Warum deine negativen Gefühle okay sind – und was hilft
Dieses Jahr kamen wir mit Krieg und Inflation, Klimakollaps und Pandemie nicht umhin, uns schlecht zu fühlen. Diese 7 Texte zeigen, warum Wut, Trauer und Scham genauso wichtig sind wie Freude und Glück.
Die Weihnachtsfeiertage sind für viele Menschen eine intensive Zeit. Sie treffen auf Familienmitglieder, oft auch auf solche, die sie lange nicht gesehen haben. Sie streiten, reden, lachen – vielleicht noch etwas mehr als im Rest des Jahres.
Umso angenehmer kann die Ruhe »zwischen den Jahren« sein, wenn der Weihnachtstrubel vorbei und das neue Jahr noch ein paar Tage entfernt ist. Der perfekte Zeitpunkt, um sich etwas Zeit für sich zu nehmen und zu reflektieren, warum wir eigentlich so ticken, wie wir ticken.
Wieso treiben uns manche Situationen zur Weißglut und andere nicht? Was macht uns Angst? Wieso schäumen wir manchmal vor Gefühlen über und spüren an anderen Tag kaum etwas?
Für viele der Emotionen und Verhaltensweisen, die uns jeden Tag begleiten, haben Neurowissenschaftler:innen und Psycholog:innen mittlerweile Erklärungen gefunden. Sich mit diesen auseinanderzusetzen, kann helfen, mehr Verständnis für das eigene Verhalten aufzubringen. Es kann uns aber auch dazu bewegen, Neues auszuprobieren und fest eingefahrene Muster zu durchbrechen. Diese 7 Texte helfen dir dabei, dich selbst besser zu verstehen und zu erkennen, dass auch vermeintlich negative Gefühle eine Existenzberechtigung haben.
1. Dieses Jahr war alles zu viel: Was, wenn ich gar nichts fühle?
Das Jahr 2022 war kein leichtes. Der Krieg in der Ukraine, die wirtschaftlichen Ängste: All das kann wütend machen, verzweifelt und traurig. Doch was, wenn all diese Gefühle ausbleiben und wir stattdessen gar nichts mehr fühlen?
Vielen Menschen fällt es gerade schwer, etwas zu empfinden, während andere nicht wissen, wie sie ihrer Frustration begegnen sollen. Judith Braun hat einen Blick auf die Erfahrungen von Menschen geworfen, die Naturkatastrophen und Ereignisse wie 9/11 überlebt haben, um die Gefühlsunterschiede besser zu verstehen. In ihrem Text erklärt sie, wieso wir uns so fühlen, wie wir uns fühlen und wie wir gegen die Apathie ankommen.
2. Kriegserlebnisse und Vergewaltigungen: Kann ein Mensch so schlimme Erlebnisse verarbeiten?
»Ein Trauma ist eine Wunde der Seele«, erklärt Lara Broicher. Sie ist Expertin zum Thema Trauma, hat viele Jahre mit Betroffenen von häuslicher Gewalt und Folter gearbeitet. Gastautor Felix Franz hat mit ihr gesprochen, um der Frage auf den Grund zu gehen, ob und wie es Menschen schaffen, selbst die schlimmsten Erlebnisse zu verarbeiten. Ereignisse, die so schlimm, so außergewöhnlich sind, dass die eigenen Bewältigungsstrategien nicht mehr ausreichen, um damit zurechtzukommen.
Menschen, die mit Krieg und Flucht konfrontiert sind, erleben oft traumatisierende Ereignisse. Aber auch Unfälle oder Naturkatastrophen können ein Trauma zur Folge haben. In Deutschland ist der größte Gefahrenpunkt das eigene Zuhause. Laut Zahlen des Bundesfamilienministeriums wird etwa jede vierte Frau mindestens einmal Opfer körperlicher oder sexualisierter Gewalt durch ihren aktuellen oder einen früheren Partner.
Doch was hilft dabei, ein solches Trauma zu überwinden? Das erfährst du in dieser bewegenden Geschichte.
3. Warum Wut so wichtig ist und wie du sie konstruktiv nutzen kannst
Manche Situationen machen einfach wütend. Zum Beispiel: Wenn Mediziner:innen seit Jahren fordern, etwas gegen die prekäre Situation in der Kinder- und Jugendmedizin zu unternehmen – aber nichts passiert, bis die Krankenhäuser an ihre Grenzen geraten. Oder wenn Onkel Willi am Weihnachtsabend mal wieder behauptet, dass Frauen und Männer längst gleichberechtigt seien, oder Tante Erna konstatiert, die Pandemie sei eine Erfindung der Pharmaindustrie.
Bestimmt fallen uns allen Situationen ein, die uns zur Weißglut treiben, seien es große strukturelle Probleme oder private Streitigkeiten. Im Alltag verdrängen wir das lodernde Gefühl jedoch oft, wollen vielleicht nicht zu aufbrausend reagieren. Uns fällt es schwer, unserer Wut freien Lauf zu lassen. Dabei ist genau das wichtig, um die konstruktive Kraft unseres Zorns zu entfalten.
In diesem Text aus dem Jahr 2019 erklärt Gastautorin Daria Eva Stanco, wie du es schaffst, deine Wut zu entfesseln und in die richtigen Bahnen zu lenken. Eine Anleitung, die jeder Mensch gut gebrauchen kann.
4. In diesem Text lernst du, Trauer zu verstehen
Das Gefühl, vor einem Abgrund zu stehen und wie betäubt haltlos in die Dunkelheit zu stürzen, so beschreibt die Journalistin und Trauerrednerin Louise Brown die erste Zeit nach dem Tod ihrer Eltern. Auf das Leben als Trauernde sei sie völlig unvorbereitet gewesen.
Also beginnt sie sich mit dem Tod auseinanderzusetzen. Irgendwann führt sie ein Interview mit einem Bestatter. Am Ende des Gesprächs fragt er die Journalistin, ob sie schon einmal darüber nachgedacht habe, Trauerreden zu schreiben. Ein Wendepunkt in Browns Leben, die danach tatsächlich Trauerrednerin wird.
Seitdem versucht sie, Hinterbliebenen etwas von ihrem Schmerz zu nehmen. Und lernt selbst immer besser zu verstehen, was es bedeutet, sich für immer zu verabschieden und allein zurückzubleiben, wenn ein geliebter Mensch gegangen ist. Wenn auch du mehr darüber lernen möchtest, wie uns Trauer verändert und was uns hilft, mit ihr zu leben, lege ich dir diesen einfühlsamen Artikel von Stefan Boes ans Herz.
5. So setzt du dich richtig mit deinen Schamgefühlen auseinander
»Ich schäme mich. Ich habe mich nicht verhalten wie der Mann, der ich sein will«, schreibt Will Smith auf Instagram, nachdem er den Comedian Chris Rock bei der Oscarverleihung im März 2022 geohrfeigt hatte. Auch wenn du nervigen Verwandten an den Weihnachtstagen nicht direkt eine Ohrfeige verpasst hast, fällt dir vielleicht doch die ein oder andere Situation ein, wofür du dich nachher geschämt hast.
Wir schämen uns immer dann, wenn wir wegen unseres Verhaltens für einen Menschen gehalten werden könnten, der wir nicht sein wollen. Erfasst uns die Scham, sind wir ihr ausgeliefert: Wir werden rot, das Herz schlägt schneller und wir fangen an zu schwitzen. In diesem physischen Alarmzustand fällt es uns schwer, klar zu denken. Ein unangenehmes Gefühl – das trotzdem wichtig ist. Wieso das so ist und wie du es schaffst, mit Schamgefühlen zurechtzukommen, erklärt Judith Braun:
6. Was hilft gegen Einsamkeit?
Schon vor der Pandemie fühlte sich jeder zehnte Mensch in Deutschland einsam, auch einige unserer Mitglieder zählen dazu: »Es ist mir ein Anliegen, dass mehr Menschen wissen, dass Einsamkeit nicht nur ältere Personen in Seniorenheimen betrifft, sondern auch Menschen wie mich, die von außen betrachtet durchaus erfolgreich sind«, schrieb uns etwa PD-Mitglied Hannah in einer E-Mail. Wir hatten Leser:innen dazu aufgerufen, uns von ihrer Einsamkeit zu erzählen.
Stefan Boes und ich haben mit einigen von ihnen gesprochen und zusammengetragen, was helfen kann, wenn wir uns einsam fühlen. Ein Artikel aus dem Jahr 2020, voller persönlicher Schicksale – und Hoffnung auf Besserung.
7. Warum du alles fühlen darfst
Als Anfang dieses Jahres der Krieg in der Ukraine ausbrach, wurden viele Menschen von Gefühlen wie Ohnmacht, Angst und Trauer heimgesucht. Einige dieser Emotionen begleiten uns schon seit Beginn der Pandemie. Doch ist es angemessen, sich so zu fühlen, obwohl es anderen viel schlechter geht? Und darf ich mich angesichts des Leids um uns herum überhaupt gut fühlen?
Klar ist: Menschen dafür zu verurteilen, was sie empfinden, oder sich selbst schuldig für die eigenen Emotionen zu fühlen, hilft wenig. Gemeinsam mit Judith Braun und Stefan Boes habe ich mich für diesen Text auf die Suche nach dem psychologischen Ursprung all dieser Gefühle gemacht, die uns in letzter Zeit begleiten. Wir erklären, wieso es wichtig ist, Emotionen zuzulassen – und wie wir am besten damit umgehen können. Ein Leitfaden, der auch einige Monate nach Kriegsbeginn helfen kann:
Titelbild: Claudia Wieczorek | Frauke Berger