Aus der nackten, knochenharten Erde schieben sich kleine Pflanzentriebe. Auf einem Maisacker am Elbsee bei Düsseldorf konnte ich am Wochenende praktisch vor der Haustür sehen, was die Landwirtschaft derzeit besorgt: Das Frühjahr war trocken,
Von dem örtlichen Regen am Maianfang ist auf dem Acker schon jetzt nichts mehr zu spüren.
So sieht es derzeit in vielen Regionen Deutschlands aus –
Dass die Böden
trocken bleiben, liegt auch daran,
Das Wasser kommt deshalb nur langsam in tiefere Bodenschichten,
Es gibt ein sehr schönes Beispiel: Beim Backen, wenn Sie eine Schüssel mit trockenem Mehl haben und Sie kippen da Milch drauf, dann haben Sie eine Linse [aus Milch] auf dem Mehl schwimmen.Andreas Marx, Klimaforscher
Beim Boden sei es ähnlich: Ist er trocken, nimmt er den Regen schlecht auf. Auch die Wochen mit viel Niederschlag im Februar reichten nicht aus, um das Wasser tief genug in den Boden sickern zu lassen. Weil die harte Erde Wasser schlecht aufnimmt, wird zudem der nährstoffreiche Humus von den Ackerflächen gespült,
Ein Problem, das sich in den kommenden Jahren wohl noch verschärfen wird, denn der
bedingt
Der
den das UFZ betreibt, zeigt, dass gerade zwar in vielen Regionen noch in den oberen Bodenschichten Wasser vorhanden ist, darunter aber ist es rappeltrocken. Vor allem in Süd- und Ostdeutschland gibt es Anzeichen für eine schwere bis außergewöhnliche Dürre.
Die Antworten der konventionellen Landwirtschaft darauf laufen bisher in 3 Richtungen:
- Neue Pflanzen züchten: Forscher:innen arbeiten stetig daran, Getreide an die sich ändernden Bedingungen anzupassen. Obwohl es Fortschritte gibt,
- Angepasste Pflanzen anbauen: Landwirt:innen bauen wegen der veränderten Temperaturen andere Getreidearten an als bisher. Agrarexpert:innen erwarten eine stärkere Verbreitung von Soja und Mais in Deutschland.
- Mehr Bewässerung auf den Feldern: Bisher ist vor allem im Gemüseanbau Bewässerung üblich. Die aktuelle Trockenheit könnte mehr Landwirt:innen dazu bringen, ihre Felder zu bewässern, einige tun es schon. Der Nachteil: Bewässerung verbraucht Grundwasser und damit Ressourcen künftiger Generationen.
Agroforstplaner Renke de Vries vom
lehnt Bewässerung genau aus diesem Grund ab. Erstaunlich, denn die 1.100 Hektar Bewirtschaftungsfläche des Guts liegen in einem der trockensten Gebiete Deutschlands. De Vries ist sich sicher: Die Veränderungen müssen grundsätzlicher sein, die Landwirtschaft muss sich neu erfinden.
Wasser kann man pflanzen!
Das Gut experimentiert deshalb mit unterschiedlichen Landnutzungskonzepten,
die sich »syntropische Landwirtschaft« nennt. Dafür hat der Hof im vergangenen Jahr
Die Idee dahinter: Eine Landwirtschaft ohne Bewässerung, die den Boden verbessert, während sie höhere Erträge liefert als konventioneller Ackerbau. »Wasser kann man pflanzen« ist ein zentraler Satz von Ernst Götsch.
Was meint er damit? Das Konzept sieht vor, dass Pflanzen in mehreren Schichten wachsen: Von Kräutern, die den Boden bedecken, über Korn, Obstbäume bis hin zu größeren Waldbäumen. »Wenn das System in mehreren Schichten angelegt und der Boden bedeckt ist,
Ein vielschichtiger Mischwald sammelt beträchtliche Mengen, die dem Ökosystem dann zusätzlich zum üblichen Niederschlag zur Verfügung stehen. Ernst Götsch behauptet sogar, dass
mit ihren feinen,
erklärt de Vries.
Die Versuchsflächen von Gut & Bösel in Brandenburg. In den Mulchrinnen aus gehäckseltem Heckenschnitt hat Renke de Vries Bäume gepflanzt und gesät.
Der Mulch speichert Regen lange und sorgt so dafür, dass der Boden nicht austrocknet, auch wenn es länger nicht regnet.
Die Biomasse zersetzt sich, bildet Humus und nährt die neuen Pflanzen. Auch Eidechsen fühlen sich wohl.
Er probiert das Konzept momentan auf einer Fläche von 3,5 Hektar aus. Reihen mit Obstbäumen und Sträuchern hat er angelegt und weitere Pflanzen gesät, die eventuelle Lücken schließen können. Im freien Raum dazwischen wächst die Viehfutterpflanze Luzerne. »Wir haben gerade erst angefangen, aber der Unterschied ist jetzt schon groß. Der Boden auf diesem Feld ist feucht, während er auf dem Acker ein paar Meter weiter komplett trocken ist«, sagt de Vries.
Der Haken: Diese Art von Bewirtschaftung funktioniert mit großen Maschinen wie Mähdreschern nicht. Deshalb entwickelt Ernst Götsch kleinere, leichtere Maschinen. Die Vision: GPS-gesteuerte Einheiten, die die Arbeit auf dem Feld allein erledigen.
Bis diese Vision für die breite Masse Realität wird, gibt es laut de Vries einige Dinge, die Landwirt:innen sofort und relativ kostengünstig, auch mit ihrem normalen Fuhrpark, umsetzen können, um der Hitze zu begegnen. Sie werden auch in der syntropischen Landwirtschaft genutzt:
- Untersaaten nutzen: Im Ökolandbau ist es verbreitet, Gräser oder Kleesorten zur Bodenbedeckung zu säen. Vorteil: Der Boden ist nicht nur vor Sonne und damit dem Austrocknen geschützt, sondern er kann auch besser Wasser aufnehmen, wenn es regnet. Untersaat hilft, Humus aufzubauen.
- Zwischenfrüchte anbauen: Der Boden solle nie unbepflanzt sein, rät Renke de Vries. Die so entstehenden Wurzelkanäle helfen, Regen aufzunehmen und ihn zu speichern.
- Baumreihen pflanzen: Jede:r Landwirt:in könne relativ kostengünstig Baumsetzlinge in Forstbaumschulen kaufen und damit die großen Ackerflächen immer wieder unterbrechen. Die Bäume halten die Erde fest und schützen trockene Oberflächen vor Wind. Eine einfache Windschutzhecke könne man auf diese Weise bereits relativ günstig anlegen, so de Vries. Hier eignet sich eine Kombination aus schnell wachsenden Gehölzen wie Weiden oder Pappeln und verschiedenen Sträuchern für die untere Schicht. Bäume wie Ahorn und Eiche stellen die Zukunft des Systems langfristig sicher. Hier könnte die Politik eine Veränderung aktiv anstoßen: »Bisher werden Landwirt:innen bestraft, die Bäume pflanzen, denn die Fläche fällt dann aus den Subventionszahlungen heraus«, sagt de Vries.
Das sind Maßnahmen, mit denen Gut & Bösel langfristig arbeiten möchte. Den Hof vollständig auf eine regenerative Bewirtschaftung umzustellen braucht Zeit und kostet Geld. Anfangen könne aber jeder schon jetzt, da ist sich Renke de Vries sicher.
Hier findest du die beiden anderen aktuellen Dailys: