Wenn Träume an Tankstellen zerplatzen
Unser Autor weint, weil er die Wünsche seines Sohns nicht mehr erfüllen kann. Denn das Kind lebt in einem Land, das eine der schwersten Wirtschaftskrisen seit Mitte des 19. Jahrhunderts treffen könnte. Kann die EU helfen?
Ich bin Vater eines 11-jährigen Jungen, der ein sehr bescheidenes Kind ist. Seine Wünsche sind nie schwer zu erfüllen. Leider lebt er mit seiner Mutter im Libanon. Das Land, das du wahrscheinlich mit Horrorbildern aus dem Jahr 2020 verbindest.
Ich erkenne mein Heimatland nicht wieder. Was uns passiert, wäre unvorstellbar in Deutschland
Wenn dir jetzt die Frage auf der Zunge liegt, warum mein Sohn nicht einfach den Zug nehmen kann, lass mich gleich sagen: Den Luxus eines Bahnverkehrs haben wir im Libanon nicht. Alle Strecken wurden im Bürgerkrieg zerstört, der vor über 30 Jahren endete. Als ich feststellte, dass ich meinem Kind nicht geben konnte, was es sich wünschte, musste ich weinen. Doch ich bin bei Weitem nicht der Einzige, der Tränen über die Situation im Libanon vergießt. Eltern verzweifeln, weil sie keine Babymilch für ihre Kinder in den Supermärkten finden, und Kranke leiden, weil ihre Medizin in den Apotheken ausverkauft ist. Ich erkenne mein Heimatland nicht wieder. Was uns passiert, wäre unvorstellbar in Deutschland oder anderen europäischen Staaten. Und doch spielt die Politik der EU bei alledem eine wichtige Rolle.
Titelbild: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Hassan Ammar - copyright