Warum dein Job sicherer ist, als du denkst
Die Wirtschaft lobt die steigenden Beschäftigungszahlen, Linke und Gewerkschaften beklagen immer mehr befristete Jobs. Wer hat recht? Eine Spurensuche
Katharina Bröhl ist nach Jahren endlich am Ziel. An einem Mittwochmorgen im Januar bekommt sie eine Nachricht von ihrem neuen Chef. Es ist ein Foto ihres Änderungsvertrages. Als sie das Bild öffnet, weiß sie, dass sie zum ersten Mal in ihrem Leben einen unbefristeten Arbeitsvertrag hat.
Katharina Bröhl ist 41 Jahre alt, Fachärztin für Innere Medizin und alleinerziehende Mutter von 3 Kindern. Die Nachricht ihres Chefs markiert das Ende einer langen Zeit der Ungewissheit. 9-mal hat sie in der Klinik, in der sie ihre Ausbildung zur Fachärztin absolviert hat, eine Vertragsverlängerung bekommen. Alle Verträge waren befristet. Das sei in ihrem Beruf sowohl üblich als auch rechtens. Doch eine Zukunftsperspektive war das nicht. »Ich hatte Existenzangst«, sagt sie.
Als alleinerziehende Mutter ist der Spagat zwischen Beruf und Familie besonders schwierig. Bei Katharina kommt die besondere Herausforderung hinzu, dass die beiden jüngsten Kinder, die heute 5 und 6 Jahre alt sind, eine Behinderung haben. Der Vater hat die Familie kurz nach der Geburt des jüngsten Sohns verlassen.
Der Arbeitsplatz in dem Berliner Krankenhaus hätte ein Anker sein können. Danach sah es zunächst auch aus. »Wir sind für dich da«, habe ihr Chef damals gesagt. Katharina Bröhl war anerkannt in der Klinik. Sie wollte bleiben, Oberärztin werden. »Mein Chef hielt große Stücke auf mich.« Als sie 2016 nach der Elternzeit wieder mit einer halben Stelle anfing, bat sie um eine Entfristung ihres Vertrags.
Mit Illustrationen von Mirella Kahnert für Perspective Daily