So werden Krankenhäuser zu Gesundheitshäusern
Wer schon mal ein paar Nächte im Hospital verbracht hat, weiß: Hier kommt man selten zur Ruhe. Dabei wäre das nirgends wichtiger als hier.
Ich liege in einem Mehrbettzimmer und finde keine Ruhe. Meine Bettnachbarinnen schnarchen, gelegentlich kommen Pfleger und Krankenschwestern rein. Als das Licht um 6 Uhr angemacht wird, ist das viel zu früh für mich. Es wird laut gesprochen. Ständig piepen irgendwelche Maschinen. 7 Uhr: Die Ärzt:innen kommen zur
So ruhelos empfinden wahrscheinlich viele Menschen eine Nacht im Krankenhaus. In ihren eigenen 4 Wänden würden sie mehr Schlaf bekommen. Dabei ist genau das eigentlich widersinnig – denn die Schlafforschung weiß schon seit Jahren: Schlaf ist essenziell für die Regeneration.
Wie also machen wir unsere Krankenhäuser zu Gesundschlaforten?
Was die Schlafforschung weiß: Ratten und Menschen schlafen ähnlich
Vor 9 Jahren führten Schweizer Forscher:innen bei Ratten künstlich Schlaganfälle
Und das Rattenexperiment lässt sich in gewisser Weise auf den Menschen übertragen. Denn Gehirne von Nagern und Menschen ähneln sich. Schlaganfälle sind dabei nur ein Beispiel. Die Forschung weiß mittlerweile: Dass fehlender Schlaf krank macht, gilt für fast alle Arten von Krankheiten.
Und deshalb ist es so widersinnig, wenn in Krankenhäusern Schlaf so wenig Raum gegeben wird. Denn in vielen Krankenhäusern passiert nichts anderes, als was die Ratten in der Studie erlitten. Patient:innen, die dringend Erholung brauchen, werden vom Schlafen abgehalten. Die Faktoren, die dazu führen, sind der Forschung ebenfalls klar:
Trotzdem blieb alles beim Alten. Bis jetzt, denn der Biologe und Schlafforscher Albrecht Vorster arbeitet an der Veränderung.
»Es ist so banal, aber bisher hat niemand gezeigt, was wir an Leid sparen könnten«

Albrecht Vorster war motiviert durch die Ergebnisse der Rattenstudie und begann ein Forschungsprojekt am Universitätsklinikum Inselspital Bern. Dort verändert er die Bedingungen einiger Räume der Stroke Unit (Schlaganfall-Akutstation) und erforscht, ob die Schlaganfall-Patient:innen auf der schlafoptimierten Station schneller genesen.
Wir müssen Schlaf auch als Behandlungsoption mitdenken und das tun die in der Klinik nicht.
An diesen Stellschrauben dreht er deshalb:
- Lärm: »Das fängt mit einfachen Verhaltensregeln an, etwa dass Ärzte und Pfleger sich nicht ohne Grund in und vor den Patientenzimmern unterhalten und die Türen schließen.« Anstelle der aktuell etwa Duschvorhang-dicken Vorhänge zwischen den Patient:innen baut er schallabsorbierende Vorhänge ein. »Die lassen Licht durch, sind aber in der Absorption so gut wie Theatervorhänge.« Neben ebenfalls schallabsorbierenden
- Licht: Im Krankenzimmer ist es nachts zu hell und tagsüber zu dunkel. Helfen kann eine Tageslichtlampe. Albrecht Vorster rechnet mir vor: »Für einen Raum mit 4 Betten kostet so eine Lampe 10.000–20.000 Euro. Wenn man bedenkt, dass jeder Patient, der darin liegt, pro Tag 2.000 oder 3.000 Euro kostet, habe ich die Kosten ruck-zuck wieder drin, sobald da nur ein paar Patienten einen Tag weniger liegen.«
- Aufwecken: Vorster übt auch Kritik an gewohnten Maßnahmen: »In den ersten 3 Tagen nach einem Schlaganfall wird stündlich bzw. mindestens 2-stündlich geweckt, um neurologische Checks durchzuführen. Es gibt aber keine Hinweise darauf, dass das immer nötig ist, die Patienten derartig oft aus dem Tiefschlaf zu
Dass eine Schlafoptimierung die Genesung im Krankenhaus fördern wird, da ist sich Albrecht Vorster sicher. Nur – und hier ist der Haken – gezeigt hat das noch niemand. Dazu müsste man belegen, wie viel kürzer Patient:innen auf der schlafoptimierten Station liegen. Und das ist im laufenden Klinikalltag äußerst schwierig umzusetzen.
Doch genau so eine Studie könnte etwas bewegen, da ist Vorster sich sicher:
»Diese Studie brauchen wir nachher, um Ärzten zu sagen: ›Hey, wenn ihr die Schlafumgebung auf der Station so verändert, dann wirkt das so stark wie ein neues hochwirksames Medikament.‹« Denn wenn man mit den Kliniken sprechen möchte, dann muss man die Kosten sprechen lassen.
Wir investieren alles für teuerste Behandlungsmethoden und Medikamente, aber die Cent-Produkte wie Ohrstöpsel und Augenmasken und eine gute Tageslichtbeleuchtung, daran wird nicht gedacht.
Hier findest du die beiden anderen aktuellen Dailys:
Titelbild: wavebreakmedia_micro - CC BY 3.0