Ist Mastodon das bessere Twitter? Ein Selbstversuch
Der blaue Vogel strauchelt, viele Nutzer:innen verlassen den Kurznachrichtendienst. Was taugt die Alternative, von der gerade alle reden?
Das Mastodon ist ein
Sicher kein Zufall dabei ist, dass das Willkommensbild sehr der Farbe des Twitter-Vogels ähnelt und einen wandernden Urelefanten zeigt. Dahinter steckt eine Kampfansage. Gegründet wurde diese Alternative 2016 vom deutschen Softwareentwickler Eugen Rochko, dessen Unternehmen (Mastodon gGmbH) in Berlin sitzt. Rochko konzipierte Mastodon dabei von Anfang an als direkte Konkurrenz zu Twitter, was sich jetzt auszahlen könnte.
Denn nachdem der reichste Mann der Welt, Elon Musk, Twitter kaufte, setzt er dort seine eigenwilligen
Aber lohnt sich der Wechsel wirklich?
Auf Mastodon ist angeblich alles anders: Hassrede unbekannt, Trolle nicht zugegen und die Infrastruktur der Plattform gegen Übernahmen durch Superreiche gefeit. So wirbt das Unternehmen mit dem Slogan »Soziales Netzwerk nicht zum Verkauf«.
Das wirkt zu schön, um wahr zu sein. Als bisheriger Twitter-Fan mache ich den Vergleich. Ich registriere mich und teste die Plattform für 10 Tage. Folgendes ist mir dabei wichtig:
- Ein Feed mit anregenden Informationen
- Verbindungen zu möglichst vielen Personen, denen ich bisher auch auf Twitter folge
- Schutz meiner Privatsphäre und Daten
- Trends und Gesprächsthemen übersichtlich zu erkennen (Hashtags)
- Einfache Bedienung auf dem Laptop und Smartphone
- Die Möglichkeit, mich mit authentischen Accounts auszutauschen
Warum ich mich am Ende dazu entschließe zu bleiben, liest du in diesem Text.
Tag 1: Klick auf den Elefanten und los!
Natürlich muss man sich bei Mastodon wie bei allen anderen sozialen Netzwerken erst mal registrieren. Doch das ist gar nicht so einfach, denn es gibt nicht eine zentrale Anmeldung, sondern viele verschiedene Serveradressen.
Mastodon basiert nämlich, anders als Twitter, nicht auf einem zentralen Serversystem im Besitz eines Großunternehmens. Es ist ein dezentrales Netzwerk mit einzelnen Instanzen im Besitz von vielen Menschen überall auf der Welt – die aber miteinander verbunden sind. Ich muss mir also zuerst eine dieser Instanzen aussuchen – und die unterscheiden sich teilweise stark voneinander. Die größte Instanz, mastodon.social, wird dabei vom Gründer und gemeinnützigen GmbH des Dienstes verwaltet und betrieben. Doch es gibt zahlreiche andere Server in privaten Händen. Welche Instanz ist also die richtige für mich?
Auf einer Website, die eher einer
Wir sind eine freundliche Mastodon Instanz aus Nordrhein-Westfalen. Ob NRW’ler oder NRW-Sympathisant, jeder ist hier willkommen.
So gibt es Instanzen für viele Berufe und Hobbys, für Feuerwehrleute,
- Seid freundlich. Jeder hier möchte respektvoll und freundlich angesprochen werden.
- Keine Fake-News, bitte nur Infos aus seriösen Quellen teilen.
- Kein Rassismus, keine Homo- oder Transphobie, keine Hetze gegen Minderheiten, Religionszugehörigkeiten oder einzelne Menschen.
- Keine Pornografie, keine Gewaltverherrlichung.
- Keine kommerzielle Werbung
- Keine
Das ergibt alles auf den ersten Blick Sinn. Ich klicke auf »Annehmen« und lerne, dass unterschiedliche Server unterschiedliche Hausregeln haben und diese Regeln oft demokratisch abstimmen. Das Moderationsteam, das diese Regeln durchsetzt, rekrutiert sich aus freiwilligen Mitglieder der Instanz.
Insgesamt gibt es aktuell über 3.700 Mastodon-Instanzen, und wer möchte und die Kapazitäten dazu hat, kann eine eigene Instanz aufmachen. Doch egal wo das eigene virtuelle Zuhause liegt, alle Nutzenden können über das ganze Netzwerk mit allen anderen Nutzenden kommunizieren. Folge ich gezielt Menschen anderer Instanzen, werden mir ihre Toots – so werden die Mastodon-Beiträge genannt – auch in die Timeline gespült.
Was ich dort sehen möchte, kann ich per Klick selbst auswählen und jederzeit umschalten:
- Startseite ist für Freund:innen: Hier werden Beiträge von den Menschen angezeigt, denen ich auf Mastodon folge, und solche, die diese teilen.
- Lokale Timeline ist für die Instanz: Hier werden Beiträge von allen Menschen auf meiner Instanz angezeigt.
- Föderierte Timeline ist für ganz Mastodon: Hier werden Beiträge von allen Accounts auf Mastodon angezeigt.
Anders als auf Twitter wird alles andere ausgeblendet, das heißt ich lese ungefiltert, was gepostet wird – ohne von einem Algorithmus »Vorschläge« zu erhalten. Und wenn mir meine eigene Instanz oder ihre Inhalte doch nicht gefallen,
Ich bekomme eine E-Mail von einem Thomas, der mir gar nichts sagt. Eine kurze Recherche fördert zu Tage, dass er sich als Nerd bezeichnet, Kaffee mag, gern Naturfotos macht und sehr aktiv auf Mastodon ist. Das sollte er auch sein, ist Thomas doch der Verwalter meiner gewählten Instanz.
Er verwaltet damit auch die Daten, die ich erzeuge. Ein kurzer Blick in die Datenschutzregeln der Instanz zeigt, dass meine Logs für 90 Tage und meine IP-Adresse für 12 Monate gespeichert bleiben – hauptsächlich für den Fall, dass mein Account auffällig gegen Regeln oder Gesetze verstößt. Das ist überraschend hoch für einen deutschen Instanzen-Betreiber, denn in der Praxis gilt in Deutschland eine Speicherdauer von 7 Tagen. Doch Thomas versichert mir auf Nachfrage persönlich, dass dies nur rechtssichere Maximalangaben seien und er aktuell gar keine IP-Adressen speichere. Zum Vergleich: Twitter sammelt viel mehr Daten und speichert sie für bis zu 18 Monate.
Löblich ist aber Mastodons generelles Versprechen, meine Daten nicht »zu verkaufen, zu handeln oder sonst wie an Dritte zu transferieren«. Anders als Twitter braucht Mastodon das auch nicht, denn der Dienst und alle seine Instanzen sind werbefrei. Die meisten Instanzen leben von Spenden oder der freiwilligen Arbeit von Enthusiasten wie Thomas. Seine (und nun auch meine) Instanz hat lediglich eine Einkaufswunschliste, über die man ihm unter anderem eine Flasche Wein spendieren kann. Sympathisch!
Obwohl ich mich nicht lange mit der Instanzwahl auseinandergesetzt habe, fühle ich mich sofort als Teil einer Gemeinschaft. Die Datenschutzregeln sind erträglich – notfalls könnte ich mir eine andere Instanz mit weniger Speicherdauer suchen. Jetzt geht es darum, mich hier einzurichten und Hallo zu sagen.
Tag 2: Wo sind alle meine Freund:innen? Ach, da sind ein paar (neue)
Keine Antwort.
Ist ja auch klar, denn während ich auf Twitter mein eigenes Netzwerk habe, muss ich es hier erst mal aufbauen. Zu Beginn ist meine Startseiten-Timeline erschreckend leer. Also nehme ich meine Twitter-Follows als Vorlage und beginne zu suchen. Ich finde
Leider fehlen von mir sehr geschätzte Stimmen anderer Journalist:innen oder Politiker:innen. Manche haben einen Account, aber bisher noch nichts veröffentlicht, offenbar nur zum Reinschnuppern oder um eine Visitenkarte zu hinterlegen. Viele andere finde ich gar nicht – das war zu erwarten.
Dafür schließe ich neue Kontakte.
Lilo berichtet von einer Waschmaschinenreparatur. Rosi teilt ein Video von einem Handwerker, der Windharfen baut. Alles wirkt authentisch menschlich.
So informiert mich Thomas, der Instanzchef, etwa über die Wachstumsrate und Auslastung (meine Instanz hat 2.600 Menschen) und stellt zur Diskussion, ob Firmenprofile zugelassen werden sollen. Andere Nutzenden kommentieren sein Bemühen um die Instanz mit Lob und konstruktiver Kritik. Man baut mit an dem gemeinsamen Ort im Netz. Es herrscht ein wenig Aufbruchsstimmung, vor allem nach dem dramatischen Anstieg der Nutzer:innenschaft der vergangenen Wochen.
»Der Böhmermann ist ja auch hier!«, schreibt der Nutzer Manu begeistert. Der Soziologe Andreas Kemper vergleicht die Interaktionen mit seinen Tweets (auf Twitter) und seinen Toots (auf Mastodon) und ist überrascht:
[Mein Beitrag] ist bei Mastodon deutlich häufiger geliked und geteilt worden als bei Twitter, obwohl ich bei Twitter noch immer 7-mal so viele Follower:innen habe wie bei Mastodon.
In meiner lokalen Instanz wird über Hobbys getootet, Kunst gezeigt, Musik empfohlen, es werden aber auch Nachrichten geteilt und kommentiert. Alles wirkt persönlich und authentisch, noch ungeschliffen.
Ich möchte über den selbstgewählten Tellerrand schauen und schalte auf die »föderierte Timeline« um. In der Praxis ist es ein unangenehm schneller Ticker willkürlicher Informationen. Ich kenne niemanden und ein Großteil der Informationen ist für mich nicht nützlich. Hier gibt es auch Unternehmen wie Coca-Cola, Zeitungen und Fernsehprogramme, die für sich werben. Insbesondere ein Spam-Account ärgert mich in nur wenigen Minuten mit endlosen Posts offensichtlicher ukrainischer Propaganda so sehr, dass ich ihn »stummschalten« muss. Das geht immerhin ohne Probleme. Ich kann Accounts auch blockieren, um jede Interaktion zu verhindern, oder melden, damit Menschen wie Thomas darauf aufmerksam werden.
Jan postet etwas über »caddy templates« und »single user pubnix«. Selbst ich als Autor für Digitalisierung verstehe da kaum etwas. Trotzdem nehmen solche Posts mit 500 Zeichen manchmal die Hälfte der Timeline ein.
Dann bimmelt es: mein erster Follower! Und ich beginne, mich ein wenig zu Hause zu fühlen.
Die erste Woche: Worüber getootet wird – und worüber nicht
Worüber auf Mastodon geredet wird, lässt sich wie auf Twitter auch in sogenannten Hashtags zusammenfassen, also Wörtern, die Debatten bündeln. Ich mache den Direktvergleich: Während mir Twitter als Trends »Reichelt«, »Tote«, »Ukraine« und »Trump« empfiehlt, sind es auf Mastodon zur selben Zeit »Wahlwiederholung Berlin« und »Artemis«. Letzteres meint die aktuelle Mission der US-Weltraumbehörde NASA – und dank Mastodon erhalte ich einen Link zu einer 3D-Simulation der Raumkapsel in Echtzeit. Das hätte ich auf Twitter in den typischen Politikgrabenkämpfen eher verpasst. Ansonsten fallen mir in der Testwoche noch einige Unterschiede auf:
- Es sind erstaunlich viele politische Institutionen online: »Bald kenne ich dank Mastodon alle Bundesämter« ist ein wiederkehrender Witz. Mir wird prompt das Auswärtige Amt zum Folgen empfohlen. Das ist mir auf Twitter noch nie passiert; dort waren Behörden eher Fremdkörper. Hier sind sie »Early Adopter«, auch dank des eifrigen Bundesdatenschutzbeauftragten Ulrich Kelber, der sich sehr früh für Mastodon entschieden hat.
- Es geht nicht so heiß her: Gefühlt ist Politik deutlich weniger Thema als auf Twitter, wird aber zivilisierter diskutiert. Das ist nur logisch, denn einerseits sind Hashtags zwar vorhanden, aber weniger prominent platziert. Es wird weniger erbittert um sie gerungen, um die Debatte zu verzerren. Andererseits ist die von mir gewählte Instanz vor allem lokal geprägt, quasi ein Nachbarschaftsnetzwerk. Zudem spüre ich viel weniger Polarisierung als auf Twitter. Das mag daran liegen, dass auf vielen Instanzen Rechtspopulistisches oder Rassistisches einfach unerwünscht ist und geblockt wird.
- Desinformation suche ich mit der Lupe: Viele Instanzen haben starke Regeln gegen Hetze und vor allem Falschinformationen. Sie werden nicht geduldet und von Moderator:innen schnell kontrolliert. Doch die Ruhe könnte täuschen. Denn Desinformationen werden sehr gezielt auf Twitter gestreut und verbreitet. Mastodon fliegt bisher einfach noch unter dem Rader derer, die daran Interesse haben. Ob die auf Freiwilligenarbeit basierende Struktur hier gezielte Trolling- und Stänkerangriffe aushält, wage ich zu bezweifeln.
- Alles ist auf einer Wellenlänge: Während auf Twitter um politische Positionen gerungen wird, ist die Stimmung auf Mastodon glasklar. Die Ukraine gehört verteidigt gegen den Aggressor Russland. Man ist generell gegen Elon Musk, gegen Trump und die AfD. Für viele Ex-Twitternde dürfte es auf den ersten Blick paradiesisch sein. Doch hier zeigt sich für mich als Journalist eine eher einseitige Meinungslage auf dem Netzwerk, die mir Sorgen macht. Denn soziale Netzwerke bieten einen guten Realitätsabgleich. Eine Demokratie lebt davon, auch mit anderen Meinungen konfrontiert zu werden, selbst wenn man diesen nicht zustimmt. Zwischen zahllosen Profilen »für Toleranz« und Universitätspersonal entdecke ich immerhin einen selbstbenannten Liberalen und mit Ruprecht Polenz einen CDUler.
- Getootet wird weniger professionell und authentischer: Die sonstigen Beiträge ähneln denen auf Twitter und sind dazu noch selbstreferenzieller. Themen sind etwa soziale Netzwerke, Technik, dezentrale Strukturen. Alles wirkt leicht alternativ und nerdig. Anscheinend sind vor allem viele Menschen mit Programmierkenntnissen aktiv.
- Vernetzung gelingt: Während meiner Recherchewoche kommen immer wieder neue Prominente an. Ding! Da ist Autor und Moderator Tobias Schlegl und ich bin sein erster Follower. Irgendwie bin ich in die Frühzeit von sozialen Medien zurückversetzt, spüre dieselbe Aufregung und ein wenig Aufbruchsgefühl. Auch dass ich mir eine eher kleinere Instanz ausgesucht habe, spielt dort hinein. Denn so kann ich mehr beeinflussen und den Umgang miteinander prägen – auf Twitter längst eine verlorene Sache. Größere Mastodon-Server haben diese Findungsphasen schon hinter sich und bieten eine stabilere Infrastruktur und Moderationsteams.
Alles wirkt funktional. Und doch hat Mastodon die Feuerprobe noch nicht bestanden. Denn vieles, was auf Twitter schiefläuft, ist das Resultat einer sehr viel größeren Menge Menschen, die das Netzwerk täglich nutzt. Bereits jetzt ist das Mastodon-Netzwerk stark ausgelastet. Viele Instanzen haben einen Aufnahmestopp. Und nach einer Woche Test habe ich gemischte Gefühle über den Dienst mit dem blauen Urelefanten.
Was ich von Mastodon halte
Immer häufiger erwische ich mich, wie ich zwar wirklich gern auf Mastodon bin, aber doch zu Twitter zurückkehre. Das führt mir vor Augen, was ich an Mastodon schätze und was mir fehlt und Sorgen bereitet. Hier habe ich die Stärken von Mastodon und meine Bedenken zusammengefasst:
Datenschutz wird hier großgeschrieben. Ohne Werbung braucht sich Mastodon nicht vor Werbetreibenden beugen und Nutzer:innen ausspionieren. Auch dass die Daten hier nicht in der Hand von Großunternehmen landen, sondern in der von nahbaren Technik-Enthusiast:innen wie Thomas, gibt mir ein Gefühl von Sicherheit. Und wenn doch mal etwas passieren sollte, würde durch die Dezentralität nur ein kleiner Teil aller Mastodon-Nutzenden betroffen sein.
»Hier sehe ich aber auch Hürden für manche. Welche das sind? Klicke hier!«
Unterschiedliche Regeln für Instanzen bedeuten auch, dass man auf der Suche nach der Heimatinstanz Richtlinien wirklich lesen und verstehen sollte. Es macht schon einen Unterschied, ob eine Instanz eine Vorratsdatenspeicherung für 12 Monate aktiv hat oder gar keine Daten sammelt. Für Laien bedeutet das mehr Einarbeitungszeit. Das schreckt vielleicht viele ab, die so etwas von anderen sozialen Netzwerken nicht gewohnt sind. Und natürlich muss ich dem Leitungsteam einer Instanz auch vertrauen. Dazu sind persönliche Nachrichten innerhalb des Fediversums ohne Ende-zu-Ende-Verschlüsselung; für mich ein No-Go. Selbst Whatsapp macht das besser. So könnten die Leiter:innen einer Instanz theoretisch meine Direktnachrichten mitlesen.
»Hier sehe ich aber auch Hürden für manche. Welche das sind? Klicke hier!«
»Hier sehe ich aber auch Hürden für manche. Welche das sind? Klicke hier!«
Instanzen geben ein Gefühl von persönlicher Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft. In kleinerem Kreis lässt sich diese Gemeinschaft besser pflegen und Gespräche konstruktiver führen – denn man hat sich ja schon mit der Instanz gemeinsam für eine Kernidentität entschieden: Ob Münsteraner:in, Feuerwehrleute oder Hobbyangler:in – das verbindet mehr, als soziale Medien trennen. Und notorische Störenfriede können in kleinerer, eingeschworener Runde leichter mit Diskussionen
»Hier sehe ich noch viel ungenutztes Potenzial. Du willst wissen, welches? Dann klicke hier!«
»Hier sehe ich noch viel ungenutztes Potenzial. Du willst wissen, welches? Dann klicke hier!«
Denn die Idee einer Person einen Heimserver zuzuteilen, ist gut, aber zu simpel. Menschen haben viele Interessen über einen Aspekt hinaus – trotzdem muss ich mich hier entscheiden, ob ich lieber Journalist, Hobbyist oder heimatverbunden bin. Neuerdings kann ich zwar einzelnen Hashtags folgen. Doch warum kann ich nicht mehreren Instanzen beitreten und zwischen ihnen umschalten, ohne mehrere Accounts anzulegen? Was, wenn ich mich mit einer Instanz identifiziere, bei der keine Anmeldung möglich ist? Dazu ist die Selbstbeschreibung der Gemeinschaften zu Beginn einfach mangelhaft. So wirkt das Netzwerk unnötig zerstückelt, wohingegen gerade mehr Vernetzung wichtig für den Wachstum eines sozialen Netzwerks ist. Im schlechtesten Fall schreckt das vor allem Digital Immigrants, also Menschen ohne viel Technikwissen, ab.
»Hier sehe ich noch viel ungenutztes Potenzial. Du willst wissen, welches? Dann klicke hier!«
Filter und Aufteilungen sind einfach besser als auf Twitter. Das Aufteilen zwischen einer »lokalen« und »föderalen« Timeline ergibt Sinn. Hashtags und empfohlene Beiträge funktionieren gut. Über die Funktion »Entdecken« werden sogar Nachrichten und ihre Quellen aufgelistet, über die gerade im ganzen Netzwerk gesprochen wird. Für gemeinsame Interessen oder Verbände lassen sich mit etwas Fleißarbeit individuelle Listen erstellen. Mit einem Klick sehe ich so zum Beispiel alle Beiträge von Autor:innen von Perspective Daily auf Mastodon.
»Hier habe ich am meisten Sorgen. Du willst wissen, warum? Dann klicke hier!«
»Hier habe ich am meisten Sorgen. Du willst wissen, warum? Dann klicke hier!«
»Hier habe ich am meisten Sorgen. Du willst wissen, warum? Dann klicke hier!«
Mastodon funktioniert zwar mit einer bisher überschaubaren Zahl von Beitragenden gut. Doch aktuell gibt es auch wenig Reibung von Meinungen – es wirkt ein wenig wie eine Echokammer. Die Aufmerksamkeit ist durch die lokale Timeline natürlich auf die eigene Community gerichtet. Andere Perspektiven haben es dadurch schwerer. Einigen US-Mastodon-Instanzen wird gar vorgeworfen, eher wie »Gated Communities« zu funktionieren, also eine Plattform für jene zu sein, die sich dem
Mein Fazit nach einer Woche lautet: Ich habe Spaß an Mastodon und denke, es ist so nützlich und hat so viel Potenzial, dass es meine Zeit allemal wert ist. Dennoch ist mir bewusst, dass das Mastodon eben (noch) keine digitale Öffentlichkeit bietet wie Twitter. Anders gesagt: Gegenüber Twitter bleibt der blaue Elefant winzig. Und genau das ist zugleich das Kernproblem von Mastodon. Denn einerseits zeigt der Zulauf, dass sich Netzwerke wie Twitter trotz der starken Vernetztheit nicht alles erlauben können. Andererseits schreckt die vergleichsweise geringe Größe von Mastodon dessen Nützlichkeit für Prominente und Unternehmen arg ein und zeigt, wie schwer es ist, einen Systemwechsel zu einer besseren Alternative zu bieten. Doch das kleine, aber feine Netzwerk hat damit auch eine Chance – wenn Menschen wie du und ich noch Einfluss auf Instanzen und die Richtung des Netzwerks nehmen.
Doch 85% meiner Kontakte zu verlieren ist kein Preis, den ich aktuell bei einem Komplettumstieg zahlen möchte. Zum Glück muss ich das gar nicht.
Mit Illustrationen von Frauke Berger für Perspective Daily