Hauptsache, raus aus der EU – und jetzt?
Die Parteien führungslos, die Wirtschaft besorgt, das Volk zerstritten – nach dem Brexit-Referendum ist Großbritannien immer noch im Krisenmodus. Das »Leave«-Lager muss jetzt das Volk einen und den Neuanfang wagen.
Eigentlich ist Katy Reshna die typische liberale Londonerin. Weltoffen, gebildet und multikulturell. Die 30-Jährige stammt aus einer indischen Familie, wählt Labour, hat als Menschenrechtlerin gearbeitet, die halbe Welt bereist und war kürzlich auf der Homosexuellenparade »Pride«. Ihren Hals ziert ein Tattoo mit dem Schriftzug »Ein Gott« auf Sanskrit, das die Einheit aller Menschen symbolisieren soll. Gerade fängt sie einen neuen Job bei einer kleinen TV-Produktionsfirma an, wo sie über sozial benachteiligte Kinder berichten möchte. Statistisch gesehen ist die Journalistin Katy Reshna, die
Trotzdem hat sie am 23. Juni ihr Kreuz bei »Leave« gemacht. »Wenn alle Experten sagen, dass ein EU-Austritt schlecht für die Wirtschaft ist, warum hat die Regierung dann überhaupt ein Referendum abhalten lassen?«, fragt sie. Tatsächlich hatte der pro-europäische Premier David Cameron den Verbleib nie in Gefahr gewähnt, als er das Referendum angesetzt hatte. Es sollte ein Befreiungsschlag sein, um die parteiinternen EU-Skeptiker zum Schweigen zu bringen. Dieser Schlag misslang gründlich. »Die Politiker sind damit beschäftigt, sich gegenseitig zu bekämpfen, anstatt die Interessen des Volkes zu vertreten«, sagt Katy Reshna. Das zeige nur, dass sie unfähig seien, Großbritannien bei weiteren Verhandlungen zu repräsentieren und das Land zu leiten.
Titelbild: Frankieleon - CC BY 3.0