In 30 Stunden um die Welt: So läuft eine Flugreise während der Pandemie
Wegen Corona sitzt er über Wochen in Australien fest. Als die Flugzeuge wieder abheben, ergreift er die Chance, wieder in die Heimat zu kommen – und erlebt kuriose 30 Stunden im internationalen Niemandsland.
Es ist ein kalter Juniabend in Sydney, der Winter macht sich langsam breit. Am Flughafen ist von der üblichen Betriebsamkeit keine Spur: Die Abflugtafel zeigt lediglich 2 Flüge an. Eine Handvoll Passagiere steht am Check-in. Sie wirken angespannt, in ihren Händen Pässe in allen Farben. Ich stelle mir vor, was sie bewegt hat, nun in den Flieger zu steigen, und werde aus den Träumen gerissen, als ich aufgefordert werde, meine Maske aufzusetzen. Sie wird mich die nächsten 30 Stunden begleiten.
»Willkommen bei Etihad! Wie fühlen Sie sich?«, fragt eine Dame mit Ganzkörperkittel und Schutzschild euphorisch, während sie den Passagieren ein Fiebermessgerät vor die Stirn hält. »Guten Flug!« Ihre strahlenden Augen verraten mir trotz Maske, dass sie lächelt. An Bord ist von Etihads eleganten Uniformen nichts mehr zu sehen; mit Kittel, Maske und Handschuhen machen die Flugbegleiterinnen den Eindruck, als könnten sie spontan am offenen Herzen operieren.
Insgesamt 58 Passagiere fliegen an diesem Abend nach Abu Dhabi – unsere Boeing 777 hat Kapazität für 370 Passagiere. »Es wird also besser!«, interpretiert eine Flugbegleiterin diese Auslastung. An der Zahl der Flugbegleiter änderten die leeren Reihen nichts, pro Tür müsse eine Flugbegleiterin an Bord sein. »Für uns ist das super. Wir können jetzt richtig entspannen. Und für euch Passagiere ist das wie Business Class!«, sagt sie und deutet auf meine leere Sitzreihe, die bei Weitem nicht die Einzige ist. 12 Sitze, nur für mich. Das hintere Abteil der Boeing ist als sogenanntes »Quarantäneabteil« sogar komplett leer, für den Fall, dass jemand an Bord Symptome zeigt. Ironischerweise wird es hier vorne dadurch voller.
Titelbild: Sebastian Wirth