Eine Reise zur Klimakrise, die für immer ihr Leben verändert
Theresa Leisgang und Raphael Thelen sind um die halbe Erde gereist, um den Klimawandel besser zu verstehen. Nördlich des Polarkreises stoßen sie auf eine entscheidende Antwort.
Die Sonne geht hinter uns unter, während die Fähre den Hafen verlässt. Göteborg erreichen wir am nächsten Tag, dann geht es weiter nach Stockholm, bevor wir den Nachtzug nach Gällivare besteigen. Der kleine Ort liegt nördlich des Polarkreises, also in der Arktis, dem Endpunkt unserer Reise auf der Suche nach den Antworten auf die Klimakrise. Ewiges Eis – es ist eines dieser Phänomene, die Ehrfurcht in mir hervorrufen; und Bilder von weißer Endlosigkeit, einer unveränderbaren Welt, die größer ist als der Mensch, genau wie die Tundra oder der Regenwald. Doch die Messungen zeigen, dass sich kein anderer Ort weltweit schneller erwärmt als die Arktis. Die US-amerikanische National Oceanic and Atmospheric Administration (NOOA) sagt, die Bedingungen in der Region sind immer weniger mit jenen Parametern vergleichbar, die einst als »Eisklima« definiert worden sind. Das ewige Eis, es schmilzt.
Kreischend rollen die Räder unseres Zugs über die Weichen der Schienen Richtung Norden. Als wir am nächsten Morgen aufwachen und aus dem Fenster schauen, ziehen an uns endlose Birkenwälder vorbei, das Laub der Bäume färbt sich gelb-orange, so weit im Norden auf diesem Planeten ist es Anfang September bereits tiefer Herbst. Wir wollen in unserer verbleibenden Zeit erfahren, wie Menschen, Tiere und Pflanzen mit den drastischsten Klimaveränderungen des Planeten umgehen, aber wir haben nicht jeden Schritt geplant, wissen noch nicht, wo wir als Nächstes übernachten. Die Hotels in Gällivare sind teuer und das Umland zerfressen von großen Erzminen, nicht das, was wir suchen. Ich nehme mein Handy und logge mich zum ersten Mal seit Jahren auf der Website von Couchsurfing ein; früher habe ich über die Plattform überall auf der Welt kostenlos eine Couch zum Übernachten gefunden. Es ist mehr so ein fixer Gedanke, doch dann entdecke ich einen Gastgeber, Urpo Taskinen, der in seinem Profil diesen Satz stehen hat: Wir müssen den Klimawandel stoppen, wenn wir weiter couchsurfen wollen! Wir schreiben ihn an, und er antwortet gleich: Wir seien herzlich willkommen und sollen den Bus von Gällivare nach Svappavaara nehmen. Er selbst habe kein Auto, werde sich aber eines von einem Nachbarn leihen und uns da abholen.
Titelbild: Andreas Gücklhorn - CC0 1.0