Wenn die Bewohner:innen einer Stadt anfangen, sich selbst zu regieren
Im Jahr 2042 wird Kiel 800 Jahre alt. Wie sich die Stadt bis dahin entwickeln soll, sollen alle gemeinsam entscheiden.
Pfingstmontag auf der nördlichen Kiellinie, einer Straße entlang der Kieler Förde. Ein kleiner Junge steuert sein feuerrotes Spielzeug-SUV per Fernbedienung den Bordstein entlang. Es ist an diesem Tag das einzige Fahrzeug auf 4 Rädern dort. Die Kiellinie ist für einen Tag autofrei und der Asphalt auf Hunderten Metern mit bunten Zeichnungen und Slogans bedeckt. Es sind vor allem Studierende, die alle paar Meter auf dem Boden knien und mit Straßenkreide Kunst und politisch Kante zeigen. »Graue Grütze auf die Mütze«, schreiben sie etwa, oder »Kein Bock auf Lautos«. Und tatsächlich ist es allein mit dem Gemurmel der Passant:innen und dem leichtem Wind von der Ostsee her angenehm ruhig.
Ganz anders als die Diskussion, die Kiellinie permanent autofrei zu machen. Sie wird in der Stadt schon seit Jahren lebhaft geführt und steht stellvertretend für zahllose Konflikte rund um die Mobilitätswende. Um alle Meinungen ernst zu nehmen und trotzdem voranzukommen, läuft unter dem Namen
Was soll bis dahin räumlich passieren? Wie soll sich der Alltag anfühlen? Welches Bild soll Kiel nach außen abgeben? Solche Fragen hat die Stadt ihren Bewohner:innen im »Zukunftsdialog« auf einer Auftaktkonferenz, an öffentlichen Plätzen, mit Beteiligungskits für daheim und in Onlineformaten gestellt. Geschätzte 2.000 Bürger:innen haben bisher aktiv mitgemacht. Das geplante Jugendparlament und die Abschlusskonferenz verzögern sich durch die Coronapandemie allerdings immer weiter.
Titelbild: wikicommons - CC BY-NC-ND 2.0