Trump vs. Demokratie: Wer hält länger durch?
3 ungewöhnliche Wochen sind vorbei, 4 ungewisse Jahre stehen noch bevor. Schafft Donald Trump die volle Distanz?
Gegenüber Donald J. Trump ist Joanne K. Rowling eine Anfängerin bei Twitter: Der US-Präsident zählt gut 24 Millionen Follower, die Harry-Potter-Schöpferin
3 Wochen Trump – und alles ist offen
Die Bücherverbrennung ist nur ein Beispiel unter vielen, wie hoch der Druck im Zauberkessel gerade ist: Es sind 3 Wochen vergangen, seitdem der New Yorker Immobilienunternehmer Donald Trump zum 45. Präsidenten der USA ernannt wurde. Die einen begrüßen das Tempo, in dem Trump die Vereinigten Staaten nach seinen Vorstellungen umbaut, die anderen fühlen sich in einen Albtraum versetzt. Die Welt ist in den vergangenen 3 Wochen noch politischer geworden – zu Trump hat jeder eine Meinung. Als dieser Text fertig wird, stehen in einer fortlaufenden
Dass die Mehrheit der Befragten mit dem Präsidenten unzufrieden ist, ist nach 3 Amtswochen recht
(Spoiler: Option 1 ist, dass Donald Trump im Januar 2021 auf den Stufen des Capitols den 46. Präsidenten begrüßt oder ebendort seine 2. Amtszeit beginnt.)
Macht Trump Amerika wieder groß?
Aktuell haben 43% der US-Amerikaner keinen Anlass, über ein Ende der gerade erst angebrochenen Amtszeit zu reden. Sie sind
Nüchtern betrachtet: Trump löst viele Wahlversprechen im Eiltempo ein. Dafür erntet er Lob von Teilen der US-Bevölkerung, aber auch von ausländischen Politikern wie dem CSU-Chef
Eine differenzierte
Herrschen per Dekret?
Dekrete halten einen Präsidenten gegen den Widerstand seiner politischen Gegner zwar handlungsfähig. Wenn Geld im Spiel ist, ist der Präsident jedoch immer auf die Zustimmung des Repräsentantenhauses angewiesen – es hat die Macht über den Haushalt. Diese Einschränkung ist Teil der »Checks and Balances«, die die Macht des Präsidenten kontrollieren und relativieren sollen. Donald Trump könnte herausfordern, wie effektiv diese Gewaltenteilung ist, wenn es hart auf hart kommt.
Anders als bei Gesetzen, die vom Kongress verabschiedet wurden, sind Dekrete an die Amtszeit des Präsidenten gekoppelt – und somit vom Wohlwollen des Nachfolgers abhängig. Deshalb kann Donald Trump gerade Teile von Barack Obamas Vermächtnis zum Einsturz bringen wie ein Kartenhaus. Die Executive Orders der ersten 3 Wochen Trump im
- Aus für »Obamacare«: Kaum vereidigt, befahl Donald Trump per Executive Order, ein Konzept zu entwickeln, das die staatliche Krankenversicherung seines Vorgängers ersetzen soll. Mit der Umsetzung ist jedoch nicht vor 2018 zu rechnen – und auch dann müssen die Kosten vom Kongress abgesegnet werden.
- Infrastruktur-Projekte: Trumps zweites Dekret ist halb Konjunkturprogramm, halb Investitionsprogramm. Im Wesentlichen stattet es Entscheidungsträger zum Beispiel mit den Vollmachten aus, neue Straßen schneller zu
- Mauerbau zu Mexiko: Eines der gewaltigsten Wahlkampfversprechen Trumps war die Mauer an der Grenze zu Mexiko. Per Dekret angeordnet, muss der Kongress jedoch erst die Finanzierung absegnen – und fällt somit die Entscheidung über das gesamte Vorhaben.
- Ausweisung illegaler Einwanderer: Hinter dem Titel »Erhöhen der Sicherheit im Inneren der USA« verbirgt sich im Wesentlichen die Forderung, Städte sollten ihre Bewohner ohne gültigen Aufenthaltsstatus
- Einwanderungs-Stopp aus 7 Ländern: Bisher hat keine Maßnahme so viel Wirbel verursacht wie dieses Dekret: Menschen aus
- Erschwerung von Lobbyarbeit: Es ist nicht unüblich, dass Präsidenten eine Art Amtseid vorgeben, zu dem sich neu eingestellte Staatsbedienstete bekennen müssen. Besonders hob Trump die Passage hervor, die die Annahme von Gefälligkeiten der Lobbyisten untersagt.
- Bürokratieabbau: Gefühlt gibt es immer mehr Vorschriften – also hat Donald Trump verfügt:
- Deregulierung des Finanzmarkts: Nachdem Barack Obama infolge der Finanzkrise 2008 die Wall Street an die kurze Leine gelegt hat, will Trump die Finanzmärkte nun wieder entfesseln.
Zusätzlich zu diesen 8 Dekreten hat Donald Trump in seinen ersten 3 Amtswochen weitere 12
Trump bewegt viel – seine Gegner sind viele
Faulheit dürfte Trump nach den ersten 3 Wochen niemand vorwerfen. Seine zahlreichen Aktionen gehen allerdings einem großen Teil der Bevölkerung in die falsche Richtung. Ebenso seine Personalentscheidungen: Gegen den designierten neuen Supreme-Court-Richter Neil Gorsuch wird
Der Protest gegen den frisch ernannten Präsidenten begann am Tag nach Trumps Amtseinführung mit dem
In den vergangenen Tagen zählten
Die Macht der Straße
Noch ist nicht abzusehen, ob sie das Momentum, das die Proteste dieser Tage beflügelt, dauerhaft halten können oder ob nicht doch ein Gewöhnungseffekt eintreten wird.
Wie groß die Durchschlagskraft von leidenschaftlichen Demonstrationen ist, konnte man vor ein paar Tagen in Rumänien beobachten:
Allerdings bezogen sich die erfolgreichen rumänischen Proteste nur auf ein Thema (nämlich Korruption) und arbeiteten auf ein konkretes, erreichbares Ziel hin (nämlich den Stopp eines einzigen Gesetzes). Eine demokratisch gewählte Regierung zu stoppen, weil deren Politik fundamental aneckt, ist eine ganz andere Dimension. Das heißt, dieser Protest benötigt auch einen höheren Organisationsgrad und viel mehr Ausdauer. Wie einer Protestbewegung langsam der Atem ausgeht, ist aktuell in Polen zu beobachten: Hier demonstrierten im Herbst noch Hunderttausende gegen die regierende PiS-Partei von Jarosław Kaczyński –
Natürlich kann auch die polnische Protestbewegung wieder an Fahrt gewinnen. Die Stimmung in der Bevölkerung, in Polen wie in den USA, zeichnet gemeinsam mit den Medien den Handlungsrahmen, in dem sich die Regierenden bewegen dürfen. Ein demokratisch gewählter Politiker setzt seine Macht aufs Spiel, wenn er sich unbeeindruckt gibt gegenüber einer starken Protestbewegung.
Gerne, @HPFriedrichCSU. Diese Leute nennt man Demonstranten und Demonstrantinnen. S. a. Art. 8 des GG. Bei weiteren Fragen einfach melden.
— Daniel Lambach (@daniellambach) 22. Januar 2017
Eine solche Bewegung steht und fällt mit ihren charismatischen Anführern – den Trump-Gegnern kommt zugute, dass sie Schauspieler wie
Ich denke, in [Trumps] Kopf wird der Erfolg sich an Umfragewerten orientieren. Wenn sie weiter niedrig sind oder weiter sinken, wird jemand dafür Verantwortung übernehmen müssen.
Gerade halten die Hardliner im Beraterstab des Präsidenten das Heft in der Hand: Stephen Bannon ist einflussreicher denn je; mit Trumps Schwiegersohn Jared Kushner, der als gemäßigte Stimme im Weißen Haus gilt,
Wie soll das nur enden?
Dass Trump nach einem gröberen Fehler selbst Verantwortung übernehmen und freiwillig zurücktreten würde, wäre eine riesige Überraschung. Wahrscheinlicher ist, dass er die Macht behalten will, bis sie ihm genommen wird.
- Reguläre Wahlen: Neben den anhaltenden Twitter-Tiraden des Heißsporns Trump klingt diese Option geradezu langweilig: Donald Trump regiert 4 Jahre die Vereinigten Staaten und stellt sich 2020 einer Wiederwahl (unwahrscheinlicher ist, dass anstatt eines erfolgreichen Präsidenten Trump die Republikaner einen anderen Kandidaten aufstellen). Je nach Ausgang der Wahl würde Trump im Januar 2021 eine 2. Amtszeit beginnen oder die Geschäfte auf den Stufen des Capitols an seinen Nachfolger übergeben.
Auch wenn viele Leitartikel den Niedergang der Demokratie in den USA voraussehen: Diese Option ist die wahrscheinlichste. - Amtsenthebungsverfahren: Das sogenannte Impeachment ist das realistischste politische Instrument, mit dem ein US-Präsident des Amtes enthoben werden kann. Beide Kammern – also der Senat und das Abgeordnetenhaus – müssen zustimmen; die erforderliche Begründung ist mit »Landesverrat, Bestechung oder andere schwere Verbrechen« recht weit gefasst.
Geklappt hat das in der Geschichte noch nie: Der Demokrat Andrew Johnson, unter Druck geraten wegen einer Minister-Entlassung, entging seiner Amtsenthebung 1868 mit einer einzigen Stimme. Als Bill Clintons Gegner 1998 versuchten, den Präsidenten wegen der Lewinsky-Affäre zu Fall zu bringen, scheiterte ein Impeachment wegen Meineid im Senat. Richard Nixon entging in der Watergate-Affäre 1974 einem Impeachment, indem er freiwillig zurücktrat.
In Donald Trumps Fall ist ein Impeachment politisch erst ab 2018 denkbar: Zumindest bis zu den »Mid Term«-Wahlen halten die Republikaner komfortable Mehrheiten in beiden Kammern. Gewählt wird vor allem in republikanisch dominierten Gegenden. - Sturz durch den Vizepräsidenten: Ein Präsident kann vorübergehend oder dauerhaft außerstande sein, die Amtsgeschäfte zu führen – zum Beispiel wenn er operiert wird. George W. Bush kam 2 Mal in diese Situation, als er sich Darmspiegelungen unterziehen musste. Er übertrug seine Macht jeweils für wenige Stunden auf den Vizepräsidenten und nutzte dazu den 25. Zusatz der Verfassung. Dieser regelt, dass die Macht bei Amtsunfähigkeit auf den Vizepräsidenten übergeht. Der Präsident kann sich jederzeit darauf berufen, für Außenstehende liegen die Hürden höher: Eine Erkrankung müsste bescheinigt werden – es gibt
Bevor er den 25. Zusatz fürchten muss, müsste Donald Trump sicher mehr politischen Schaden anrichten, als es mit ein paar Tweets und Dekreten möglich wäre. Es kommt jedoch auch auf den Machthunger seines Stellvertreters Mike Pence an – und auf dessen Talent, Intrigen zu spinnen. - Militärputsch: Rosa Brooks führt einen Putsch in ihrem Gedankenspiel als eine Option auf, »die ich bis vor Kurzem in den USA noch für undenkbar hielt.« Aber was, wenn Trump dem Militär Befehle gibt, die dem Land klar schaden?
Ein militärischer Fehler ist verzeihlich, eine einzelne Aussage noch keine politische Strategie – ein Militärputsch bleibt, als ultima ratio, extrem unwahrscheinlich. Aber wenn es hart auf hart kommt, erinnert Rosa Brooks, gelte noch immer: »Die Offiziere des Militärs schwören, die Verfassung der Vereinigten Staaten zu schützen und zu verteidigen – nicht den Präsidenten.«
Quo vadis, Amerika?
Donald Trump ist vom amerikanischen Volk, der Verfassung und dem Wahlrecht dazu legitimiert, bis Januar 2021 als Präsident aus dem Weißen Haus zu regieren – das ist bis auf Weiteres so gesetzt. Aber auch seine Macht hat Grenzen: Je mehr Menschen er gegen sich aufbringt, desto dringender muss sich die republikanische Partei fragen, wie bedingungslos ihre Unterstützung sein soll. Am Ende kann auch ein Donald Trump an den »Checks & Balances« scheitern und auf 2 legale Weisen seines Amts enthoben oder sogar vom Militär aus dem Amt geputscht werden. Aber bevor diese Mechanismen in Betracht kommen, muss er einige schwere Fehler begehen oder die öffentliche Zustimmung muss weit unter die aktuellen 43% sinken.
Diese Prozentzahlen ändern sich stetig – jedes Dekret und jeder Tweet hat Einfluss auf die öffentliche Meinung. Unter Donald Trump können die US-Amerikaner beweisen, dass Demokratie vor allem das ausmacht, was zwischen den Wahlen passiert.
Titelbild: Pete Marovich/ picture alliance/AdMedia - copyright