Warum es jetzt Zeit ist, dich von Meta zu befreien
9 Argumente, dem Megakonzern und seinen Produkten genau jetzt den Rücken zu kehren.
Hand aufs Herz, hast du noch einen Account bei Facebook?
Dann richtet sich dieser Artikel genau an dich. Dieser Text wird dich hoffentlich davon überzeugen, dem Unternehmen und seinen Plattformen den Rücken zu kehren. Wenn du die aktuellen Skandale und Enthüllungen um das Unternehmen bisher nur verwirrend fandest, wirst du in den nächsten Minuten mächtig empört sein. Denn was Whistleblower:innen ans Licht zerrten, zeigt: Facebook richtet weltweit Schaden an. Und das weiß die Chefetage dort sehr wohl. Sie macht trotzdem weiter wie bisher – und versucht das alles mit einem Namenstrick von sich abperlen zu lassen.
Das bedeuten die Facebook-Files genau:
Bist du sicher? Denn auch Whatsapp und Instagram gehören zum Konzern und sind extrem weit verbreitet.
Das bedeuten die Facebook-Files genau:
1. Meta hat viel Macht und die lässt sich missbrauchen
Also ist Facebook nicht nur irgendeine Marke – sondern überall präsent und sehr mächtig. Und gerade so mächtige Unternehmen sollten an hohen Maßstäben gemessen werden. Denn ihre Macht lässt sich leicht missbrauchen.
2. Das Geschäftsmodell heißt »Datenkrake« und ist nutzer:innenfeindlich
Ja, Instagram ist auch Facebook. Beide Systeme teilen dasselbe Werbesystem für Unternehmen und gehören zum Konzern Meta.
So sind Facebook und Instagram darauf ausgelegt, dass Nutzer:innen möglichst viele Informationen von sich preisgeben. Gruppen, Interessen, Freunde, Onlineverhalten – wer eifrig mitmacht, wird online nahezu gläsern. Zusätzlich verlangt die Anwendung auf dem Smartphone Zugriff auf Kamera und Mikrofon und liest über den berüchtigten »Facebook-Pixel« auf anderen Websites mit, was Besitzer:innen eines Facebook-Accounts dort tun. Dieses sogenannte Tracking-Tool ermöglicht etwa, aus der Liste abgerufener Websites Rückschlüsse darauf zu ziehen, was die Nutzer:innen Facebook selbst nicht verraten – etwa Weltanschauungen oder Gesundheitsdaten.
Nun könnte man argumentieren, dass das ja jede:r weiß und die Daten freiwillig preisgibt. Doch das Unternehmen verschleiert, welche Informationen es genau sammelt und wie es funktioniert. Und es setzt auf den Druck des eigenen Systems und deiner Bekannten. Besonders perfide wird das mitten in einer Pandemie, wenn Menschen sozial isoliert sind und sich nach zwischenmenschlicher Interaktion sehnen.
Facebook ist eine Datenkrake und Menschen veräußern dort ihr Privatleben für das Gefühl von Zwischenmenschlichkeit. Ein ehrlicherer Slogan wäre: »Hier wirst du mehr durchleuchtet, als du ahnst.«
3. Facebook und Instagram sind sehr wahrscheinlich schädlich für die psychische Gesundheit
Sind Menschen glücklicher, weil sie sich auf sozialen Netzwerken verbinden?
Immer mehr Studien sagen: nein. Denn es geht dem Konzern nur darum, Menschen möglichst häufig und lange bei den eigenen Inhalten zu halten – damit mehr Werbung ausgespielt werden kann.
Und es macht etwas mit den Menschen, die – von einem ausgefeilten System verführt – ständig auf den Netzwerken unterwegs sind und mit gestellten Urlaubsfotos und Heile-Welt-Bildern überschüttet werden. Diese sorgen für einen hohen Vergleichsdruck, Neid und Unzufriedenheit und können gar zu Depressionen und digitalem Burn-out führen. Eine aktuelle Studie untersuchte das Nutzungsverhalten von Teenager:innen auf Instagram und fand heraus, dass 33% der Befragten durch die Nutzung des Dienstes negativer über den eigenen Körper dachten und sich schlechter fühlten. So werden vor allem
Neu ist das nicht und es betrifft auch nicht nur Frauen. Der ehemalige Facebook-Manager Chamath Palihapitiya ging bereits 2017 an die Öffentlichkeit und warnte vor den Folgen der von ihm mitgeschaffenen sozialen Netzwerke:
Ich fühle mich enorm schuldig. […] Diese kurzzeitigen, Dopamin-gesteuerten Feedbackschleifen, die wir geschaffen haben, zerstören, wie unsere Gesellschaft funktioniert.
Die Untersuchung oben ist nur eine von vielen der letzten Jahre, die einen Zusammenhang zwischen psychischer Gesundheit und intensiver Nutzung von sozialen Medien herstellen.
4. Facebook ist ein Hotspot für Desinformation
Hast du dich schon mal gefragt, woher all die Lügen im Netz kommen?
Einen Hinweis liefert die
Mark Zuckerberg versprach, dagegen vorzugehen –
Ein zentraler Grund ist die Angst des Konzerns, sich mit einflussreichen Personen anzulegen. Obwohl die 12 Desinformant:innen mehrfach gegen Nutzungsbedingungen verstoßen haben, lassen Facebook und Instagram sie weiterhin gewähren. Der Konzern hat Angst vor Imageschäden und erteilt »allen Promis und Influencern einen Freibrief«, sagt die ehemalige Facebook-Mitarbeiterin und Whistleblowerin Frances Haugen.
Der Kampf gegen Desinformationen scheitert auch daran, dass Facebook millionenfach wegsieht – und auch daran, dass jedes Vorgehen dagegen dem Unternehmen schadet. Denn Desinformationen erzeugen hohes Engagement, und nur darum geht es wirtschaftlich.
5. Facebook lässt sich von Regimen missbrauchen, Menschen in die Irre zu führen
Hast du vielleicht schon mal gehört, auf Facebook würden Wahlen manipuliert?
Nachdem ihr von Facebook gekündigt worden war, ging sie an die Öffentlichkeit. Neuere Enthüllungen und Recherchen stützen ihre Geschichte. Ein Kernproblem besteht darin, dass der Konzern seine Produkte zwar global anbietet, aber intern vor allem in den USA und Europa und auf Englisch arbeitet. Das macht es schwer, trotz Unterstützung durch hochmoderne künstliche Intelligenz die politische
- Myanmar: Bereits 2017 warnten Expert:innen, dass Facebook in Myanmar von Aufrufen zu Gewalt gegen muslimische Minderheiten geflutet wird – vor allem aus dem Umfeld des Militärs. Dies geschah zu einer Zeit, als bereits 700.000 Muslime ins angrenzende Bangladesch geflohen und
- Indien: Der Subkontinent ist für Facebook ein wichtiger Markt. Bis heute hat kein anderes Land so viele Nutzer:innen. Deshalb war der Konzern besonders vorsichtig, Inhalte dort zu moderieren. Doch dem Unternehmen wurde 2019 von Analyst:innen vor Ort von »Gerüchten und Aufrufen zur Gewalt« berichtet und es wurde darauf hingewiesen, dass die schwache Moderation seine Plattformen anfällig für Missbrauch machte. Die einzige Reaktion darauf wurde nun aus Enthüllungen bekannt: Es wurden Dutzende Forscher:innen geschickt, um mit Nutzer:innen über ihre
Facebook greift nur zögerlich zum Schutz von Minderheiten ein – auch weil zu wenig Mitarbeiter:innen in Krisenteams arbeiten, die die Lage vor Ort kennen und die Sprache sprechen. Damit bietet es sich für Desinformationen und Hetze geradezu an.
6. Facebooks Inkompetenz und Intransparenz haben System
Wieso handelt einer der mächtigsten Konzerne der Welt dann nicht bei solchen Vorwürfen? Die Antwort lautet: Er handelt – nur eben nicht hilfreich.
- 2018 stand der Konzern im Zentrum eines Datenschutzskandals ungeahnten Ausmaßes. Das Unternehmen Cambridge Analytica gelangte über eine fadenscheinige
- Anfang 2021 gab der Konzern stolz an, in den vergangenen Jahren über 25,7 Millionen Inhalte, die unter Kindesmissbrauch fallen, entfernt zu haben. Das klingt viel und nach der Null-Toleranz-Politik gegen solche Inhalte, die Facebook in der Vergangenheit immer wieder betont hatte. Doch ein Whistleblower verriet nun unter Eid der US Securities and Exchange Commission (SEC), dass sich Facebook des Ausmaßes des Problems gar nicht bewusst sei und bei internen Meetings dazu stets die Frage »Was ist der Profit für uns?« gestellt wurde.
- Im Herbst 2021 reagierte Facebook auf die Enthüllungen von Francis Haugen intern damit, dass bestimmte Arbeitsbereiche um »Integrität« innerhalb des Konzerns abgeschirmt wurden. Dies sollte weitere Enthüllungen verhindern. Mitarbeiter:innen kritisierten den Schritt als schädlich für die Unternehmenskultur –
Das Unternehmen ist entweder permanent überfordert oder hat schlicht kein Interesse daran, sich zu ändern – bis es durch öffentlichen Druck reagieren muss.
7. Facebooks Chefetage weiß Bescheid und versucht, Probleme unter den Teppich zu kehren
Facebooks CEO erzählt bei jeder Gelegenheit, dass sein Unternehmen eine »Kraft für das soziale Wohl« in der Welt ist. Das Problem daran ist:
Sie wandte sich mit ihren gesammelten Informationen und Einsichten im September 2021 an das Wall Street Journal und veröffentlichte die Studie.
So plante Mark Zuckerberg trotz der Instagram-Untersuchung eine Version für Kinder ab 10 Jahren.
Und Facebook profitiert von polarisierenden Inhalten und auch von Inhalten, die aufregen und Wut bis Hass erzeugen. Um der Kritik zu entgehen, änderte das Unternehmen kurz vor der US-Wahl 2020 die Algorithmen – und stellte sie danach wieder her.
Das Verhalten passt zu anderen Verschleierungen des Konzerns. So geht der US-Kongress derzeit davon aus,
Facebook ist vor allem daran interessiert, nach außen hin gut dazustehen. Alles andere – auch soziale Verantwortung – kommt später.
8. Mark Zuckerberg hält uns für dumm
Kommen wir zu den Reaktionen des Konzerns auf das alles. Denn die Skandale dürften dem Namen und der Marke Facebook durchaus schaden.
Trotzdem reicht der Messenger natürlich die
Doch offenbar reicht das noch nicht. Um »Nutzer:innen entgegenzukommen« und offenbar um zu demonstrieren, dass man auf Kritik reagiert, schaltet Facebook die seit 2010 betriebene
Fehler zugeben, Verantwortung übernehmen, Aufarbeitung und echte Besserung sehen anders aus.
9. Die Meta-Pläne zeigen nur, dass sich das Unternehmen unersetzbar machen will
Okay, Facebook heißt jetzt Meta. Steckt noch mehr dahinter?
Ja. Mark Zuckerberg hatte schon immer große Pläne für sein Unternehmen. Die neuen Ankündigungen sind da keine Ausnahme. Das »Metaverse« ist so eine. Es soll das Internet revolutionieren und die erste virtuelle Welt der Menschheitsgeschichte sein. Digitale Avatare sollen die eigenen Gesichter bei Meetings ersetzen und sich in einer 3D-Umgebung bewegen können. Was nach einer aufgewärmten Vision von Computerspielen wie Second Life klingt, meint Facebook sehr ernst und will damit die Zukunft gestalten: ein 3-dimensionaler, virtueller, ständig verfügbarer Cyberspace, in den wir uns jederzeit einloggen können.
Beobachter:innen sind skeptisch, denn das klingt allein aufgrund der notwendigen Technik (die es noch nicht gibt) nach ferner Zukunftsmusik.
Die Wahrheit ist: Eigentlich geht es hier nicht um die Zukunft, sondern um wirtschaftliche Vorherrschaft. Auch Microsoft arbeitet an ähnlichen Ideen. Und wäre Meta schneller, könnte es möglicherweise noch mehr Menschen erreichen und noch mehr Profit machen. Dabei ist jedes Wachstum auch eine Absicherung gegen jegliche Kritik.
Mark Zuckerberg verspricht wie immer die schöne neue Netzwelt und meint dabei eigentlich seine eigene Marktmacht.
Die entscheidende Frage ist: Was wollen wir durchgehen lassen?
»Facebook wird sich nicht ändern, außer es wird dazu gezwungen.« Dies sagte Whistleblowerin Francis Haugen seit ihren Enthüllungen in vielen Interviews. Und tatsächlich scheint sie recht zu behalten.
Die Frage, die sich nun jede:r stellen muss: Ist das etwas, was du unterstützen willst? Für einen Blick auf die Urlaubsfotos von Menschen, mit denen du offline nicht mal sprechen möchtest? Für das vage Gefühl, dazuzugehören?
Die Frage steht unabhängig von der Politik, die Facebook nun stärker unter die Lupe nimmt. Es ist im Kern eine moralische Frage. Denn jede:r von uns bestimmt auch mit seinem Geld und seinen Daten, in welcher Welt wir leben wollen – und welche Konzerne Macht über uns haben.
Mit Illustrationen von Mirella Kahnert für Perspective Daily