Mit der Grundrente gelingt, was bei »Hartz IV« seit Jahren schiefläuft
Die Grundrente könnte einen Systemwechsel einleiten. Unsere europäischen Nachbarländer zeigen schon lange, wie das geht.
In wenigen Monaten dürfte ich Post von der Deutschen Rentenversicherung bekommen. Dann nämlich werde ich 5 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt haben und bekomme zum ersten Mal die sogenannte Renteninformation. Darin kann ich nachlesen, wie hoch oder vielmehr wie niedrig mein aktueller Rentenanspruch ist. Aber ich habe ja noch Zeit, mich zu kümmern.
Für viele jüngere Menschen ist Rente ein fernliegendes, abstraktes Thema. Meine Generation hat sich in dem Wissen eingerichtet, dass die Rente nicht sicher ist. Eigentlich ist das ziemlich naiv. Denn gerade in Zeiten niedriger Einkommen,
Die Grundrente kann leicht als Angelegenheit missverstanden werden, die »nur« die älteren Menschen betrifft.
Es liegt in der Natur der Sache, dass die jetzt beschlossene Grundrente zunächst einmal ältere Menschen betrifft.
Die Grundrente kann leicht als Angelegenheit missverstanden werden, die »nur« die älteren Menschen
In diesem Zusammenhang ist die Grundrente durchaus fortschrittlich:
- Es werden nicht nur Jahre der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung angerechnet, sondern auch Zeiten der Kindererziehung und Pflegetätigkeit. Dafür wird in der Grundrente das Konstrukt der Entgeltpunkte geschaffen, die im Laufe des Lebens gesammelt werden.
- In unserem Rentensystem gibt es die Grundsicherung, eine Art »Hartz IV« für Senior:innen.
Das Problem, dass Menschen aus Scham, Unwissenheit oder Angst vor der komplexen Bürokratie keine Leistungen erhalten, die ihnen zustehen, fällt damit weg. Zwar wäre es übertrieben, die Grundrente als
Dennoch wäre es falsch, dieses Projekt, um das jahrelang gerungen wurde, als rentenpolitischen Meilenstein zu bewerten. Denn eines der grundlegenden Probleme unseres Rentensystems bleibt bestehen: Armut.
Es gibt bessere Modelle als die Grundrente – ein Blick in unsere Nachbarländer genügt
Manche Menschen können von ihrer Rente nicht leben – obwohl sie viele Jahre gearbeitet und in die Rentenkasse eingezahlt haben. Das ist es, was die SPD als Hauptgrund für die Einführung der Grundrente genannt hat. Jetzt, da das Vorhaben beschlossen ist, wird jedoch genau dieses Problem nicht gelöst. Die Altersarmut wird nicht beseitigt.
Belege dafür liefert die SPD selbst, indem sie
Eine echte Mindestrente wäre ein wirklicher rentenpolitischer Erfolg gewesen.
Und dann wäre da noch der Hilfsarbeiter aus Bremen. Stolze 42 Jahre war er in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert, war aber laut dem SPD-Beispiel auch viele Jahre arbeitslos. Er erhält eine Rente von 460 Euro. Die soll sich durch die Grundrente um 49 Euro erhöhen, auf 509 Euro. »Würde, Respekt und Anerkennung« – mit diesen Worten überschreibt die SPD ihren vermeintlich großen rentenpolitischen Wurf. Doch es braucht keine großen Berechnungen, um zu erkennen, dass 509 Euro zum Leben zu wenig sind.
Für ein gutes Leben im Alter brauchen wir also mehr als das. Aber was? Werfen wir einmal einen Blick in unsere Nachbarländer:
- Niederlande: Die niederländische Grundrente, die »Algemene Ouderdomswet«, gilt für alle Einwohner:innen der Niederlande. Im Schnitt bekommen sie 1.200 Euro im Monat, unabhängig davon, ob sie jemals Beiträge geleistet haben. Auch wer nicht gearbeitet hat,
- Österreich: In Österreich sind die Beitragssätze etwas höher, dafür garantiert der Staat seinen Bürger:innen aber auch eine Mindestrente, oder genauer gesagt: die »Ausgleichszulage«. Das heißt: Wer aufgrund niedriger Beiträge unter einer bestimmten Rentenhöhe bleibt,
- Luxemburg: Ganz ähnlich ist es in Luxemburg –
- Schweiz: Das Schweizer Modell
Diese Modelle lassen sich nicht eins zu eins auf Deutschland übertragen. Doch eine echte
Die Grundrente kann daher nur ein Anfang sein. Die breite Diskussion darüber, wie die Alterssicherung in Zukunft aussehen kann, steht uns noch bevor. Es ist auch meine Generation, die diesen Diskurs lautstark und mit guten Ideen führen muss.
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Titelbild: Arthur Yeti - CC0 1.0