Was Menschen in Afghanistan jetzt helfen könnte
Welche Möglichkeiten gibt es, von Deutschland aus zu unterstützen? Hier ist eine (unvollständige) Liste mit Anlaufstellen, Initiativen und Spendenmöglichkeiten.
»Bitte holt uns hier raus!« – seit Wochen flehen Afghan:innen ihre Verwandten und Bekannten im Ausland verzweifelt um Hilfe an. Nicht nur Menschen, die für die NATO als Übersetzer:innen oder in anderer Tätigkeiten gearbeitet haben, fürchten in diesen Tagen um ihr Leben.
Neben afghanischen Regierungsmitgliedern werden auch westliche Journalist:innen und Botschaftsmitarbeiter:innen evakuiert. Ein Privileg, das die wenigsten Afghan:innen haben.
Für so lange Zeit hat sich die Weltgemeinschaft kaum für die Situation in Afghanistan interessiert,
Dass die Taliban zu skrupellosem Vorgehen neigt, Frauen unterdrückt, Massaker an religiösen Minderheiten und Bombenanschläge verübte, darüber wurde in den letzten Jahrzehnten viel berichtet. Und genau vor dieser Brutalität fürchten sich nun viele.
In den meisten westlichen Medien gelten die Taliban allgemeinhin als »steinzeitliche« Dschihadisten. Solche Darstellungen verschleierten aber die Ursache, warum die Gruppierung heute immer noch so stark sei,
Die Taliban sollte als ein politisches Phänomen behandelt werden, das im Zuge jahrzehntelanger ausländischer Einmischung entstanden ist.
In der Außendarstellung hätten vor allem westliche Journalist:innen einen einseitigen Fokus gesetzt, meint auch unser Gastautor Emran Feroz in einem Artikel, den er kürzlich in »The American Prospect« veröffentlicht hat:
In sozialen Medien verurteilen viele Stimmen, dass sich die USA und ihre Verbündeten – zu denen auch Deutschland gehört – ihrer Verantwortung in Afghanistan entziehen würden. »Schämt euch! Sind wir nur Spielfiguren in euren Händen? Ich verstehe es nicht. Sie zerstören, was wir uns so mühsam aufgebaut haben«,
Auch bei der Evakuierung von Ortskräften hat sich die Bundesrepublik viel Bedenkzeit gelassen, die jetzt fehlt.
Doch bis politische Entscheidungen getroffen werden, vergeht kostbare Zeit. Wie können sich Afghan:innen selbst helfen und welche Möglichkeiten gibt es, von Deutschland aus zu unterstützen? Hier ist eine (unvollständige) Liste mit Anlaufstellen, Initiativen und Spendenmöglichkeiten:
- Die Regisseurin Ronja von Wurmb-Seibel hat einen Brief an Politiker:innen aufgesetzt, mit der Aufforderung, »den Menschen in Afghanistan umgehend und unbürokratisch zu helfen«. Ihr braucht nur noch unterschreiben und ihn abschicken. Hier findest du das Onlinedokument.
- Pro Asyl vermittelt Anwält:innen an Ortskräfte in englischer und deutscher Sprache.
- Afghanische Journalist:innen können sich an safety@womeninjournalism.org und an das Komitee zum Schutz von Journalisten werden unter emergencies@cpj.org und cpj_asia@cpj.org.
- Zusammen mit anderen Medienhäusern ruft die Zeit die Bundesregierung zu einem Visa-Notprogramm auf.
- In diesem Dokument werden Informationen zum Visumsverfahren für Kanada, Großbritannien, USA und europäische Staaten ständig aktualisiert.
- Die Künstlerin Moshtari Hilal weist über ihre Kanäle auf die Spendenaktion von Visions for Children e. V. für die mehr als 3,4 Millionen Binnenvertriebenen in Afghanistan hin. Außerdem gibt es eine Petition auf Change.org für sichere Fluchtwege aus Afghanistan.
- Die Journalistin Sham Jaff weist in ihrem wöchentlichen Newsletter »what happened last week?« auf Spendenmöglichkeiten hin. Außerdem empfiehlt sie diesen englischsprachigen Thread der UNESCO-Jugendbotschafterin Bushra Ebadi, die einige Aktionen gesammelt hat, mit denen Afghan:innen unterstützt werden können.
- Buchempfehlung: Wer sich mehr über die Situation der letzten 2 Jahrzehnte in Afghanistan informieren will, dem empfehle ich das Buch »Der längste Krieg« von Emran Feroz, das Ende August erscheint.
Hier findest du die beiden anderen aktuellen Dailys:
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