Schluss mit »Appfall«: Bald kannst du endlich alle Anwendungen löschen
Ob Apple oder Android, unerwünschte Apps sind vorinstalliert und müllen unsere Geräte zu. Nun sind dagegen Gesetze auf dem Weg.
20 Apps updaten, 100 Fotos im Urlaub schießen und an die Verwandten verschicken, das neue 5-Minuten-Video vom Patenkind herunterladen – irgendwann streikt das Smartphone und mahnt: »Vorsicht: Der Speicherstand ist voll.« Dazu gibt es auch gleich den passenden Ratschlag für Menschen am Speicherlimit: »Löschen sie Apps, die sie nicht oft nutzen.«
Logisch. Doch wer etwa versucht Samsung-Notes, Google-Hangouts oder Apples iCloud Drive vom Handy zu werfen, der wird erst mal scheitern. Natürlich lassen sich die
»Crapware« nennt sich das Phänomen (zu Deutsch grob mit »Müll-Software« oder poetischer »Appfall« übersetzt), also unliebsame Software, die bereits bei der Auslieferung vorinstalliert ist und nicht benötigt wird.
Mit diesem Installationszwang sichern sich internationale Unternehmen Wettbewerbsvorteile. Das ist unfair und unnötiges Gängeln von Nutzer:innen, findet die US-Regierung und steht kurz vor einem neuen Gesetz, das Apple und Co. gar nicht gefallen dürfte.
Was das neue US-Kartell-Gesetz verändert
Dass das Kartellrecht der USA (englisch »Antitrust-Law«) erneuert werden muss, ist schon länger klar und ein Anliegen über die verhärteten US-Parteigrenzen hinweg. Bereits unter der Trump-Regierung begannen dazu erste Anhörungen, bei denen es auch immer wieder um die großen Techkonzerne wie Apple ging. Der bei dem Gesetzgebungsprozess federführende Demokrat David Cicilline betonte gegenüber der US-Nachrichtengruppe Bloomberg das ambitionierte Ziel:
In der Praxis hieße das neue US-Gesetz, dass Crapware-Apps nicht mehr als systemrelevante Apps installiert werden dürften, sodass ein Deinstallieren jederzeit für alle möglich ist. Bereits mit Crapware ausgelieferte Geräte müssten dann per Update umgestellt werden. Allerdings erlaubt es das Gesetz Herstellern weiterhin, bestimmte Vorauswahlen an Software zu treffen. Es verbietet großen Techkonzernen aber, die Verwendung alternativer Apps zu verhindern oder signifikant zu erschweren. Oder wie David Cicilline es sagt: »Man kann es den Leuten nicht unmöglich machen, andere Dienste zu nutzen, die gleichwertig sind. [Diese Konzerne] können nicht alle Konkurrenz ausschließen, bis nur noch die eigenen Optionen bleiben.«
Eine ähnliche Idee verfolgt die EU mit den beiden Gesetzesvorhaben Digital Services Act und Digital Markets Act, die derzeit in Brüssel verhandelt werden. Auch hier ist das Löschen von unliebsamen Apps das Ziel,
Wann die Gesetze kommen – und was du schon heute tun kannst
57% der US-Amerikaner:innen sind laut einer aktuellen Umfrage für eine stärkere Regulierung der
Es dürfte noch eine Weile dauern – bis Ende 2021 oder darüber hinaus –, bis die Gesetze in den USA und der EU in Kraft treten können. Mit Blick auf den Umfang der Änderungen ist das ein realistischer Zeitrahmen. Doch Techgiganten wehren sich. So erwartet David Cicilline etwa rechtlichen Sand im Getriebe und in einigen Fällen Entscheidungen vom US- Justizministerium und der US-Handelskommission.
Nicht umsonst war die Regulierung der Techunternehmen eines der bestimmenden Themen beim kürzlich stattgefundenen ersten Gipfeltreffen zwischen EU und USA seit 7 Jahren, auf dem vereinbart wurde, einen gemeinsamen EU-US-Handels- und Technologierat zu gründen. Anders formuliert:
Was aber tun, wenn die »Vorsicht: Der Speicherstand ist voll«-Meldung gerade jetzt aufblinkt und die Gesetze noch auf sich warten lassen? Die kurze Antwort: Die Optionen sind begrenzt … aber da.
- Apps einzeln stutzen: Unliebsamen Apps lassen sich in den Systemeinstellungen (Apps) zumindest die Rechte entziehen. So kann man abschalten, dass sie auf Standort, Kamera oder Mikrofon zugreifen, Benachrichtigungen senden oder Systemeinstellungen ändern können. Das ist viel Kleinarbeit, aber immerhin eine Möglichkeit zur digitalen Gegenwehr. In Einzelfällen lässt sich Crapware auch dauerhaft »deaktivieren«, wobei die Software zwar auf dem Gerät bleibt, diese aber nicht mehr geladen wird. Das wirkt fast so gut wie Deinstallieren.
- Rooten/Jailbreaken: Nutzer:innen haben normalerweise nicht volle Rechte auf ihren eigenen Smartphones. Doch diese lassen sich beschaffen. »Rooten« heißt diese Praktik auf Android, »Jailbreaken« für iPhones und Co. Dabei verschafft man sich über eine externe Software quasi mit einer digitalen Brechstange Administratorrechte. Beides schaltet viele Funktionen frei; etwa auch das Deinstallieren von Crapware gegen den Herstellerwillen.
Hier findest du die beiden anderen aktuellen Dailys:
Mit Illustrationen von Doğu Kaya für Perspective Daily