»Solange wir Menschen in graue Gebäude wegsperren, gibt es auch keine Gerechtigkeit!«
Gefängnisse durch betreute Wohnhäuser ersetzen: Dafür kämpft Veronique Aicha in den Niederlanden. Ein Gespräch über Gerechtigkeit und Pragmatismus
Stell dir eine Gesellschaft ohne Gefängnisse vor. Niemand sitzt mehr hinter Gittern. Das Urteil lebenslänglich gehört der Vergangenheit an. Wenn jemand eine Straftat begeht, prüft ein:e Richter:in nicht nur, was geschehen ist, sondern auch, in welchem sozialen Kontext die Person aufgewachsen ist. Auf welche Schule ist sie gegangen? In welchem Viertel lebt sie? Je nachdem wie die Antworten ausfallen, wird die straffällige Person in ein Wohnhaus mit einer geeigneten Sicherheits- und Betreuungsstufe geschickt. Hier lernen sie, einen anderen Lebensweg einzuschlagen. Wenn die von Richter:innen verhängten Maßnahmen dies zulassen, darf die Person im Supermarkt um die Ecke einkaufen gehen, Sport im Fitnessstudio treiben und sogar einem Beruf nachgehen.
Viele Menschen empfinden diese Vorstellung als unmöglich.
Wir sind so sehr daran gewöhnt, dass Kriminalitätsprobleme mit Gefängnissen gelöst werden, dass wir uns Alternativen häufig nicht mehr vorstellen können. Doch Justizreformer:innen in aller Welt zeigen, dass eine Gesellschaft ohne Gefängnisse nicht nur erstrebenswert, sondern auch umsetzbar ist. Veronique Aicha ist eine davon. Sie ist die Koordinatorin der niederländischen Fraktion von
Über Veronique Aicha
Veronique Aicha ist die Landeskoordinatorin der niederländischen Fraktion von RESCALED. Sie ist zudem die Co-Geschäftsführerin von Restorative Justice Netherlands, einem Innovations- und Wissenszentrum für restaurative Justiz. Zuvor arbeitete sie in den Balkanländern Albanien, Kosovo und Nordmazedonien für Menschenrechtsorganisationen.
Titelbild: Veronique Aicha - copyright