Was es braucht, damit Rassismus in Deutschland nicht mehr verharmlost werden kann
Und warum es keinen Rassismus gegen weiße Menschen gibt.
Wenn ich jemanden rassistisch nenne, dann hört dieser Mensch meist nicht, was ich ihm oder ihr sage.
Das schreibt die Journalistin und Autorin Alice Hasters in
Was bei solchen Aussagen auffällt: Das Urteil darüber, ob es strukturellen Rassismus gibt und er ein Problem in Deutschland darstellt, wird dabei meist aus der eigenen Erfahrungswelt abgeleitet. Und so kommen auch meist Nichtbetroffene zu dem Ergebnis: Wenn ich Rassismus nicht persönlich gesehen oder beobachtet habe, ja, dann existiert er hier auch nicht.
Tatsächlich gibt es Gründe, warum rassistische Diskriminierung in Deutschland immer noch verkannt werden kann, aber fast eine Art Konsens darüber herrscht, dass die USA eindeutig ein Rassismusproblem haben.
Verdeutlichen möchte ich das am Beispiel des Reverse Racism – auf Deutsch »umgekehrter Rassismus«.
Warum es keinen Rassismus gegen weiße Menschen gibt
Das ist die Idee, dass weiße Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe benachteiligt werden. Als Argument wird zum Beispiel aufgeführt, dass auch sie in manchen Ländern äußerlich auffallen und dadurch schlechte Erfahrungen gemacht hätten. Den dadurch entstandenen individuellen Schmerz will ich den einzelnen Personen gar nicht absprechen. Ungerecht finden es aber auch viele, wenn in manchen Unternehmen Minderheiten explizit zur Bewerbung aufgefordert werden. Auch verallgemeinernde Rassismusvorwürfe lesen sie als Reverse Racism.
All diesen Beispielen liegt aber kein Rassismus gegen weiße Menschen zugrunde.
Rassismus bedeutet immer eine strukturelle Benachteiligung
Für diese gefühlte Ungleichheit gibt es aber keine Beweise. Im Gegenteil. Rassismus bedeutet immer eine strukturelle Benachteiligung, die durch die Geschichte gewachsen ist. Ein System also, dass Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe und Identität den Zugang zu Bildung, Arbeit und Gesundheit verweigert oder extrem erschwert, während andere dadurch keine Probleme haben. Dass das in den USA für Schwarze Menschen und
Diese Masse an quantitativen Vergleichs- und Langzeitstudien gibt es in Deutschland in der Form nicht. Überhaupt ist in den USA die wissenschaftliche Beobachtung mit Blick auf die jahrhundertlange Geschichte der Sklaverei viel weiter fortgeschritten als in Europa. Die Aufarbeitung der europäischen Kolonialgeschichte steckt derweil noch in den Kinderschuhen.
Konstante Datengrundlage schaffen
Qualitative Studien, die zeigen, wie Minderheiten in Deutschland strukturell diskriminiert werden, gibt es bereits einige – quantitativ und über Umfragen hinaus ist die Datenlage aber noch dünn. Hier nur 3 Beispiele:
- Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes forschte im Jahr 2015 zur Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt.
- Die Berliner Anlaufstelle für Diskriminierungsschutz an Schulen stellte fest, dass
- Für den Bericht der Antidiskriminierungsstelle des Bundes im Jahr 2017 wurden
Was muss also geschehen, um der Verharmlosung von strukturellem Rassismus noch mehr entgegen zu setzen als Methoden der persönlichen Selbstreflektion wie das Kritische Weißsein? Wir müssen Rassismus sichtbar machen, das heißt: beweisen, wie institutionalisiert er schon ist. Und zwar mit Rücksicht darauf, dass Angaben zu Religion und Ethnien sehr sensible Daten sind.
Dringend nötig sind auch Erhebungen zu Polizeigewalt und generell rassistisch motivierter Gewalt in der Bundesrepublik.
Titelbild: Mika Baumeister - CC0 1.0