Wie deine alte Jeans zum Rohstoff wird
Baumwolle ist bisher kaum zu recyceln. Ein schwedisches Unternehmen macht das erstmals möglich und könnte damit die Modeindustrie auf den Kopf stellen.
Baumwolle ist ein großartiger Rohstoff. Kleidung aus Baumwolle fühlt sich gut an, sie ist stabil, man schwitzt nicht. Doch früher oder später ist auch die beste Jeans verschlissen oder passt nicht mehr. Wenn es die Lieblingsjeans war,
Schon allein wegen der schieren Menge an
Was ist Downcycling?
Von Downcycling spricht man, wenn Materialien zwar wiederverwertet werden können, dadurch aber eine schlechtere Qualität bekommen und nicht mehr den gleichen Zweck erfüllen. Das Gegenteil ist Upcycling, bei dem aus einfachen Abfällen zum Beispiel hochwertige Möbel werden.
Um aus alten Kleidern Stoffe in gleicher oder besserer Qualität herstellen zu können, will das
Wie die Idee eines Holzchemikers der Modeindustrie helfen kann

Eigentlich dachte Gunnar Henriksson nicht über Mode nach, sondern über Biobrennstoffe auf Basis von Holz, das in Schweden reichlich wächst. Holz und Baumwolle bestehen zu großen Teilen aus Zellulose, dem Naturstoff, aus dem pflanzliche Zellwände gemacht sind. Daraus lässt sich Biobrennstoff
Nach einiger Weiterentwicklung machte es Henrikssons Idee möglich, auch aus den Fasern alter Baumwollkleidung neue regenerierte Zellulose herzustellen. Statt Wälder abzuholzen, wird also der Altkleidercontainer zur Rohstoffquelle. Wie genau das Verfahren funktioniert, will und darf Henriksson nicht erklären – Betriebsgeheimnis. Aus der Idee des Professors ist inzwischen ein Unternehmen mit ungefähr 20 Angestellten geworden, das Verfahren ist patentiert.
»Unsere Rohstoffe sind Stoffreste aus der Textilproduktion und Altkleider«, erklärt Harald Cavalli-Björkmann, Pressesprecher von Renewcell. »Das Wichtigste ist, dass sie zu mindestens 98% aus Baumwolle bestehen«, betont er. Helle Farben seien außerdem einfacher zu verarbeiten als dunkle.
Besonders gut funktionieren klassische Bluejeans. Die bestehen zur Hälfte aus weißen Fasern und lassen sich beim Sortieren von Altkleidern auch leicht erkennen. Dass Altkleider nach Materialien sortiert werden, ist neu. Wenn es nach mir ginge, sollten Designer schon beim Entwerfen von Kleidung darüber nachdenken, wie sich Kleidungsstücke möglichst gut wiederverwerten lassen.
Das Produkt, das am Ende in der Pilotanlage von Renewcell im schwedischen Kristinehamn entsteht, sind Stapel aus weißen Bögen, die an Karton erinnern: reine Zellulose. Die wiederum gehen dann an Faserproduzenten, weiter an Garnfabriken, Stoffhersteller, Kleidungsfabriken und von dort in Modegeschäfte. Die Modekette H&M nahm im Frühjahr etwa ein Kleid in ihr Sortiment auf,
Warum nur zur Hälfte? »Das hat mit den Produktionsanlagen zu tun, die eigentlich auf größere Mengen und Stückzahlen ausgelegt sind«, erklärt Cavalli-Björmann. Er versichert: »Es hat nichts mit dem Material an sich zu tun. Man hätte das Kleid auch zu 100% daraus herstellen können.«
Noch passiert alles in vergleichsweise kleinem Umfang. Die Fabrik in Kristinehamn kann bei voller Auslastung 7.000 Tonnen Zellulose pro Jahr produzieren, das entspricht Cavalli-Björkmann zufolge gewichtsmäßig 30 Millionen T-Shirts. »Das ist nichts im Vergleich zu den Milliarden Kleidungsstücken, die jedes Jahr produziert werden«, sagt er selbst. Dennoch: Es ist ein Anfang.
»Was mich an dieser Entwicklung so froh macht, ist der Rohstoff«, meint Holzchemiker Henriksson. »Textilabfälle werden bisher unglaublich schlecht genutzt, viele werden verbrannt!«, sagt er entrüstet. »Aber ich glaube, sie haben das Potenzial, der vielleicht beste Rohstoff für regenerierte Zellulose zu werden, den es gibt.«
Hier findest du die beiden anderen aktuellen Dailys:
Mit Illustrationen von Doğu Kaya für Perspective Daily