Warum wir so viel Land verbrauchen – erklärt in 12 Grafiken
Vor 1.000 Jahren haben die Menschen 4% der nutzbaren Landfläche für Ackerbau und Viehaltung genutzt; heute sind es rund 50%. Das hat weniger mit Überbevölkerung zu tun, sondern vor allem mit: Rindfleisch.
Fangen wir an mit einer einfachen Bestandsaufnahme: Wir Menschen brauchen immer mehr Land. Von der gesamten Landmasse der Erde sind große Teile mit Eis bedeckt oder verwüstet, für Landwirtschaft kommen sie nicht infrage. Von dem Teil der Landoberfläche allerdings, den wir für den Ackerbau oder die Tierhaltung nutzen können, waren vor 1.000 Jahren rund 4% landwirtschaftlich genutzt; heute sind es 50%!
Das Problem daran ist: Viele der Flächen waren zuvor Moore, Urwälder oder andere Ökosysteme, in denen große Mengen CO2 gespeichert waren. Sie werden trockengelegt, gerodet und in Acker- und Weideland umgewandelt. Gleichzeitig geht dabei der Lebensraum vieler Tiere und indigener Völker verloren. Sie sterben aus, werden ermordet oder müssen ihren Lebensraum verlassen.
Doch woran liegt es, dass wir so viel Fläche verbrauchen? Es hat verschiedene Gründe. Einer davon, und wohl der naheliegendste, ist, dass wir immer mehr Menschen sind, heute leben etwa 5-mal so viele Menschen auf der Erde wie noch 1900:
Gleichzeitig entlocken wir der Erde heute dank neuer Pflanzenzüchtungen, besserer Technik wie Traktoren und Bewässerungsanlagen und auch dank vielfältiger Pflanzenschutzmittel mehr Nahrung als früher. Die Tochter eines Landwirtes etwa, die den Beruf ihres Vaters übernommen hat, entnimmt demselben Land im Schnitt rund 3-mal so viel Nahrung wie ihr Vater vor 50 Jahren:
Dass wir immer mehr Menschen sind, kann also nicht der einzige Grund für unseren Flächenhunger sein. Nein, wir essen im globalen Schnitt auch deutlich mehr als früher:
Das ist natürlich eine gute Nachricht, denn diese Steigerung ist auch Ergebnis des Kampfes gegen den Hunger. Doch für viele haben die zusätzlichen Kalorien längst nichts mehr mit Hunger zu tun. In vielen Ländern ist die
Es sind vor allem die Menschen aus den reichen Nationen, die deutlich zu viel essen. Das ist natürlich keine Überraschung. Und wer viel Geld hat, isst nicht nur mehr – sondern auch anders. Vor allem mehr tierische Produkte.
Aber tierisches Produkt ist nicht gleich tierisches Produkt. Wir wissen, dass Rindfleisch wesentlich schlechter fürs Klima ist als Hühnchen. Was den Landverbrauch angeht, macht es ebenfalls einen riesigen Unterschied, ob ein Stück Fleisch vom Schwein oder Rind bzw. ein Ei auf den Tisch kommt:
Das liegt vor allem daran, dass Rinder deutlich mehr Getreide oder Soja fressen müssen, um auf der Waage ein Kilogramm zuzulegen:
Schauen wir auf die Menge Fleisch, die jedes Jahr auf der Welt produziert wird: Davon entfallen 97% auf 4 Nutztierarten Rind, Schaf/Ziege, Schwein und Geflügel. Sie teilen sich das Fleischgeschäft folgendermaßen auf:
Rindfleisch macht also nicht einmal 1/4 der weltweit produzierten Fleischmenge aus. Rechnet man das jedoch auf den Flächenverbrauch um, zeigt sich ein anderes Bild:
Wir Menschen sind also nicht in erster Linie Rinderfresser, aber Rinder sind mit Abstand die größten Flächenfresser unter den Nutztieren. In der nächsten Grafik sehen wir, dass mit dem Wohlstand in einem Land auch zuverlässig der Hunger auf Fleisch wächst:
Und mit dem Hunger auf Fleisch der Flächenverbrauch, den unsere Ernährung fordert, vor allem wenn wir auf Rindfleisch schauen:
Das hat zur Folge, dass in den wohlhabenden Ländern auch die Fläche wächst, die nötig ist, um die landestypische Kost herzustellen. Die Prozentzahl in der nächsten Karte gibt an, wie viel der weltweiten fruchtbaren Landfläche zur Lebensmittelproduktion gebraucht würde, wenn sich alle Menschen so ernährten, wie die Menschen aus diesem Land. Ein Beispiel: Würden alle Menschen so essen wie die Menschen in Bangladesch, bräuchten wir nur 14,9% der fruchtbaren Flächen zu beackern. Äßen wir hingegen alle so wie die Menschen in Australien, bräuchten wir 158% der verfügbaren Ackerflächen – was natürlich unmöglich ist.
Daraus können wir vor allem 2 Schlüsse ziehen:
- Dass wir die Ressourcen der Erde so stark überstrapazieren, hat weniger damit zu tun, dass wir zu viele Menschen sind – sondern damit, wie sich die reiche Minderheit verhält. Das kennen wir von den CO2-Emissionen, und das gilt auch für den Flächenverbrauch.
- Der Hauptgrund für unseren immensen Flächenverbrauch ist unser Hunger nach Rindfleisch. Rindfleisch vom Speiseplan zu streichen wäre demnach auch einer der besten und einfachsten Wege, um den Flächenfraß zu stoppen, dem Abholzen der Regenwälder ein Ende zu setzen und so den Klimawandel und das Artensterben aufzuhalten.
Wie wir loskommen vom Rindfleisch? Dazu zum Schluss 2 Gedanken:
- Wenn wir die weltweite Rindfleischproduktion durch Geflügel ersetzen würden, würde eine Fläche von rund 3 Millionen Quadratkilometern frei werden; für neue Wälder, Moore, Natur. Das ist fast die Fläche Indiens. Und 10-mal die Fläche Deutschlands. Ethisch gesehen wäre diese Lösung sicher umstritten, denn Hühner haben nur einen winzigen Bruchteil des Fleisches auf den Knochen, die ein Rind ausmachen; es müssten viel mehr Tiere ihr Leben lassen.
- Ersetzen wir Rindfleisch durch pflanzliche Fleischersatzprodukte wie den Beyondburger, die derzeit auf dem Vormarsch sind, könnten wir ebenfalls gigantische Landflächen freigeben und wieder der Natur überlassen. Denn für einen solchen Burger, so haben Forscher berechnet, ist 93% weniger Fläche nötig als für einen Rinderburger.
Titelbild: Ivan Bandura - CC0 1.0