So wappnet uns die Zauberkunst gegen Fake News
Um uns vor Augen zu führen, wie leicht sich unser Hirn täuschen lässt, empfiehlt Gastautor Markus Neuenschwander etwas Unkonventionelles: den Besuch in einer Zaubershow.
Im September 2020, mitten in der Covid-19-Pandemie, begann im Internet das Gerücht zu kursieren, in Deutschland seien mehrere Kinder wegen dem Tragen von Gesichtsmasken gestorben. Auslöser waren die tragischen Todesfälle eines Mädchens in Hannover und eines Jungen in Ostfriesland, die beide nicht im Zusammenhang mit Covid-19 standen und nachweislich nichts mit dem Tragen von Masken zu tun hatten. Auch zwei weitere angebliche Todesfälle durch Masken – einer in Schweinfurt und einer in Wiesbaden – waren Fake-Informationen. Das Gerücht war schnell widerlegt; doch wer im Internet »recherchierte«, stieß noch lange auf die Falschmeldungen, und wer sie in seiner subjektiven Wirklichkeit durch »eigenständiges Denken« für wahr hielt, verbreitete sie weiter.
Wir Menschen lassen uns alle leicht in eine subjektive Wirklichkeit entführen. Hast du schon einmal eine gute Zaubershow besucht? Dort kannst du Dinge erleben, die völlig unmöglich erscheinen, hinter denen sich tatsächlich auch eine andere, reale Wirklichkeit verbirgt.
Im Jahr 1856 trat der damals berühmteste Zauberkünstler Frankreichs, Jean Eugène Robert-Houdin, in Algier mit einem Programm auf, das in die Geschichte eingegangen ist. In Algerien formierte sich Widerstand gegen die französischen Besatzer. Auch die »Marabous« – islamische Geistliche, die angeblich über Zauberkräfte verfügten – bildeten eine Widerstandszelle. Wie ließe sich die Autorität der Marabous brechen? Robert-Houdin wollte der algerischen Bevölkerung vorführen, dass ein französischer Zauberer eine noch viel größere Zauberkraft habe als ein Marabou!
Titelbild: Miriam Espacio - copyright