Ein Land ohne Gefängnisse: Kann das funktionieren?
Ein ehemaliger Gefängnisdirektor und ein Ex-Häftling machen gemeinsame Sache. Unsere Autorin hat mit dem ungewöhnlichen Duo gesprochen – und einen Ort besucht, der sie beide geprägt hat.
»Strafgevangenis A° MDCCCCI«. In goldenen Buchstaben steht es über dem Haupteingang des ehemaligen Gefängnisses in der niederländischen Stadt Haarlem, dank seines gigantischen Kuppeldachs eines der bekanntesten Bauwerke der Stadt.
Beim Betreten des ringförmigen Gebäudes geht der Blick beinahe automatisch nach oben. Es ist ein beeindruckender Anblick: Von der Kuppel bis zum Keller, in dem sich seit 2022 ein Kino befindet, erstrecken sich knapp 43 Meter. Sonnenlicht strömt durch die Fenster des gewölbten Daches. Im Innenraum steht eine 3-stöckige Stahl-Glas-Konstruktion, die Platz für offene Büros, eine Hochschule, ein Café, ein Fotostudio und Ausstellungsräume bietet.
»De Koepel« – wie das ehemalige Gefängnis von Stadtbewohner:innen genannt wird – ist ein heller, freundlicher Ort, der zum Verweilen einlädt. Studierende arbeiten in Kleingruppen an ihren Laptops, Kinobesucher:innen laufen ein und aus, Baristas brühen Kaffee. Nur die mit Metallstangen versehenen ehemaligen Zellfenster sowie die in schwarzer Farbe an die Wand gemalten Zellnummern erinnern daran, dass dieser offene Raum einmal eine geschlossene Festung war.
Ohrenbetäubender Lärm und ständige Überwachung
Was besonders auffällt: Dank guter Schalldämmung ist es in dem großen Innenraum trotz eines Durchmessers von rund 60 Metern ruhig. Kaum zu vergleichen ist die Stille mit dem
Titelbild: Lena Bäunker - copyright