Konzerne blockieren für den Klimaschutz: Notwendiges Übel? Oder völlig daneben?
Aktivisten besetzen das VW-Werk, um eine andere Klimapolitik zu erzwingen. Ein Dienst für Umwelt und Gesellschaft? Oder ein Bärendienst für Wirtschaft und Arbeitnehmer?
Was machen eine Kuh, ein Tiger, ein Lama und ein Leopard in einem meterhohen Stahlglobus? Sie legen die deutsche Autoindustrie lahm!
Klingt wie ein Witz, ergibt als solcher aber natürlich überhaupt keinen Sinn. Als Nachricht hingegen beschreibt das ziemlich gut, was sich diese Woche in der Autostadt Wolfsburg zugetragen hat.
Der Hintergrund: Aktivisten der Gruppe »Aktion Autofrei!« hatten am Dienstag in der Mutterstadt des größten deutschen Automobilkonzerns Volkswagen (VW) 2 Aktionen gestartet, um gegen die Verkehrspolitik der Bundesregierung und die Firmenpolitik von VW zu protestieren.
Dazu kletterten Aktivisten in Tierkostümen in der Eingangshalle des Besucherzentrums »Autostadt« in einen stählernen Globus, der über den Köpfen der Besucher schwebt, und befestigten mehrere Schriftzüge: »Kohleausstieg ist nicht genug!«, »Straßenbahn, Nulltarif, Fahrradstraßen« und »Leben statt Autofahren«.
Zeitgleich blockierten weitere Aktivisten Gleise, über die VW die im Wolfsburger Werk produzierten Autos ausliefert. Die Polizei benötigte
Das Ziel ihrer Aktion beschreiben die Aktivisten
Mit unserer Aktion wollen wir das Betteln um mehr Klimaschutz im Verkehrsbereich beenden. Die Seilschaften von Politik und Konzernen sind weder willens noch in der Lage, die nötigen Schritte zu einer Wende einzuleiten. Petitionen, Appelle und rein symbolische Aktionen reichen nicht!
Dass Volkswagen zuletzt angekündigt hatte,
Die Aktion wendet sich auch gegen Elektroautos. Deren Einführung würde nur den Ausstoß von Luftschadstoffen verändern. Alle anderen Nachteile wie Flächenverbrauch und Unfalltote würden bleiben. Elektroautos seien sogar deutlich schwerer und in der Produktion noch rohstoffintensiver als bisherige Autos.
Die Wissenschaft bestätigt das. So zeigte eine Fallstudie, dass sich die Anzahl der Autos in den Städten sogar noch erhöhen könnte, wenn Autos lediglich elektrifiziert werden, aber öffentlicher Nahverkehr und das Radfahren gleichzeitig nicht gefördert werden. Das Klima würde bei einer sauberen Stromproduktion hingegen von der Elektromobilität profitieren.
Wie genau die verschiedenen Szenarien für E-Mobilität aussehen, erfährst du hier:
Doch die Frage, die jetzt vor allem diskutiert wird, ist eine ähnliche wie im Frühjahr bei den
Für den amerikanischen Philosophen John Rawls sei ziviler Ungehorsam ein letztes Mittel im Kampf gegen eine Ungerechtigkeit, das immer dann angebracht ist, wenn »gewöhnliche Appelle« an die Regierung gescheitert sind, schreibt meine Kollegin Katharina Wiegmann dazu:
Er definiert zivilen Ungehorsam wie folgt:
Ziviler Ungehorsam ist eine öffentliche, gewaltlose, gewissensbestimmte, aber politisch gesetzwidrige Handlung, die gewöhnlich eine Änderung der Gesetze oder der Regierungspolitik herbeiführen soll.
Bedingungen, die die Protestaktion der Gruppe »Aktion Autofrei!« sicher erfüllen. Theresa Züger, die zivilen Ungehorsam im digitalen Zeitalter am Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft in Berlin erforscht, ergänzt:
Ziviler Ungehorsam ist ein sehr wichtiges Instrument für eine lebendige Demokratie, weil Rechtssysteme in sich selbst gar nicht die Möglichkeit haben, sich in dem Maße zu erneuern, wie es in allen Demokratien, die immer auch Defizite haben, notwendig ist.
Ist eine Verkehrswende ohne Protestaktionen wie in Wolfsburg also überhaupt möglich? Im Netz unterstützten viele Stimmen die Aktivisten:
Und natürlich gibt es auch die, die in der Aktion einen Angriff auf die Wirtschaft sehen und in erster Linie den Verlust von Arbeitsplätzen fürchten:
Interessant sind die Stimmen, die die Ziele der Aktivisten teilen – aber ihre Methoden ablehnen oder kritisieren:
Was denkt ihr? Lasst es uns wissen in der Diskussion!
Hier findest du das andere aktuelle Daily:
Titelbild: Aktion Autofrei! - copyright