Als chinesische Behörden am 31. Dezember 2019 erstmals über eine mysteriöse Lungenkrankheit berichteten, schien das Virus, das heute heißt, noch sehr weit weg. In den letzten Tagen änderte sich das jedoch rasant: Mittlerweile nimmt die Zahl der Fälle in Deutschland jeden Tag weiter zu – und mit ihnen auch die Berichterstattung über das Virus.
Doch welche Nachrichten sind wirklich verlässlich? Wenn du Nachrichten über SARS-CoV-2 liest, solltest du Folgendes im Hinterkopf behalten:
1. Vieles, was wir über SARS-CoV-2 wissen, ist vorläufig
»Corona ist tödlicher als die Grippe«, schrieben verschiedene Medien in der letzten Woche – Vertreter:innen des Robert-Koch-Instituts sagten auf einer tatsächlich, dass das Risiko, an einer Corona-Erkrankung zu sterben, wenn man sie erst einmal hat, bei etwa 2–3 Prozent liegen könnte – und damit 10-mal höher als bei einer Grippe-Erkrankung. Nach allem, was Forschende bisher wissen! Und genau dieser Nachsatz ist wichtig, denn bei allen derzeitigen Angaben handelt es sich um vorläufige Werte. Besonders 2 Faktoren machen die Schätzungen schwierig:
Viele Fälle sind unerkannt: Nimmt die Infektion einen leichten Verlauf, ähnelt sie einer Erkältung. Dass Patient:innen damit überhaupt einen Arzt oder eine Ärztin aufsuchen, ist unwahrscheinlich, folglich bleiben die leichten Erkrankungen unerkannt, während die schweren Verläufe registriert werden – das führt dazu, dass auch der Prozentsatz der Menschen größer ist, die an der erkannten Erkrankung
Noch nicht alle erkannten Erkrankungen sind auskuriert: Wie diese Fälle verlaufen, ist noch unklar – auch das erhöht die Unsicherheit der Daten.
Wie macht sich das Coronavirus bemerkbar?
Die Symptome für eine Erkrankung an Covid-19 ähneln denen einer Erkältung. Fieber, Husten oder Kratzen im Hals, Atembeschwerden und Muskel- und Kopfschmerzen sind Anzeichen dafür. Selten kommt auch Durchfall vor. Das Virus wird per Tröpfchen etwa beim Niesen oder Husten übertragen, wobei die Tröpfchen nicht in der Luft schweben sondern aus 1 bis 2 Metern Entfernung ins Gesicht gelangen müssen. Eine andere Möglichkeit: Tröpfchen geraten über die Hände an die Schleimhäute.
Wer Daten zur Verbreitung des neuen Coronavirus betrachtet, sollte also im Hinterkopf behalten, dass alle Zahlen vorläufig sind. Das gilt sowohl für die Verbreitung als auch für einen tödlichen Verlauf der Krankheit.
Die Daten zur Grippe werden dagegen schon seit vielen Jahren systematisch erhoben und sind demnach viel genauer. Mit der Zeit werden auch die Daten zu Corona exakter werden, doch bis dahin dauert es noch
Ist das ganze Aufsehen um SARS-CoV-2 übertrieben, wenn man doch noch gar nicht so genau über das Virus Bescheid weiß? Auf diese Frage antwortet auch Gesundheitsminister Jens Spahn am Montag auf der Bundespressekonferenz:
Keiner wusste: Was ist das jetzt für ein Virus? Was hat es für eine Symptomatik? Und soweit ich das richtig sehe, wissen wir das immer noch nicht abschließend, sondern wir lernen jeden Tag. Aber wir wissen schon deutlich mehr als vor 6 Wochen. Und aus dieser Unsicherheit heraus haben wir alle das Vorsichtsprinzip vorangestellt.Gesundheitsminister Jens Spahn auf der Bundespressekonferenz
Die Herausforderung: Ein Bewusstsein für das Virus in der Bevölkerung schaffen und vorsichtig sein, ohne Panik zu verbreiten. Nicht gesicherte Mutmaßungen über die Krankheit zu verbreiten hilft dabei nicht gerade weiter. Deshalb soll es im Folgenden vor allem
Die Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung wird in Deutschland aktuell als mäßig eingeschätzt. Eine weltweite Ausbreitung des Erregers ist wahrscheinlich. – Risikobewertung des Robert-Koch-Instituts am 02.03.2020
Mittlerweile sind 150 Menschen in Deutschland erkrankt und das Virus wird sich weiter ausbreiten, so viel ist klar.
Jetzt ist es wichtig, die Verbreitung des Virus so gut es geht Wird ein Coronafall nachgewiesen, versuchen die zuständigen Behörden Zwar werden so nicht alle Kontaktpersonen ausfindig gemacht werden können, doch auch wenn nur ein paar der Leute aus dem Verkehr gezogen werden, die das Virus verbreiten, verlangsamt das die weitere Ausbreitung.
Das wiederum verschafft den Forschenden wichtige Zeit, an Heilmitteln und Impfungen zu arbeiten und sich noch besser auf die Krankheit vorzubereiten. Das lastet Krankenhäuser sowieso schon mehr aus als sonst. Und auch deshalb ist aktuell wirklich jeder gefragt, SARS-CoV-2 auszubremsen!
3. Diese Vorsichtsmaßnahmen helfen wirklich
Neben den Maßnahmen, die von offiziellen Stellen getroffen werden, gibt es
Dich mit aktuellen Informationen versorgen! Unten haben wir eine Liste mit verlässlichen Quellen zusammengestellt.
Regelmäßig die Hände waschen: 30 Sekunden oder länger mit das macht den Viren den Garaus. Desinfektionsmittel wird vom Robert-Koch-Institut explizit nicht empfohlen. Vielen ist das allerdings egal, vielerorts sind die Mittel bereits ausverkauft. Das verursacht ein neues Problem: Immunschwachen und Kranken, die auf Desinfektionsmittel angewiesen sind, fehlen diese.
Niesetikette einhalten: Wegdrehen, in den Ellbogen niesen, Einmal-Taschentücher verwenden. Auch wer wahrscheinlich nicht den Virus hat, erspart anderen Menschen damit Erkältungen und entlastet die Praxen.
Weniger persönlichen Kontakt: 1–2 Meter Abstand zu anderen halten, wenn möglich. Außerdem weniger umarmen, weniger Händeschütteln und große Menschenmassen meiden, so gut es geht.
Nicht (oder zumindest weniger) ins Gesicht fassen. Denn das Virus dringt vor allem durch Mund, Nase und Augen ein.
Gegen die Grippe impfen: Wer zu Risikogruppen zählt, also beispielsweise über 60 ist, Vorerkrankungen oder ein schwaches Immunsystem hat, sollte sich impfen. So wird es unwahrscheinlicher, dass 2 Infektionen auf einmal auftreten oder Auch eine Pneumokokken-Impfung wird empfohlen.
Bei Krankheitszeichen: Zu Hause bleiben. Auch wenn es wahrscheinlich nicht Corona ist, könntest du andere Menschen anstecken. Hier ist falsches Pflichtbewusstsein von Arbeitnehmer:innen ein Risiko für die Kolleg:innen. Wer sich unwohl fühlt, sollte aktuell lieber früher daheimbleiben.
Diese Regeln sollten eigentlich auch während normaler Grippewellen gelten. Das ist einer der wenigen guten Effekte des Coronavirus: Wir alle machen gerade einen Crashkurs in Virusvermeidung.
4. Das hilft nicht
Hamsterkäufe: Der Einzelhandel betont, dass keine Engpässe in der Versorgung drohen. Trotzdem decken sich viele mit haltbaren Lebensmitteln ein und auf Twitter kursieren Fotos von zeitweise leeren Supermarktregalen. Die Supermärkte freuen sich über den zusätzlichen Umsatz. Lebensmittel zu horten ist zwar nicht wirklich nötig, schadet in Maßen aber auch niemandem – und ein paar Reserven daheim zu haben ist gar nicht so verkehrt.
Atemmasken: Mundschutz und Desinfektionsmittel sind bereits vielerorts ausverkauft. Dabei brauchen gesunde Menschen sie nicht. Tragen Infizierte den Schutz, kann er zwar verhindern, dass diese beim Husten oder Niesen andere anstecken – allerdings kann er Gesunde nicht vor einer Infektion schützen.
Direkt zum Hausarzt rennen: Wenn du einen begründeten Verdacht hast, dich mit Corona angesteckt zu haben, etwa weil du mit jemandem Kontakt hattest, bei dem das Coronavirus nachgewiesen wurde, oder du in einem Risikogebiet warst, ruf deinen Hausarzt, deine Hausärztin oder die Gesundheitsbehörde an! Sie können dir weiterhelfen. Wichtig: Nicht rausgehen und dabei weitere Menschen anstecken. Schätzungsweise verlaufen zwar 80% der Fälle leicht und ähneln einer Erkältung, doch für manche Menschen kann das Virus zum Problem werden. Hausärzten wird unter anderem empfohlen, Patienten mit Atemwegserkrankungen zu gesonderten Sprechzeiten einzuladen,
Präventive Isolation: Wer aus übertriebener Angst vor einer Infektion andere Menschen meidet, kann vereinsamen. Natürlich kann es sinnvoll sein, ein paar Treffen mit schniefenden Freunden abzusagen und aufs Telefon auszuweichen, vor allem, wenn man selbst Lungenvorerkrankungen hat, die das Immunsystem schwächen. Doch der Mensch braucht auch sozialen Kontakt,
Menschen nach ihrem Aussehen bewerten: Zwar ist das Virus in China, Italien und dem Iran ausgebrochen, doch das darf kein Anlass sein, Menschen mit einem bestimmten Aussehen generell mit Angst oder Ablehnung zu begegnen. Nicht jeder mit asiatisch klingendem Namen war vor Kurzem in China! Das führt zu Rassismus – und kann auch gesundheitliche Folgen haben: Aus Angst vor Stigmatisierung verschweigen Betroffene vielleicht eher, dass sie krank sind.
Hier findest du eine Liste mit Links zu verlässlichen Informationen:
Das Netz ist voller Tipps und Ratschläge – und Menschen, die damit ihre Probleme lösen wollen. Doch meistens gibt es nicht »die« eine richtige Lösung. Aber was ist sinnvoll? Und was kann weg? Um so nah wie möglich an eine Antwort heranzukommen, hat Lara Wissenschaftsjournalismus mit Schwerpunkt Biowissenschaften und Medizin in Dortmund und Digital Journalism in Hamburg studiert.
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