Wie Corona deine Stadt grüner, flexibler und gerechter macht
Aus der Pandemie lässt sich für die Stadtplanung eine Menge lernen: So können Städte auch widerstandsfähiger für den Klimawandel werden
Epidemien haben immer wieder die Stadtplanung beeinflusst. In London entstand nach mehreren tödlichen Cholerawellen Mitte des 19. Jahrhunderts ein weit verzweigtes Abwassersystem, Straßen wurden seither breiter angelegt, die Menschen dort sollten so besser Abstand voneinander halten können. Der Grund war damals die noch weit verbreitete Annahme, Cholera werde durch stinkende Fäulnisgase ausgelöst. Der Designer des New Yorker Central Park gestaltete die grüne Lunge Manhattans auch in der heute esoterisch wirkenden Annahme,
Jetzt, während die Welt gegen das Coronavirus kämpft,
Ein zentrales Wort, das immer wieder auftaucht ist
»Stadtplanung kann Solidarität fördern«
Mehr Nähe. Die Pandemie hat ganz plakativ zum Beispiel in der Frage der
Vor allem zu Beginn der Pandemie fühlten viele auf einmal mehr Nähe zu den Menschen in ihrer Nachbarschaft –
Wenn künftig mehr Unternehmen Homeoffice erlauben, schafft das in Innenstädten die Chance, Büroflächen zu verkleinern und sie anders zu nutzen. Weniger Büropräsenz bedeutet auch weniger Verkehr. Das bietet die Gelegenheit, Raum für Autos – also Straßen und Parkplätze – dauerhaft zu verkleinern. Menschen könnten mehr Platz bekommen, Naherholungsmöglichkeiten in der Stadt mehr Lebensqualität schaffen. »Innenstädte sollten mehr sein als Einkaufszeilen und die attraktiven Räume wie Parks oder andere Grünflächen müssen sozial gerecht verteilt sein«, findet Anja Bierwirth.
Öffentlichere Städte. Ein zentraler Bereich für eine Stadt ist die Infrastruktur und Basisversorgung, die sogenannte Daseinsvorsorge. Energie, Wasser, aber auch Bildungseinrichtungen und das öffentliche Gesundheitswesen sollten unter der Kontrolle der Stadt stehen, fordern die Autor:innen des Papiers. Die Krise offenbart: Privatisierung und Gewinnmaximierung um jeden Preis machen ein Wirtschaftssystem anfälliger. Im Gesundheitssektor verleitet es zum Beispiel Krankenhäuser dazu, nicht genügend Betten für Krisenzeiten vorzuhalten, weil es Einnahmen schmälert, wenn Kapazitäten ungenutzt bleiben.
Auch das ist ein Teil, den Städte bedenken müssen, wenn sie krisenfest sein möchten. Nachhaltigkeit und Gesundheit sollten zusammengedacht werden, weil sie in allen Bereichen zusammenhingen. Eine Stadt, die auf das
Agilere Städte. »Ich bin beeindruckt davon, wie flexibel einige Stadtverwaltungen auf die Herausforderungen reagiert haben. Da sind Menschen spontan aus anderen Abteilungen ins Gesundheitsamt gewechselt, weil dort gerade Hilfe nötig war«, sagt Bierwirth. Diese Flexibilität in die Zukunft mitzunehmen sei wichtig. Denkbar wäre auch eine Verwaltung, die stärker projektbezogen und weniger in Ressorts denke.
Jeder kann sich jetzt fragen: Wie kann ich mitgestalten? Daran entscheidet sich auch, ob man Politik für ein paar Renitente oder die Mehrheit macht.
Alte Gewissheiten stehen also auf dem Prüfstand, so wie bei den Pariser und Berliner Pop-Up-Radwegen, die jetzt wohl bleiben dürfen. Gewünscht haben sich das viele Hauptstadtradler:innen auch schon vor Krisenzeiten; die Pandemie hat die schnelle Entscheidung aber erst möglich gemacht.
Ähnlich war es übrigens auch beim New Yorker Central Park, hier war die Oberschicht lang gegen die Nutzung des heutigen Areals als Naherholungsgebiet – bis die Gesundheitskrise ein Umdenken brachte.
Hier findest du die beiden anderen aktuellen Dailys:
Titelbild: chuttersnap - CC0 1.0