Bezahlbare Mieten – es muss nicht gleich Enteignung sein
4 Grundregeln, damit sich künftig wieder jeder ein Stück Stadt leisten kann.
Feiert der Sozialismus in Deutschland bald ein Comeback? Diesen Eindruck erwecken die Reaktionen auf ein Interview, das die ZEIT mit dem Bundesvorsitzenden der JUSOS Kevin Kühnert führte. Darin denkt er über eine Kollektivierung von Großunternehmen wie BMW nach – vor allem aber spricht er sich dafür aus, die profitorientierte Spekulation mit Wohnraum zu unterbinden. Er meint: Wohnen ist ein Menschenrecht.
– Kevin Kühnert im Interview mit der ZEIT
Darüber, ob das schon Sozialismus oder aber ein ganz vernünftiger Gedankengang ist, kann gestritten werden. Nicht wegdiskutieren lässt sich das eigentliche Problem: In Deutschland steigen die Mieten, Wohnraum wird für immer mehr Menschen zum Luxusgut.
Bezahlbarer Wohnraum dringend gesucht!
Wohnungslosigkeit ist nicht mit Obdachlosigkeit zu verwechseln, auch wenn beides in der Regel eng mit Armut zusammenhängt. Als wohnungslos gelten Menschen ohne festen Wohnsitz und Mietvertrag. Die verstärkte Zuwanderung von Geflüchteten seit dem Jahr 2015 hat die Situation verschärft. Jedoch stellt der Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe Thomas Specht im Bericht für das Jahr 2017 klar: »Die wesentlichen Ursachen für Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit liegen in einer seit Jahrzehnten verfehlten Wohnungspolitik in Deutschland, in Verbindung mit der unzureichenden Armutsbekämpfung.«
Währenddessen, 532 Kilometer weiter südlich: Der größte Immobilienverwalter Europas kontrolliert 220.000 Wohnungen – und niemand prangert Profitstreben an So wie die Bürgerinitiative »Deutsche Wohnen & Co. enteignen« Anfang April in Berlin (2019) oder fordert gar die Enteignung. Der Grund: Besagter Verwalter ist die »Wiener Wohnen« und gehört zu 100% der Stadt Wien. Weitere 200.000 Wohnungen sind im Besitz von gemeinnützigen Genossenschaften, die durch die Stadt gefördert werden. So leben heute fast 2/3 der 1,9 Millionen Wiener in Wohnungen, an denen die Stadt Wien beteiligt ist. Sie zahlen pro Quadratmeter. Preise, die so manch einen Berliner und wohl so ziemlich jeden Münchener Mieter vor Neid erblassen lassen.