Das Lieferkettengesetz erklärt: Wird der Kapitalismus jetzt gerecht?
In anderen Teilen der Welt riskieren Menschen ihr Leben, damit wir billige Kleidung kaufen können. Was das neue Gesetz ändern wird
Als die Fabrik von Ali Enterprises in Flammen aufging, nähte Ejaz Khatoon dort gerade Jeans für die deutsche Firma KiK. Der damals 18-Jährige ist einer von 260 Menschen, die dem Feuer in der pakistanischen Stadt Karatschi nicht entkommen konnten. Die Fenster waren vergittert, Notausgänge verschlossen.
»260 junge Menschen wurden getötet, als sie Kleidung für die Deutschen herstellten«, sagt Ejaz’ Mutter Saeeda Khatoon in einem
Fast 900 Menschen arbeiteten am 11. September 2012 in der Fabrik, in der Ejaz Khatoon zu Tode kam. Die Überlebenden sind bis heute von den Folgen betroffen. Muhammad Hanif ist einer von ihnen. Er hat seit dem Brand chronische Atemprobleme und Schmerzen, kann nicht mehr laufen, nicht mehr arbeiten. Und er hat eine klare Forderung: Es soll Gesetze geben, die Rechte von Menschen wie ihm schützen. »Damit ich und all meine Freunde, die ihr Leben verloren haben, Gerechtigkeit erfahren.«
Saeeda Khatoon, die Mutter, und Muhammad Hanif, der Überlebende, kämpfen für diese Gerechtigkeit. Zweieinhalb Jahre nach dem Brand zogen sie mit dem ECCHR vor ein deutsches Gericht, um Schadensersatz von KiK einzufordern – der Firma, die damals Hauptkundin der abgebrannten Fabrik war.
Es war das erste Mal, dass Menschen vom anderen Ende der Lieferkette deutsche Auftraggeber zur Verantwortung ziehen wollten. Doch das Gericht wies die Klage nach
Du willst mehr über den Prozess erfahren? David Ehl war bei der Verhandlung in Dortmund dabei – hier berichtet er.
Damit Firmen künftig für Geschehnisse wie die in der Fabrik von Ali Enterprises belangt werden können, fordern unter anderem lokale Gewerkschaften ein deutsches Gesetz, das Menschenrechte von Arbeiter:innen entlang der Lieferkette zum Thema macht.
Mehr als ein Jahr kämpften besonders der deutsche Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) für ein solches
Hat er damit recht? Wird das Gesetz, das 2023 in Kraft treten soll, etwas daran ändern, dass Menschen in anderen Teilen der Welt ihr Leben riskieren, damit wir hier billige Kleidung kaufen können? Um eine Antwort darauf zu finden, müssen wir zunächst verstehen, auf welche Art und Weise Menschenrechte in der Lieferkette verletzt werden.
Mit Illustrationen von Mirella Kahnert für Perspective Daily