liberalen Tech-Unternehmen des Silicon Valley –
Dass Google scheinbar plant, einer Auslandsmacht bei ihrer Zensur zu helfen, ist nicht weniger als eine Steilvorlage, die Donald Trump zum richtigen Zeitpunkt in den Schoß fällt – nur wenige Tage bevor Google im US-Senat zur
Der US-Präsident mit dem außenpolitischen Taktgefühl einer Abrissbirne hat also gute Gründe dafür, die Situation auszuschlachten. So kann er mit Google und China weiter abrechnen und von eigenen Fehlern ablenken.
So könnte ausgerechnet Donald Trump – wenn auch aus den falschen Gründen und mit fragwürdigen Mitteln – das moralisch »Richtige« bewirken: Googles Sucheingabe von einer chinesischen Zensur fernhalten!
Hätte Google sich nicht erst in ethische Untiefen begeben, wäre das natürlich gar nicht nötig.
Titelbild: Tobias Kaiser - copyright