Warum Frankreich Macron nicht leiden kann – und wie das die Linke für sich nutzen will
Besonders Linkswähler:innen tun sich schwer mit einem ehemaligen Investmentbanker als Präsidenten – dennoch haben viele für Emmanuel Macron gestimmt. Was ist los in Frankreich?
Emmanuel Macron schreitet langsam Richtung Eiffelturm, begleitet von seiner Frau Brigitte und mehreren Kindern. Es ist der Tag der Stichwahl im Rennen um das französische Präsidentenamt. Alles wirkt bis ins kleinste Detail inszeniert. Lichtstrahler tanzen im Hintergrund, ein Streichorchester spielt die
»So ein Clown«, ruft eine Frau mit verächtlichem Blick auf den Fernseher. Laute Buhrufe erfüllen die Bar. Vereinzelt lachen Leute. Viele der Besucher:innen, die hier gemeinsam die Präsidentschaftswahl verfolgen, haben in der zweiten
Auch Daniel, einer der Besitzer der Bar Commun, hat Emmanuel Macron gewählt; allerdings mit großen Bauchschmerzen, wie er sagt.
Der 40-Jährige hat das Kollektiv »Bar Commun« gemeinsam mit Freund:innen im Norden von Paris unweit vom Montmartre eröffnet. Er wollte einen Ort der Begegnung schaffen, zu politischen Debatten ermutigen und ein echtes Zusammenleben ermöglichen. Auf einer kleinen Bühne veranstalten sie Filmvorführungen, Diskussionsabende, Karaoke oder eben wie heute Wahlpartys. Dass die Werte der Bar im linken Spektrum lägen, darauf weise bereits der Name hin, der übersetzt »Kollektiv-Bar« bedeutet.
Ein Bier kostet hier 2 Euro. Normalerweise bezahlt man in der französischen Hauptstadt dafür eher 5–6 Euro. Das ist ein weiteres Ziel der Gründer:innen: Getränke für alle Einkommensklassen erschwinglich zu machen.
In Bezug auf den neuen und alten Präsidenten sagt Daniel: »Macron ist ein Neoliberaler. Er agiert weder ökologisch noch sozial. Trotzdem habe ich ihn in der zweiten Runde gewählt. Die Alternative wäre schlimmer gewesen.«

Im Ausland wird Frankreichs neuer und alter Präsident häufig als Verfechter progressiver Werte gesehen. In seinem Heimatland gilt er vor allem als wirtschaftsliberal und abgehoben. Ich bin in Frankreichs linke Szene eingetaucht, um herauszufinden, warum so viele Franzosen und Französinnen ein Problem mit ihrem Präsidenten haben und ob das Wahlverhalten unserer Nachbar:innen auch Trends in anderen Ländern erklären kann.
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