Zu Besuch bei den Opfern der Flutkatastrophe
Hagen war eine der ersten Städte, die vom Hochwasser getroffen wurden. Eine Woche später räumen die Menschen noch immer das Gröbste weg. Was sie jetzt brauchen – und worauf sie hoffen dürfen
Der Boden auf den Straßen des Hagener Stadtteils Hohenlimburg ist staubig. Das Wasser ist nicht mehr da. In der nordrhein-westfälischen Großstadt, einem von vielen Orten in Deutschland, die von den Starkregenfällen betroffen waren, steht die pralle Sonne am Himmel. Die Lenne, die eine Woche zuvor über die Ufer getreten war, fließt friedlich durch den Ort, als wäre nichts geschehen. Es ist knapp über 20 Grad Celsius, ein schöner Sommertag eigentlich. Wären da nicht die verdreckten Straßen, die zerstörten Gebäude, die eingestürzten Brücken, die verunreinigten Flüsse, die am Wegesrand herumstehenden, verschmutzten Autos und die erschöpften Menschen, die sich ihrer Erschöpfung erst langsam bewusst werden.
Keine 200 Meter vom Lenneufer entfernt, vor einer alten Eckkneipe, in der heute ein Kulturverein zu Hause ist, sitzen Iris Zelzer und Rulat Sirakidu auf Plastikstühlen und unterhalten sich. Eine dritte Frau, Elisabeth Dimitriadou, steht an einem Holzkohlegrill und stochert mit einer Zange in der Glut. »Wir haben immer noch keinen Strom. Also grillen wir eben«, sagt sie. Neben ihr türmt sich Hausrat aus den Wohnungen zu einem riesigen Haufen auf. Was aussieht wie Sperrmüll, war noch vor wenigen Tagen intakte Inneneinrichtung: Kleiderschränke, Bettgestelle, Teppiche, Kühltruhen, Stühle, Wandschmuck, Fernseher. Eben alles, was die Menschen normalerweise so zum Leben haben.
Elisabeth Dimitriadou, die Frau am Grill, hat ihre Wohnung im Erdgeschoss des 8-Parteien-Hauses erst vor Kurzem frisch renoviert, gerade einmal 6 Monate ist das her. Jetzt kann sie wieder von vorn anfangen. In ihrer leer geräumten Wohnung steht sie buchstäblich vor dem Nichts. Eine Versicherung habe sie, doch was die am Ende übernimmt, wisse sie nicht. Mit so etwas könne sie sich jetzt aber auch nicht aufhalten, sagt sie. Es sei noch so viel zu tun.
Titelbild: Stefan Boes - copyright