Migrant mit Maske? Warum der Waschbär längst zu Deutschland gehört
Obwohl der Waschbär seit fast 90 Jahren in Deutschland lebt, sehen ihn immer mehr Jäger:innen als einen Eindringling und eine Bedrohung für andere Tierarten. Doch die Kleinbären sind besser als ihr Ruf.
Die maskierten Fremden kommen immer näher – von Abstand halten keine Spur. Der bedrängte Fuchs lässt sich zunächst nicht beeindrucken. Als sie ihm jedoch allzu sehr auf den Pelz rücken, nimmt er Reißaus. 4 Waschbären auf einmal sind ihm dann doch nicht geheuer.
Diese Szene hat Francesco Dati per Videokamera in seinem Garten in Hessen in einer Sommernacht dieses Jahres aufgenommen. Dati ist promovierter Chemiker, doch bekannt ist er auch unter Wildtier-Biolog:innen; einige nennen ihn den »Waschbär-Papst«. Er selbst lacht über solche Zuschreibungen – er bezeichnet sich schlicht als »Waschbär-Anhänger«.
Geweckt wurde Datis Interesse am Waschbären vor 9 Jahren. Damals entdeckte er eines Abends eines der Tiere, wie es auf seiner Terrasse herumstöberte und offensichtlich nach Futter suchte. Einige Tage später kam es wieder, diesmal jedoch in Begleitung: Das Weibchen hatte seinen Nachwuchs dabei.
Inzwischen halten sich die Waschbären öfter in der Umgebung auf. Morgens findet Dati ihre Spuren im Rasen, wo sie nach Regenwürmern gegraben haben. Mithilfe seiner Videokamera erforscht er die Tiere. Aber er sammelt auch alles, was er an Medienberichten über die Kleinbären finden kann. Lokalpolitiker:innen, die sich seiner Meinung nach allzu feindlich und undifferenziert über Waschbären äußern, schreibt er mitunter lange E-Mails. »Unseren Hauskatzen gestatten wir, dass sie Millionen von Singvögeln jedes Jahr töten, weil sie eben zu uns gehören«, sagt Dati. Der Waschbär werde hingegen verteufelt. »Ich verstehe nicht, dass so intelligente Tiere dämonisiert und zu Eindringlingen und Sündenböcken erklärt werden.« Denn so fremd, wie viele Menschen meinen, ist der Waschbär hier im Grunde nicht.
Titelbild: Francesco Dati - copyright