Verändert der Mund-Nasen-Schutz unsere Kommunikation?
Die Antwort ist nicht so einfach. Das sagen ein Sprachwissenschaftler und eine Psychologin dazu.
Ein Lächeln reicht und wir wissen, ob unser Gegenüber uns wohlgesonnen ist oder nicht – eigentlich. Denn seit der Mund-Nasen-Schutz vielerorts verpflichtend ist, etwa in Supermärkten und öffentlichen Verkehrsmitteln, ist manchmal schwer zu erkennen, ob jemand unter einer Maske lächelt oder nicht. Verändert das die Art und Weise, wie wir miteinander kommunizieren?
So wichtig ist die Mimik für die Kommunikation
Klar ist:
Lange gingen Forscher:innen davon aus, das uns mit den Gesichtsmuskeln auch eine universale Mimik angeboren ist: Freude, aber auch Angst, Erstaunen, Ärger, Trauer und Ekel, so die These, würden alle Menschen gleichermaßen im Gesicht des Gegenübers erkennen und eindeutig zuordnen können.
Würden Emotionen aber allein über den Gesichtsausdruck vermittelt, hieße das auch, dass mit dem Mund-Nasen-Schutz dieser universelle Code der Emotionen nicht mehr gesendet werden kann. Doch so ganz stimmt das nicht. Denn mittlerweile gibt es Zweifel an der These von den universalen emotionalen Gesichtsausdrücken.
Der Gesichtsausdruck allein sagt nichts über deine Gefühle aus
Wie wir Mimiken interpretieren, hängt nach neuen Erkenntnissen auch vom Kontext ab.
»Das zeigte uns, dass es nicht nur auf den bloßen Gesichtsausdruck ankommt«, sagt Senft. Die Gesichtsmuskeln spielen zwar eine wichtige Rolle in der zwischenmenschlichen Kommunikation und sind auch evolutionär in jedem von uns gleichermaßen veranlagt. Doch in der tatsächlichen Interaktion kommt es auch maßgeblich auf andere Dinge an:
In der Kommunikation ebenfalls entscheidend: Der Augenkontakt. »Etwas, das viele Menschen ganz unbewusst machen, ist der Augengruß«, sagt Senft. Direkter Blickkontakt, kombiniert mit einem kurzen Hochziehen der Augenbraue seien etwa ein Zeichen dafür, dass wir grundsätzlich offen dafür sind mit einer Person zu kommunizieren.
Kommunikation mit Maske ist möglich – aber etwas anders
Die gute Nachricht ist also: Es gibt auch abseits der unteren Gesichtshälfte Mittel und Wege, mit denen wir unsere Emotionen zum Ausdruck bringen können. Trotzdem kann der Mund-Nasen-Schutz zu Missverständnissen führen. Ein etwas längerer Augengruß könnte beispielsweise auch als Starren wahrgenommen werden – und unangenehm sein, weil der starre Blick schnell bedrohlich wirkt. Um solche Fehlinterpretationen zu vermeiden, müssen wir derzeit aufmerksamer als sonst sein, wenn wir mit anderen kommunizieren.
Macht es uns am Ende vielleicht sogar sensibler für die Gefühle anderer, wenn diese nicht mehr ganz so leicht und auf den ersten Blick zu erkennen sind?
Das sei möglich – ebenso wie das Gegenteil, sagt Psycholinguist Senft. »Man merkt es jetzt schon: Manche Leute sind bewusst freundlicher, offener, versuchen nicht im Weg zu stehen, andere suchen vermehrt Augenkontakt«, sagt Senft. Wer auch sonst sensibel im Umgang mit anderen ist, den würde die Maske wahrscheinlich nicht daran hindern, das weiterhin zu sein – eher im Gegenteil.
Wer dagegen sonst eher unsensibel für die Emotionen seines Gegenübers ist, dem könnte es durch die Maske eher noch schwererfallen, die Gefühle anderer wahrzunehmen. Das klingt logisch, doch Senft betont: »Das sind alles noch Hypothesen, aber es wäre interessant zu erforschen, wie die Masken sich auf unsere Kommunikation auswirken.«
Verändern Masken die Kommunikation nachhaltig?
Dass sich unsere Mimik oder die Art und Weise, in der wir kommunizieren, durch die Masken dauerhaft verändert, ist eher unwahrscheinlich. Denn ein wichtiger Teil unserer Interaktion finde nach wie vor zu Hause und ohne Maske statt – mit unserer Familie, mit Freunden oder Partner:innen, sagt
Auch das Lächeln werden wir wohl nicht verlernen: Denn unsere gesamte Kommunikation hängt derartig damit zusammen, dass wir unbewusst unter der Maske weiterlächeln – und wer genau hinsieht, kann das in den Augen seines Gegenübers deutlich erkennen.
Hier findest du die beiden anderen aktuellen Dailys: