Wir haben die Kinder im Stich gelassen. Jetzt starten sie eine Bewegung
Die Pandemie belastet Kinder und Jugendliche, das ist lange klar. Passiert ist trotzdem wenig. Jetzt begehren die Schüler:innen auf. Was muss sich ändern?
»Es läuft ganz gut«, sagt Anjo Genow, als er uns aus der Berliner S-Bahn anruft. Es ist Donnerstagmorgen, gleich hat der 17-Jährige einen wichtigen Termin. Er ist mit Katrin Göring-Eckardt und Ricarda Lang von den Grünen verabredet, um über die aktuelle Situation an den Schulen zu sprechen. Ein paar Minuten hat er noch. Zum Glück ist die Handyverbindung stabil, seine Forderungen sind klar zu vernehmen: ein ehrlicher Diskurs über die Lage der Schüler:innen, besserer Infektionsschutz, weniger Leistungsdruck, mehr schulpsychologisches Personal, keine Schulschließungen, Bildungspflicht statt Präsenzpflicht, mit besseren digitalen Lernmöglichkeiten, mehr Notbetreuung, kleineren Lerngruppen. »Wir brauchen jetzt Tempo«, sagt er.
Anjo Genow ist Schulsprecher des Otto-Nagel-Gymnasiums in Berlin und Initiator von #WirWerdenLaut, einer Gruppe von Schulsprecher:innen aus ganz Deutschland.
Darin schreiben sie:
Wir Kinder und Jugendliche erdulden die Pandemie und die mit ihr einhergehenden Einschränkungen seit fast zwei Jahren. Wir halten uns gewissenhaft an die auferlegten Maßnahmen, um uns und andere zu schützen. Doch die Situation an unseren Schulen ist nach zwei Jahren unerträglich geworden.
Dass es gerade gut läuft für die Gruppe, hat weniger mit Verbesserungen an den Schulen zu tun. Im Gegenteil. Der Erfolg besteht darin, dass endlich gesehen wird, dass die Lage nicht mehr auszuhalten ist und sich die Kinder und Jugendlichen im Stich gelassen fühlen. Nach über 2 Jahren Pandemie scheint es, als rückten die Interessen junger Menschen endlich in den Blick von Politik und Öffentlichkeit.
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