So schützt du dein größtes Organ
Wenn wir an unsere Haut denken, geht es meist um ihr Aussehen. Doch es gibt viel mehr Gründe, uns gut um unsere geniale Hülle zu kümmern! 3 Maßnahmen, die Wirkung zeigen.
Haut besteht aus mehr als 100 Milliarden Zellen, ist über 1 Quadratmeter groß und bringt 3–10 Kilogramm auf die Waage: Nicht ohne Grund wird sie als größtes Organ des Menschen
Warum eigentlich Organ?
Wer an Organe denkt, hat wahrscheinlich eher Herz, Leber und Nieren vor Augen als die Haut. Doch jeder Teil des Körpers, der eine bestimmte Funktion erfüllt, wird so bezeichnet. Neben der Haut zählen etwa auch Blut, Skelett und Muskeln zu unseren Organen. Alle Organe zusammen bilden den Organismus.
Die Haut schützt unseren Körper vor Krankheitserregern, bewahrt ihn vor dem Austrocknen und reguliert seine Temperatur. Sie ist die Barriere, die unser Innerstes vor der Außenwelt schützt – und zwar nicht metaphorisch, sondern ganz und gar praktisch.
Auch zum sprichwörtlichen Innersten besteht eine Verbindung: Sind wir wütend, fahren wir aus der Haut. Manchmal sind wir froh darüber, nicht in der Haut eines anderen Menschen zu stecken. Und hin und wieder kommen wir mit heiler Haut davon, wenn wir einer brenzligen Situation entgehen können.
Vom Erscheinen der Haut auf unser Befinden zu schließen, ergibt Sinn – zumindest in manchen Zusammenhängen. Haut zeigt, dass jemand krank ist, wenn sie sich fahl oder gelblich verfärbt. Narben am Körper lassen darauf schließen, welche Verletzungen Menschen erleiden mussten. Gruseln,
Diese Liste ließe sich noch eine ganze Weile fortführen und macht klar, was die Haut für den Menschen alles ist und sein kann. Sie lässt sich nicht verstecken. So ist es nicht überraschend, dass Menschen viel dafür tun, dass ihre Haut gut aussieht und nebenbei gesund bleibt. Doch welche Maßnahmen helfen wirklich dabei, diese Ziele zu erreichen – und welche sind eigentlich überflüssig?
Darüber haben wir mit einer Hautärztin und einem Hygieneexperten gesprochen. Die wichtigsten Erkenntnisse haben wir für euch

Gesunde Haut ist alles andere als keimfrei
Die meisten Hautpflegerituale beginnen mit der Reinigung der Haut – und genau hier passieren auch die ersten Fehler. Denn viele Menschen denken noch immer, dass eine möglichst saubere, keimfreie Haut ein wichtiges Ziel der Reinigungsroutine ist.
Kein Wunder: Nicht einmal 200 Jahre ist es her, dass etwa jede zehnte Schwangere die Geburt ihres Kindes nicht überlebte, weil es die
In der Medizin ist diese Möglichkeit, die Haut keimfrei zu halten, bis heute eine große Errungenschaft. Allerdings gibt es den Hang zur sterilen Haut mittlerweile auch im Privaten. Gesund ist das nicht: Das Auftreten von
Unsicher? Dann lass dich untersuchen.
In diesem Text geht es vor allem um Maßnahmen, die gesunder Haut guttun. Nicht immer können wir jedoch selbst erkennen, ob unsere Haut krankt. Wer unsicher ist, ob etwas nicht stimmt, sollte einen Hautarzt oder eine Hautärztin aufsuchen. Ab 35 Jahren kannst du zumdem alle 2 Jahre zum Hautkrebsscreening gehen. Wann die Vorsorge Sinn macht, wie sie abläuft und welche Kritik es daran gibt, erfährst du hier.
Ein Problem: Aggressive Reinigungsmittel und Desinfektionsmittel töten nicht nur krankmachende Keime ab, sondern auch die, die uns guttun. Unsere oberste Hautschicht ist von einer Vielzahl an Mikroorganismen überzogen. Mikroskopisch kleine Bakterien, Viren und Pilze bevölkern den Schutzmantel unseres Körpers – und verstärken ihn. Rücken wir diesen kleinen Helfern mit Desinfektionsmitteln zu Leibe, schaden wir der Schutzfunktion unserer Haut. Wissenschaftler:innen sind sich sicher: Verliert unser Mikrobiom an Vielfalt,
Bakterien, Viren und Pilze helfen zum Beispiel dabei, den Säureschutzmantel der Haut aufrechtzuerhalten, einen wichtigen Schild gegen Infektionen. Umgekehrt brauchen unsere kleinen Helfer das saure Milieu, um sich wohlzufühlen.
Reinigen wir unseren Körper unverhältnismäßig oft, können wir diesen Mikrokosmos durcheinanderbringen. Das sagt auch Yael Adler. Die Dermatologin betreibt eine eigene Hautarztpraxis in Berlin und verbringt nebenbei viel Zeit damit, öffentlich über richtige Hautpflege aufzuklären:
Durch falsche Reinigungsmittel zerstören wir den Säureschutzmantel der Haut. Und solange der kaputt ist, vermehren sich die Bakterien auf der Haut, die nicht so gut für uns sind.
»Die Haut ist dazu gemacht, das meiste allein zu schaffen und den verschiedensten Anforderungen gerecht zu werden«, sagt Adler. Die verschiedenen Schichten, aus denen sich unsere Haut zusammensetzt, haben jeweils ganz eigene Fähigkeiten, um mit den meisten Widrigkeiten zurechtzukommen.
Was können die verschiedenen Hautschichten? Klicke hier!
Unsere Haut besteht – neben dem Mikrobiom – aus 3 Lagen, die sich durch verschiedene Funktionen auszeichnen.

- Oberhaut (Epidermis): Sie besteht aus hornbildenden Zellen. Diese werden fortlaufend von immer neuen Zellen abgelöst. Die Epidermis dichtet die Haut nach außen hin ab. Bei viel Druck werden die Zellen schneller nachgebildet: Hornhaut entsteht. In der Oberhaut werden auch die Melanozyten gebildet, die den Farbstoff Melanin speichern, der bestimmt, ob unsere Haut hell oder dunkel ist. Hier befinden sich außerdem Lymphozyten und Langerhans-Zellen, die eine wichtige Rolle bei der Abwehr von Krankheitserregern spielen: Die Zellen nehmen die Erreger auf und transportieren sie in den nächsten Lymphknoten, der Teil des körpereigenen Abwehrsystems ist.
- Lederhaut (Dermis): Unter der Oberhaut sitzt die Lederhaut. Sie besteht aus reißfesten, elastischen Kollagenfasern, die unsere Haut fest und stabil, aber auch dehnbar machen. Durch die Lederhaut ziehen sich Nervenfasern und feine Blutgefäße, über die Nährstoffe zu den Zellen transportiert werden. Die Lederhaut ist von einem Netz aus Nervenfasern und feinsten Blutgefäßen durchzogen. Über die Blutgefäße gelangen Nährstoffe und Sauerstoff zu den Zellen. Diese Hautschicht leitet zudem überschüssige Körperwärme ab. In der Lederhaut sind die meisten Tastsinneszellen und Schweißdrüsen eingebettet.
- Unterhaut (Subkutis): Diese dritte Hautschicht enthält vor allem Fett und Bindegewebe. Das Fett schützt Knochen und Gelenke und dient zusätzlich als Wärmepolster. Die Fettzellen der Unterhaut bilden eine Vielzahl von Hormonen – und im Sonnenlicht Vitamin D. In Unterhaut und Lederhaut befinden sich außerdem Nerven-, Schweiß-, Talg- und Duftdrüsen.
»Schätzungsweise 20% der Hauterkrankungen, die ich in meiner Praxis sehe, entstehen durch zu viel oder falsche Pflege«, sagt Adler. Doch wie sieht gute Hautpflege aus? Die folgenden 3 Maßnahmen helfen dir dabei, dich richtig um deine Haut zu kümmern.

1. Saubere Haut: So wäschst du dich richtig
Auch wenn Sterilität der Haut schadet, müssen wir unseren Körper reinigen. Nur wie? Das weiß Michael Sarbandi. Der Gesundheitswissenschaftler und Hygieneexperte erklärt, worauf es bei der richtigen Reinigung der verschiedenen Körperteile ankommt – die haben nämlich unterschiedliche Ansprüche. Oft reicht dabei warmes Wasser ohne Zusätze zum Waschen völlig aus, aber eben nicht immer. In Körperregionen mit vielen Schweißdrüsen, etwa unter den Achseln, können wir laut Sarbandi auch mal zu Seife greifen. Auch beim Händewaschen und der Reinigung des Pos ist Seife sinnvoll, um mögliche Krankheitserreger fernzuhalten.
Mehr über die Reinigung verschiedener Körperregionen liest du hier.
Diese Körperregionen haben beim Waschen besondere Aufmerksamkeit verdient:
- Hände: Händewaschen ist und bleibt eine der wichtigsten Vorkehrungsmaßnahmen gegen Krankheitserreger. Vor allem Erkältungen, die Grippe oder ansteckende Magen-Darm-Infektionen
- Achseln: Sie liegen auf Platz 3 der Körperregionen mit den meisten Schweißdrüsen (nach Händen und Füßen, die sogar doppelt so viele Schweißdrüsen haben). Unangenehmer Körpergeruch entsteht hier dann, wenn Bakterien unsere Körperausdünstungen
- Intimbereich: Auch der Intimbereich braucht besonders sensitive Pflege. Es gibt jedoch Unterschiede zwischen dem männlichen und dem weiblichen Intimbereich. Während bei ersterem Wasser und Seife in Ordnung sind, hat der weibliche Intimbereich höhere Anforderungen. Der Grund sind die Schleimhäute der Vagina, die besonders empfindlich sind. Der Griff zu aggressiver Seife sollte vermieden werden. In den meisten Fällen reicht Wasser aus. Ist ein Reinigungsmittel gewünscht, sollte das sensitiv auf die Hautflora reagieren und speziell für den weiblichen Intimbereich entwickelt sein.
- Po: In der Pofalte können sich bei falscher Reinigung jede Menge Bakterien sammeln, im schlimmsten Fall brennt und juckt es. Besonders bei Älteren oder vorerkrankten Menschen können Infektionen auftreten. Ein Problem: Nur durch Toilettenpapier wird die Pofalte meist nicht richtig sauber. Hygienischer ist es, den Po mit Wasser und pH-neutraler Seife zu reinigen, am besten sogar täglich. Bidets oder
- Füße: Wir stecken sie jeden Tag in Socken und Schuhe, gehen Tausende von Schritten: Trotzdem ist Wasser bei der Pflege der Füße häufig ausreichend. Hat man das Gefühl, die Füße röchen zu sehr, kann Seife dann doch Abhilfe schaffen.
- Haare: Evolutionsbedingt sind Haare vor allem Sonnenschutz und Temperaturregulator. Es genügt, sie alle 2–3 Tage zu waschen, je nach Veranlagung kann Wasser reichen. Wer zu fettigem Haar neigt, kann mit hautfreundlichen Shampoos oder Haarseife
Für den Großteil des restlichen Körpers gilt: Wasser reicht. Wer doch zu Seife greift, sollte ein mildes Mittel wählen. Hinweise darauf kann neben dem Hinweis »pH-neutral« auch der Schaum geben:
Schaum wird mit einigermaßen aggressiven Chemikalien hervorgerufen. Schäumt eine Seife oder ein Shampoo eher weniger, ist das ein Zeichen für eine bessere Hautverträglichkeit.
Gute Nachrichten gibt es für Energiesparer:innen: Allzu häufiges und zu heißes Duschen kann die Haut belasten, unter anderem weil es den pflegenden Fettfilm von der Haut spült. Sowohl Gesundheitswissenschaftler Sarbandi als auch Dermatologin Adler empfehlen, die Duschen lieber kurz und lauwarm zu halten. Für Hartgesottene bietet sich auch die kalte Dusche an: Sie fördert unter anderem die Durchblutung der Haut. Wer sich maximal alle 2–3 Tage unter die Brause stellt, macht den Expert:innen zufolge alles richtig.
2. Geschmeidige Haut: Cremen oder nicht cremen?
Nach Dusche und Reinigung greifen viele Menschen zu Cremes, Gelen und Seren. Schließlich versprechen zahlreiche Werbespots und Influencer:innen, dass wir der Haut mit den richtigen Pflegeprodukten etwas Gutes tun. Im Gegenzug soll sich diese bei uns mit weniger Pickeln, Unreinheiten und Falten für die ausgiebige Pflege bedanken.
Der Mythos der makellosen Haut ist vor allem eines: ein großes Geschäft. Etwa 1/5 der Deutschen gibt mehr als 20 Euro im Monat für die Körperpflege aus, das sind mehr als 200 Euro im Jahr.

Doch viele der Mittel, denen die Werbung große Wirkung zuspricht, sind nicht so gut untersucht, wie es suggeriert wird. Die Probleme:
- Studien zur Wirkung von Kosmetik- und Pflegeprodukten werden oft von denjenigen finanziert, die die Mittel verkaufen.
- Viele Studien sind zudem klein und können nur geringe Effekte nachweisen.
- Statt am Menschen wird die Wirkung vieler Produkte nur im Labor untersucht. Deshalb lohnt es sich, besonders bei vermeintlichen Wundermitteln ganz genau hinzuschauen.
Auch die Dermatologin Yael Adler bestätigt, dass die meisten Mittel kaum eine langfristige Wirkung haben. »Die Effekte, die etwa bei gewissen Anti-Aging-Mitteln nachgewiesen werden können, sind oft sehr gering«, sagt sie. »Falten mithilfe von Cremes rückgängig zu machen, ist gar nicht möglich.« Mittel wie Hyaluron seien zwar dazu in der Lage, die Haut etwas aufzupolstern, doch der Effekt sei nur von kurzer Dauer. Zu viel sollte man sich von den meisten Mitteln also nicht versprechen.
Ein Beispiel: Retinol
Im letzten Jahr verschaffte sich die britische Dermatologin Natalia Spierings einen Überblick über die Studienlage zu Retinol, einer Form von Vitamin A. Es gilt als
Ganz überflüssig ist Creme trotzdem nicht: Treten trockene Stellen am Körper auf, ganz gleich, wo, hilft sie. Aber: Bevor sich Betroffene großflächig einschmieren, reiche es häufig, gezielt zu cremen, sagt Adler. Und welche Creme darf es sein? Die Dermatologin rät zu Sheabutter oder Cremes mit Urea (Harnstoff) und hautähnlichen Lipiden, die es vor allem in der Apotheke zu kaufen gibt.
»Wer wirkliche Hautprobleme hat und medizinisch wirksame Produkte benötigt, sollte immer einen Dermatologen oder eine Dermatologin aufsuchen«, sagt Adler. Bei Akne, Neurodermitis und Co. gebe es Mittel, die helfen könnten – und die gehörten in die Hände von Profis.
»Bei gesunder Haut gilt: Die beste Hautpflege produziert unsere Haut normalerweise selbst«, betont Adler, die nach eigenen Angaben selbst so gut wie keine Pflegeprodukte verwendet. »Man sollte die Haut nicht mit zu aggressiven Reinigungsmitteln entfetten.« Besonders Routinen, die durch die Reinigung erst das körpereigene Fett abtragen, um es dann in Form von Cremes wieder aufzutragen, seien wenig sinnvoll.
Gibt es wirklich nur so wenig, was wir tun können, um unserer Haut zu helfen?

3. Vitale Haut: Schütze dich vor dem, was schadet
Tatsächlich gibt es noch einige weitere Maßnahmen, um unsere Haut fit und vital zu halten. Die wirksamste: Sie vor den Dingen zu schützen, die ihr schaden. Unsere Haut ist täglich unzähligen Umwelteinflüssen ausgesetzt, vor denen wir sie bewahren können – und sollten.
»Ab März werden Sonnenstrahlen für hellhäutige Menschen zum Problem«, sagt Yael Adler. Die in den Sonnenstrahlen enthaltenen UV-A und UV-B-Strahlen steigern nicht nur das Hautkrebsrisiko, sondern sorgen auch für eine beschleunigte Zellalterung. Sich mithilfe von Sonnencreme gegen UV-Strahlen zu schützen, ist also auch eine Anti-Aging-Strategie.
Ein weiterer Faktor, der einen direkten Einfluss auf die Hautalterung hat, liegt ebenfalls in der Luft: unsichtbare Feinstaubpartikel; eine Folge von Verkehr und Industrie, die sich vor allem in Städten bemerkbar macht.
Eine Studie aus dem Jahr 2010 zeigte etwa, dass die Haut von Personen, die im Ruhrgebiet lebten, signifikant schneller altere
Es gibt aber noch andere Maßnahmen, die der Haut helfen – und zwar von innen. »Das Wichtigste ist ein gesunder Lebensstil«, sagt Adler. Eine
Laut Adler sind diese Punkte das einzig ehrliche Rezept für gesunde Haut. Das ist natürlich
Das ist auch völlig okay, solange wir uns dessen bewusst sind, was wir da eigentlich tun. Wer es nicht übertreibt und ein paar Cremes, Seren oder nach schwerer Arbeit die tägliche Dusche braucht, um sich wirklich wohlzufühlen, sollte darauf auch nicht verzichten. Denn was uns entspannt, wirkt zumindest gegen einen Risikofaktor, der unserer Haut schadet: Stress.
Mit Illustrationen von Frauke Berger für Perspective Daily