Wie ich auf eine »Sekte« reinfiel, ohne es zu merken
Ein »Prophet«, instrumentalisierter Sex und ein Haftbefehl – nichts davon ahnte ich, als ich meine Hochzeit in einem abgeschiedenen Kloster gefeiert habe. Worauf es ankommt, um problematische Gruppen besser erkennen zu können.
Wie hätte ich wissen sollen, dass der schönste Tag in meinem Leben Geld in die Kassen eines »Propheten« spülen würde? Im Sommer 2015 feierten meine Frau und ich unsere Hochzeit in einem historischen Kloster in der Ortschaft Goch an der niederländischen Grenze zu Nordrhein-Westfalen. Dort hatte man wirklich alles getan, um den Tag gelingen zu lassen. Lächelnde Menschen in mittelalterlichen Kostümen huschten auf der Hochzeitsfeier umher und servierten Honigwein und frisch gebackenen Dattelkuchen – eine Spezialität des Klostercafés.
Die kleine Gemeinde, die das Kloster in Goch bewohnt, hatte alles für uns organisiert. Mit ihrer Eventagentur veranstalten sie regelmäßig Mittelaltermärkte, Konzerte, Weinfeste sowie Festivals und sind damit über die Jahre zu einer Attraktion und Institution am Niederrhein geworden – mit rund 100.000 Besucher:innen
Umso glücklicher waren wir, als unser Wunschtermin bestätigt wurde. Ein paar Wochen vor der Hochzeit lernten wir die Organisator:innen kennen, ganz ungezwungen beim Bogenschießen. Schon damals war mir die Freundlichkeit der Menschen dort aufgefallen. Der Eventmanager begrüßte uns mit herzlichem Händedruck und 3-Tage-Bart. Er nahm sich außergewöhnlich viel Zeit, führte uns herum und erklärte die historische Vergangenheit der Anlage, die nun von ihm und »Gleichgesinnten« bewohnt und bewirtschaftet würde. Das Kloster sei sein »Baby«, sagte er stolz, und wir glaubten es sofort.
Titelbild: Patrick Fore - CC0 1.0