Warum diese Landwirt:innen ihre Felder jetzt mit Bäumen zupflanzen
Die regenerative Landwirtschaft verbindet vielfältige Natur mit der Produktion von Nahrungsmitteln. Ein kleiner Hof in Rheinland-Pfalz versucht das jetzt einfach mal – und bepflanzt seine Felder mit Tausenden Bäumen.
Inmitten von Feldern, irgendwo auf dem Land in Rheinland-Pfalz, liegt Hof Lebensberg. Er ist von einer Handvoll Bäumen umringt, drumherum liegen seine 100 Hektar Ackerflächen, immer mal unterbrochen von kleineren Forsten. Eine klassische Bauernhofidylle. Der Hof selbst ist in die Tage gekommen. Doch nun umweht ihn ein Hauch von Zukunft.
Seit Juli 2020 lebt hier im Örtchen Obermoschel eine Gruppe von mehr als 20 Menschen, im Alter zwischen 22 und 40 Jahren, die gemeinsam die Landwirtschaft nachhaltig verändern wollen. Sie bauen auf Erfahrungen und Erkenntnisse, die schon lange existieren, in Zeiten des industriellen Ackerbaus aber zunehmend in Vergessenheit geraten – und kombinieren sie mit neuen Ideen einer
Und noch etwas ist anders: Das Team will ohne klassische Hierarchien auskommen.
Ein Experiment für die Landwirtschaft von übermorgen
Die Landwirt:innen von Hof Lebensberg richten ihren Blick vor allem auf die Erde unter ihren Füßen, denn die ist es, die künftig Nüsse, Obst, Gemüse und Getreide großziehen soll.
Durch die konventionelle Landwirtschaft werden heute viele Böden ausgelaugt; es mangelt an Nährstoffen. Die Folge: Äcker müssen mit Düngern und Pestiziden produktiv gehalten werden, Kleinstlebewesen haben im Boden kaum eine Chance – die Erde stirbt langsam. Außerdem setzt die Landwirtschaft viel CO2
Regenerative Landwirtschaft soll die Böden wieder zum Leben erwecken und CO2 nicht freisetzen, sondern im Boden und in Bäumen binden.
Teil des Teams ist Julius Angebauer. Er lebt seit Ende Juli auf
Gestartet haben das Projekt Janine Raabe und ihr Lebenspartner Paul Müller. Sie betreiben schon seit Längerem eine Baumschule und eine Beratungsfirma für regenerative Landwirtschaft. Sie wollten ihre Idee von Landwirtschaft in die Tat umsetzen und machten sich auf die Suche nach einem passenden Hof. 2019 lernten sie den Besitzer des alten Hofs, Michael König, kennen. Der war zufällig schon länger auf der Suche nach Menschen, die den Hof in eine regenerative Landwirtschaft verwandeln könnten. Alles passte so gut zusammen, dass er
Für die Gemeinschaft auf dem Hof steht fest: Es geht um mehr als den Aufbau eines landwirtschaftlichen Betriebs. »Da schwingt für mich auch Kritik an der Art mit, wie sich Gesellschaft organisiert und wirtschaftet. Hier können wir jetzt konkret etwas tun und etwas Besonderes auf die Beine stellen«, sagt Julius Angebauer am Telefon. Die Gemeinschaft organisiert sich
Seit dem Einzug Ende Juli haben Julius und seine Mitstreiter:innen vor allem damit zu tun, den alten Hof wieder instand zu setzen. »Das ist schon alles sehr rudimentär. Manche Bereiche wurden seit 40 Jahren nicht genutzt«, sagt Julius und lacht. Noch pfeift der Wind durchs Gemäuer und fließendes Wasser gibt es auch noch nicht. Bisher teilt sich die Gruppe die Zimmer im alten Wohnhaus auf dem Hof, bald ziehen einige in Wohnungen und Häuser der umliegenden Dörfer.
Sie haben etwas zu beweisen
Julius ist klar, dass die Städter, die da so plötzlich über das Landidyll hereingebrochen sind, kritisch beäugt werden könnten: »Wir wollten von Anfang an zeigen, dass wir offen sind und keine Aussteiger, die sich abgrenzen möchten. Uns liegt viel daran, uns hier zu integrieren.« Deswegen haben sie, als es vor dem Coronashutdown noch möglich war, ein Hoffest veranstaltet. Und auch in Zukunft soll der Hof ein Ort sein, wo sich Menschen begegnen und sie von der Idee der Gruppe begeistern.
Im Winter 2020 will die Gemeinschaft schon die ersten entscheidenden Weichen stellen. Der ambitionierte Plan: 30.000 Bäume und Sträucher sollen bis zum Frühling auf 11 Hektar Ackerfläche stehen. Der erste Teil eines essbaren Ökosystems aus Nuss- sowie Esskastanienbäumen und Sträuchern, die selbst Ertrag bringen und nebenbei einen Beitrag zum Aufbau der Humusschicht leisten, Schatten spenden und Windbarrieren bilden.
Der Platz dazwischen wird für andere Früchte, Getreide und Weidetiere genutzt. Am Ende werden sich die Felder um Hof Lebensberg stark von anderen Feldern herkömmlicher Landwirtschaft unterscheiden.
Der Ansatz nennt sich Agroforstwirtschaft und hat nach den Erfahrungen von Agroforstpionieren bestechende Vorteile. Die Anbauflächen sind widerstandsfähiger gegen längere Trockenzeiten oder Starkregen, Ereignisse, worunter die Landwirtschaft heute schon leidet und die der Klimawandel künftig verschärft. Der
Das Geld für den ersten Schritt in Richtung »ihrer« Zukunft der Landwirtschaft sammeln Julius und die anderen jetzt
Bisher sieht es gut aus, nach nur einer Woche hatte die Gemeinschaft schon gut 1/3 des ersten Spendenziels erreicht. »Wenn alles klappt, planen wir im nächsten Jahr noch ein Projekt auf weiteren 20 Hektar Fläche, dann geht es mehr um Obstbäume«, sagt Julius. An Visionen und Willen mangelt es also nicht, jetzt fehlt nur noch das Geld, um die Ideen aufs Feld zu bringen.
Hier findest du die beiden anderen aktuellen Dailys:
Titelbild: Stiftung Zukunftsland - copyright