Ist es unmoralisch, wenn du andere für dich putzen lässt?
Diese Frau kennt die Antwort. Sie will saubere Verhältnisse in einer schmutzigen Branche schaffen.
6. September 2022
– 13 Minuten
Katharina Florian
Toiletten putzen, staubsaugen, den Boden wischen, auf dem sich schon wieder einiges angesammelt hat. Der Müll müsste auch noch runtergebracht werden – aber was hat sich da am Grund des Eimers für eine unappetitliche Suppe gesammelt?!
Mit diesen Fragen und Tätigkeiten beschäftigen sich wohl die wenigsten richtig gerne. Und doch ist klar, dass irgendjemand genau das machen muss.
Umso erstaunlicher ist es, dass diejenigen, die diese Arbeit professionell erledigen, wenig Wertschätzung erfahren. Das zeigt sich bei der Bezahlung ebenso wie bei der Unsicherheit der Jobs. Die sind oft entweder befristet oder gar nicht erst angemeldet – so veröffentlichte das Institut der deutschen Wirtschaft im Jahr 2019 einen Bericht, dem zufolge .
Die Berlinerin Katharina Florian möchte daran etwas ändern. Sie hat ihre eigene Putzfirma gegründet.
Mit verfolgt sie einen ökologischen und sozialen Ansatz. Typisch für die Branche: Alle beschäftigten Putzkräfte haben eine Migrationsgeschichte. Untypisch: Alle arbeiten in Festanstellung und in 30 Stunden die Woche. Dafür gibt es 1.950 Euro Bruttogehalt und ein Ticket für den öffentlichen Nahverkehr. Anfahrtswege fallen in die Arbeitszeit, eine betriebliche Altersvorsorge ist in Planung. Was das auch bedeutet: Höhere Kosten für diejenigen, die zu Hause nicht selbst putzen wollen oder können – zumindest im Vergleich zu den Stundenlöhnen, die auf Plattformen wie Helpling aufgerufen werden.
Ist das nun die Kehr-Revolution, die Katharina Florian fordert? Wann ist es überhaupt okay, andere für sich putzen zu lassen? Und was, wenn sich Putzkräfte überhaupt nicht fest anstellen lassen wollen? Ein Gespräch über Verantwortung, Feminismus und ungerechte Verhältnisse.
Katharina Wiegmann:
Putzt du gerne?
Katharina Florian:
Manchmal finde ich putzen frustrierend. Man hat etwas gemacht, dann freut man sich eine Stunde und dann kommen die Kinder nach Hause … Aber trotzdem: Ja, ich putze gerne!
Wer hat bei euch im Haushalt geputzt, als du aufgewachsen bist?
Katharina Florian:
Samstags war Familienputztag. Da musste meine Mutter in der Regel arbeiten und mein Vater hat mit uns Kindern den Staubwedel geschwungen, Queen im Hintergrund laut aufgedreht. Das war immer ganz cool.
Und von meiner Oma habe ich viel gelernt. Die war total fanatisch, was Sauberkeit angeht, und mochte am liebten den Geruch von Reinigungsmitteln im Treppenhaus. Aber sie hat auch viel ausprobiert, zum Beispiel mit – von den Tipps profitiere ich heute noch.
Wann ist es okay, andere Menschen für sich putzen zu lassen?
Katharina Florian:
Es ist immer okay, wenn man fair bezahlt und gute Arbeitsverhältnisse schafft. Es ist nicht okay, wenn man es illegal macht und so die Verantwortung auf die Person abwälzt, die dieser Tätigkeit nachgeht. Putzen ist ein Handwerk und wir sollten die Personen, die es ausüben, genauso wertschätzen wie Maler oder Malerinnen, die für einen neuen Anstrich vorbeikommen.
Als Politikwissenschaftlerin interessiert sich Katharina dafür, was Gesellschaften bewegt. Sie fragt sich: Wer bestimmt die Regeln? Welche Ideen stehen im Wettstreit miteinander? Wie werden aus Konflikten Kompromisse? Einer Sache ist sie sich allerdings sicher: Nichts muss bleiben, wie es ist.