4 ganz legale Wege, dich richtig gut zu fühlen
(Fast) alles, was du dafür brauchst, bist du selbst! (Artikel aus dem Jahr 2018)
»Alles okay, es geht mir gut!«, versichere ich meinem Kollegen, als wir gemeinsam an der roten Ampel mit unseren Fahrrädern zum Stehen kommen. »Das glaube ich dir, aber auf Dauer geht das nicht«, versucht er seinen warnenden Worten fast mütterlich Nachdruck zu verleihen.
Ich habe wochenlang
Der Schlafmangel hat aber einen weiteren Effekt auf meinen Körper:
Wenn wir verstehen, wie unsere Wohlfühlbotenstoffe im Gehirn funktionieren, können wir sie leichter aktivieren als vielleicht vermutet
Dass ein Monat mit weniger als 6 Stunden Schlaf pro Nacht die gleiche Auswirkung auf mich hat wie eine ordentliche Dosis Alkohol, macht mich (nicht nur als Antialkoholikerin) doch nachdenklich.
Der jährliche
Das Geld fürs Tütchen Koks, die Kiste Bier oder die Tafel Schokolade können wir uns aber sparen, denn unser Körper hat bereits, was er für das gute Gefühl braucht. Wir müssen ihn nur dazu bringen, uns den Rausch zu bescheren – 4 Wege, um legal und (fast) allein »high« zu werden!
1. Bewegung und Sport: Die Jagd nach dem »Runner’s High«
Die letzten Kilometer sind eine Qual – jeder Schritt fühlt sich an, als müsste ich mein hinteres Bein mit beiden Händen greifen, damit es den nächsten Schritt macht. So nähere ich mich im April 2013 der Zielgeraden des London-Marathons. Es ist der erste warme Tag des Jahres und die Rufe der Zuschauer kommen bei mir an, als würden sie durch eine Gummiwand gedämpft. Was für eine Qual – von Rausch und gutem Gefühl kann nicht die Rede sein!
Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich nicht mehr im »moderaten« Bereich unterwegs bin. Genau der versetzt uns aber am besten in den rauschähnlichen Zustand, den
Mechanismus: Mehr als Endorphine!
Die einfache Erklärung, warum wir uns
Das Problem bei dieser Erklärung: Endorphine sind ganz schön groß und
Parallel entdeckten Wissenschaftler einen weiteren Wirkmechanismus: Bewegung setzt auch körpereigene Moleküle frei,
Extradröhnung:
Wer sich selbst nicht aufraffen kann, sei noch mal daran erinnert: Ja, es hilft, sich mit anderen zum gemeinsamen Laufen, Radeln oder Rudern zu verabreden. Nicht nur weil das die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass wir tatsächlich die Turnschuhe schnüren, sondern auch weil
Wer sich lieber allein verausgaben will, kann für einen Extrakick Kopfhörer und
2. Geben und Helfen: Sind wir geboren, um zu geben?
Stundenlang habe ich gemeinsam mit meinem Bruder alte Negative herausgesucht, um die Nachbestellungen vorzubereiten, und schließlich die entwickelten Fotos in das handgefertigte Fotoalbum einsortiert. Der eigentliche Höhepunkt unseres Geschenks zum runden Hochzeitstag unserer Eltern bleibt aber der Moment der Übergabe.
Wir sind nicht nur mächtig stolz auf unsere wochenlange Bastelaktion im vordigitalen Fotozeitalter, sondern fühlen uns auch verdammt gut. Einfach weil wir 2 Menschen eine riesige Freude gemacht haben.
Was ich damals – bei der Übergabe – gefühlt habe, trägt analog zum »Runner’s High« den bezeichnenden Namen »Helper’s High«. Und auch das ist mittlerweile
»Ehrenamtliche Arbeit ist das bestgehütete Geheimnis für eine gute mentale Gesundheit« – Überschrift eines Artikels bei Vice
Ähnlich wie bei Bewegung gehen die positiven Folgen »regelmäßiger Hilfsbereitschaft« weit über das gute Gefühl während oder kurz nach dem Geschehen hinaus. Wer auf der Suche nach einer Extraportion Glück und Zufriedenheit ist, kann Zeit oder Geld verschenken – das
Mechanismus: Helfen hilft wie Schokolade
Wie beim »Runner’s High« spielen auch beim »Helper’s High« Endorphine eine wichtige Rolle und sorgen für den selbstgemachten Morphiumkick. Auch hier ist er ein wenig sanfter als eine Ladung Morphium von außen.
Allein der Gedanke daran, Geld für einen guten Zweck zu geben, aktiviert die gleichen Gehirnregionen, die auch
Extraboost:
Wie bei anderen Dingen im Leben hilft es auch beim Helfen, konkrete Ziele zu formulieren – also statt »Ich will was gegen Armut tun!« besser: »Ich will dafür sorgen, dass in meiner Stadt in 2 Jahren 10 Menschen
3. Lachen und Humor: Vorsicht, Ansteckungsgefahr!
Ich kann mich noch gut an meinen letzten Lachkrampf erinnern: Der Bauch schmerzt und ich habe längst vergessen, was eigentlich so witzig war. Und so stecken wir uns gegenseitig immer wieder an. Wie ansteckend Lachen tatsächlich sein kann, zeigt die sogenannte Tanganjika-Lachepidemie. In Tansania sorgte im Jahr 1962 das Lachen von 3 Mädchen für eine 2 Jahre anhaltende Lachepidemie, die
»Humor ist nicht nur unterhaltsam, sondern – noch wichtiger – auch anregend!« – David Cheng and Lu Wang, Humorwissenschaftler
Ganz unabhängig von der Frage, warum wir lachen, belegen zahlreiche Studienergebnisse die positiven Auswirkungen von Lachen und Humor generell. Schmerzpatienten, die lustige Videos schauen,
Mechanismus: Mix aus Antidepressiva und Energydrink
Unser Gelächter sorgt nicht nur für angespannte Bauchmuskeln, sondern lässt sich genau wie die anderen »legalen Highs« im Gehirn messen. Dabei wirkt es wie eine Mischung aus Antidepressiva und Energydrink – denn wir fühlen uns lächelnd und kichernd nicht nur irgendwie zufriedener, sondern halten auch länger durch und können besser lernen. So lässt ein lustiges Video im Vergleich zu neutralen oder positiven Clips Versuchspersonen
Und auch das Lernen fällt leichter, wenn die Inhalte mit einer Prise Humor präsentiert werden: Das erhöht nicht nur den Spaßfaktor, sondern die Studenten
Gemeinsam lachen wir 30-mal mehr als allein
Aber wie »funktioniert« die Universalsprache Lachen? Auf diese Frage hat der Neurowissenschaftler und Psychologe Robert R. Provine nach mehr als 10 Jahren Forschung zum Thema
Genau das bringt uns zur letzten legalen Droge in diesem Text – davor aber noch schnell der Extratipp für den Lachkick:
Ja, es stimmt tatsächlich – schon ein Lächeln reicht aus, um unsere Laune zu steigern. Egal ob wir uns danach fühlen oder nicht. Ziehen wir die Mundwinkel nach oben,
4. Sex und Berührung: Gemeinsam zur Trance
Nein, ich beginne diesen Teil aus Diskretionsgründen nicht mit einer persönlichen Anekdote, sondern erlaube jedem selbst, sich seiner eigenen Erinnerung hinzugeben.
Fertig? Dann geht es hier weiter im Text – mit dem
Wenn dieser Trancezustand gemeinsam mit einem Individuum erreicht wird, das in ähnlicher Weise versunken ist, dann kann das Gefühle der Verbundenheit stärken, verbunden mit der Ausweitung der Grenzen zwischen sich selbst und dem anderen.
Und schon stecken wir tief drin – in einer möglichen Antwort auf die Frage: Was passiert da eigentlich?
Mechanismus: Von Kokain bis Heroin
Der intensive Genuss eines Orgasmus sorgt im Gehirn für einen bunten Cocktail aus neuroaktiven Stoffen – wahrscheinlich dominiert von den bereits bekannten Opioiden. Der pharmakologische Mix, der beim Vorspiel entsteht, könnte den Wirkungen von
Dazu kommt vielleicht noch eine Ladung Ecstasy: Der Zusammenhang zwischen der Partydroge und dem Hormon
Warum wir gut programmiert sind
Schokolade oder eine Runde im Altersheim helfen? Alkohol oder eine Runde mit dem Rad? Ein paar Pillen oder eine heiße Nummer zu zweit?
Was jedem Einzelnen von uns den ultimativen Kick beschert, ist unterschiedlich – genau wie Lieblingsmusik und -farbe. Fest steht aber: Genuss und das Streben danach bestimmen unser Leben und Handeln stärker, als wir uns vielleicht manchmal eingestehen wollen. Denn fänden wir Essen, Trinken (ja, auch Wasser!) und Sex nicht lohnenswert, würden wir schlichtweg nicht überleben – Nachwuchs gäbe es auch keinen.
Viel interessanter finde ich die Beobachtung, dass wir unseren Belohnungsmechanismus im Gehirn auch aktivieren, wenn wir gemeinsam lachen, Gutes tun und uns in den Arm nehmen. Vielleicht sind wir am Ende also doch sozialer, als uns so mancher Ökonom oder Politiker weismachen will – altruistisches Verhalten liegt einfach in unserer Natur.
Titelbild: Tobias Kaiser - copyright