6 große Klimakiller und wie du sie anpacken kannst
Wenn wir die Erde wirklich retten wollen, müssen wir hier ansetzen.
Wie bequem es doch ist, in einen Laden hineinzuspazieren und das abgenutzte Alte durch etwas nettes Neues zu ersetzen. Könnten wir unseren Planeten einfach gegen eine Version mit weniger Treibhausgasen, mehr Grün und sauberen Meeren eintauschen – Hand aufs Herz: Wer würde diesen Deal ausschlagen? Doch der Boden der Tatsachen ist hart und unbequem. Wir haben (bis jetzt) nur diese eine Erde und mit der müssen wir, so gut es geht, haushalten.
Nie zuvor wurde so viel über die Konsequenzen des menschengemachten Klimawandels berichtet. Aktivistinnen wie Greta Thunberg sprechen bereits von einer »Klimakrise«, um die Notwendigkeit des Handelns zu unterstreichen. Die Erwärmung der Erde treibt beispielsweise
Das sind nur ein paar Punkte aus dem aktuellen Sonderbericht des Weltklimarats IPCC. Am 20. September kommt dieser in Monaco zusammen, um Handlungsoptionen für politische Entscheidungsträger zu bestimmen. Denn Regierungen haben den meisten Einfluss darauf, die Folgen des Klimawandels so gering wie möglich zu halten.
Jährlicher Ausstoß von Treibhausgasen (weltweit)
Dieses Schaubild zeigt Treibhausgase weltweit umgerechnet in ihr CO2-Äquivalent, angegeben in Gigatonnen (Gt) CO2 bis zum Jahr 2014. Die Zukunftsszenarien beruhen auf Voraussagen der »Climate Tracker Initiative«.
Um die Kurve zu kriegen, müssen wir jetzt dringend anpacken. Was kann jede und jeder Einzelne von uns tun? Hier findest du eine Liste mit den wirtschaftlichen Sektoren, die am meisten zur Klimakrise beitragen – und aussichtsreiche Lösungen, wie wir wieder herausfinden.
Fossile Energien: Die nächste Finanzkrise kommt
von Han LangeslagInvestierst du in die Öl-, Gas- oder Kohleindustrie? Vielleicht tust du das nicht selbst – aber womöglich deine Bank, dein Versicherungsinstitut oder dein Rentenfonds. Dann aufgepasst! Denn dieses Geld ist nicht nur klimaschädlich angelegt. Auch das Risiko, es zu verlieren, wird in Zukunft größer.
Und das ist unvermeidlich: Denn die Klimafolgen wären katastrophal, wenn wir so weitermachen wie bisher. Um die Grenze von einem Temperaturanstieg um maximal 2 Grad Celsius bis zum Jahr 2100 einzuhalten, wie es im Klimaabkommen von Paris vereinbart wurde, können wir noch etwa 1/3 aller vorhandenen Vorräte aufbrauchen. Und selbst das sehen Klimaforscher
Der Weg nach vorn kann aber nur gelingen, wenn erneuerbare Energien effektiver werden.
Genau darin steckt die Hoffnung auf ein gesellschaftliches Umdenken: Fast nichts bewegt Menschen so sehr zum Handeln wie die Angst vor Verlust – besonders ihres Geldes. Warum also nicht zu einem Finanzdienstleister wechseln, der auf nicht-fossile Aktien setzt? Und hake doch gleich noch bei Familie, Freunden oder deiner Uni nach, ob sie noch in die Brennstoffblase investieren. Es lohnt sich am Ende für alle, wenn auch sie damit aufhören.
In diesen Sektoren verstecken sich die größten Klimakiller
Aktuelle und globale Zahlen zu den sektoralen Emissionswerten zu finden ist nicht ganz einfach. Diese Auswertung der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der »Vereinten Nationen« aus dem Jahr 2010 wird oft als Quelle angegeben; sie unterteilt die Treibhausgasemissionen in Verursachergruppen, gemessen in Tonnen CO2-Äquivalenten (CO2e). CO2-Äquivalente drücken das Treibhauspotenzial eines Gases im Verhältnis zu CO2 aus. Angaben in %.
Fleisch: Es muss nicht radikal verzichtet werden
von Stefan BoesDer Parteichef der Grünen, Robert Habeck, wird nicht müde, zu erklären, dass Klimapolitik »radikal« sein müsse.
Fleischproduktion wirkt sich in vielen klimarelevanten Bereichen negativ aus: So ist rund
Innerhalb der vergangenen 60 Jahre hat sich der weltweite
Wie lässt sich das erreichen?
Vielleicht ist das gar nicht nötig. Konsum zu regulieren gelingt dann am besten, wenn die Motivation intrinsisch ist, also von innen kommt. Denn niemand möchte sich vorschreiben lassen, was er essen soll und was nicht.
Wenn Menschen sich mit anderen vergleichen, führt das häufig dazu, dass sie ihr Verhalten anpassen.
Dabei können einfache sozialpsychologische Vorgänge helfen. Das lässt sich am Beispiel der Flugscham erkennen: Seit dem »Flygskam«-Trend verliert Fliegen zum Beispiel in Schweden gesellschaftliche Akzeptanz.
Ähnliches könnte passieren, wenn Fleisch in breiten Bevölkerungsschichten an Akzeptanz verliert. Wenn Menschen sich mit anderen vergleichen, führt das oft dazu, dass sie ihr Verhalten anpassen. Zwar werden
Bodennutzung: Kooperation statt Kriegsmodus
von Benjamin FuchsUm alle Menschen dieser Erde satt zu machen, sind gigantische Ackerflächen nötig. Rund 1/4 der menschengemachten Treibhausgasemissionen
»Wir müssen aufhören, Krieg gegen die Natur zu führen«, fordert der Schweizer Landwirt Ernst Götsch zum Verhältnis zwischen Mensch und Planet.
Doch es gibt Möglichkeiten, den Krieg gegen die Natur zu beenden:
- Weniger Lebensmittelverschwendung:
- Schonendere Anbautechniken: Der Weltklimarat IPCC schlägt unter anderem die Aufforstung an Ackerrändern, den Verzicht auf das Pflügen der Äcker und die Unterbrechung großer Ackerflächen durch Bäume vor.
- Agroökologische Konzepte statt fabrikmäßiger Landwirtschaft: Großes Potenzial steckt im Systemwechsel. Agroforstwirtschaft setzt auf den Anbau von Bäumen und Sträuchern zusammen mit Nutzpflanzen.
- Unterstützen alternativer Projekte: Produkte aus Permakultur und Agroforstwirtschaft gibt es noch nicht siegelgeprüft im Supermarkt. Allerdings gibt es bereits Höfe, die solche Produkte anbieten. Diese sind oft auch nach dem Prinzip der »solidarischen Landwirtschaft«
Die Ideen der Permakultur lassen sich nicht nur auf großer Fläche umsetzen. Auch auf deinem Balkon ist einiges möglich – in vielen Städten gibt es Permakulturvereine, die Kurse anbieten. Und bevor du künftig eine gekeimte Kartoffel wegwirfst, überlege doch mal, ob es nicht ein Stück Erde gibt, in das du sie einpflanzen kannst.
Transport: Neue Ideen für Mobilität auf dem Land
von Lara MalbergerWährend Landwirtschafts-, Industrie-, Wohn- und Energiesektor in der EU immer weniger CO2 in die Atmosphäre pusten, gibt es einen Bereich, der bei diesem Wandel nicht so recht mitmachen möchte:
CO2-Emissionen des Transportsektors in der EU
Aufschlüsselungen der Emissionen nach Transportmittel (2016)
Gerade auf dem Land ist das Auto noch immer das Verkehrsmittel Nummer 1: Während in Metropolen wie Köln, Hamburg oder Berlin fast die Hälfte der Haushalte auf ein Auto verzichtet,
Auch neue Konzepte für den öffentlichen Nahverkehr sind Teil der Lösung. Der muss nämlich individueller werden, um wirklich anzukommen. Rund um die Stadt Goslar in Niedersachsen wurde beispielsweise der »EcoBus« getestet: Bürger können den Kleinbus per App oder Anruf an einen beliebigen Ort bestellen. Ein Algorithmus berechnet dann eine möglichst
Im estnischen Tallinn ist der Nahverkehr für Bewohner der Stadt seit 2013 sogar komplett
Wohnen: Die Zukunft wird in den Städten entschieden
von Juliane Metzker
7% der Treibhausgase stammen aus dem Haushalts- und Gewerbesektor.
Für unsere Atmosphäre
Für die wirklich großen Veränderungen muss aber tief in das Funktionssystem unserer Städte eingegriffen werden. Ekhart Hahn, Berliner Professor für ökologische Stadtplanung, betont, dass sich Städte in Zukunft »zellular« organisieren müssen – also in Vierteln, die sich wie einzelne Zellen selbst mit Wasser, Energie und Nahrung versorgen. Dafür plant er, in Brandenburg eine Modellsiedlung zu errichten, in der auch nachhaltig gebaut werden soll.
Wer nicht warten will, legt einfach selbst los. Am besten mit Unterstützung aus der Nachbarschaft. Zusammen haben
Elektromüll: Reparaturkultur statt Wegwerfelektronik
von Dirk Walbrühl
3% der Treibhausgase stammen aus dem Abfallsektor.
Immer größere Fernseher, schnellere Computer und schickere Handys – jedes neue Elektrogerät kostet Rohstoffe und verbraucht unsaubere
Auch der Elektromüll belastet die Umwelt:
Das alles sorgt für
Damit Elektromüll kein Klimakiller bleibt, führt kein Weg an besserem Recycling und längerer Lebensdauer unserer Geräte vorbei. Manche Hersteller arbeiten bereits an Lösungen, etwa das niederländische Unternehmen Fairphone, dessen Smartphones modular aufgebaut sind, sodass einzelne Teile leicht ausgetauscht werden
Doch auch der Gesetzgeber ist gefordert, der Wegwerfelektronik eine klare Absage zu erteilen: Anfang 2019 hatte die EU neue technische
Ein guter Schritt – der auch den Repair-Cafés den Rücken stärkt, die jetzt in vielen Städten öffnen und in denen Profis bei der Reparatur von Altgeräten helfen. Doch bei komplexer Elektronik, wie sie in Handys oder Laptops verbaut ist, stoßen sie noch oft an ihre Grenzen. Verbraucherschützer fordern bereits das

»Was können Menschen [gegen den Klimawandel] tun […]?«, fragte der US-amerikanische Moderator Trevor Noah Klimaaktivistin Greta Thunberg, die kürzlich in seiner »The Daily Show« zu Gast war (englisch). »Wenn es jetzt eine Sache gebe, die alle machen sollten, dann wäre das: sich zu informieren, um die Situation zu verstehen«, antwortete Thunberg. Weil das noch nicht alle begriffen haben, finden seit über einem Jahr die Freitagsdemonstrationen »Fridays for Future« statt. Am 20. September rufen die Aktivistinnen und Aktivisten alle dazu auf, für die Zukunft des Planeten auf die Straße gehen – und für das Klima zu streiken. Mehr Informationen findest du hier.
Mit Illustrationen von Mirella Kahnert für Perspective Daily