Winter in der Ukraine: Wie du den Menschen vor Ort helfen kannst
Nicht alle Menschen sitzen Heiligabend sicher im Warmen. Unsere Autorin berichtet über 5 Initiativen, die die Welt im Kleinen ein Stück besser machen.
1. Dobro Myr: Wie eine Journalistin Menschen in der ganzen Ukraine mit warmer Suppe versorgt
Für ausgebombte, frierende und verängstigte Menschen kann eine Tasse warme Suppe manchmal die Welt wieder für einen Moment in einem anderen Licht erscheinen lassen.
Das hat die ukrainische Journalistin Viktoria Talashkevych verstanden. Sie ist hauptberuflich Gründerin und Leiterin der Organisation Press Club for Reforms in Kirovohrad. Daneben bereitet sie mit einem Team von Freiwilligen – oft Frauen, die innerhalb der Ukraine geflüchtet sind – Suppen für bedürftige Menschen zu.
Unsere Initiative begann 2014 nach der ersten Aggression Russlands gegen die Ukraine. Anfangs waren wir nur rund 30 Frauen, die Gemüse getrocknet und Suppe gemacht haben. Damals haben wir etwa 300 Suppen pro Woche produziert.
Das Team setzte seine Arbeit für etwa 2 Jahre fort. Im Frühjahr 2022 startete das Projekt Dobro Myr erneut. Aktuell sind etwa 300 Freiwillige damit beschäftigt, Suppen vorzuproduzieren, zu verpacken und auszuliefern.
Die Suppen werden nicht sofort gekocht, weil sie sonst nach einem langen Transport an die Front oder in Geflüchtetenlager bei der Ankunft nicht mehr genießbar wären. Stattdessen schneiden die Freiwilligen jeden Tag stundenlang Gemüse,
Unsere Zutatenbeutel sind kompakt und leicht, können also gut transportiert werden. Damit sind sie ideal für ältere Menschen oder Familien mit vielen Kindern, die nur wenig Kapazitäten haben. In nur 15 Minuten mit 4 Litern heißem Wasser ist eine gesunde und leckere Mahlzeit für viele Menschen zubereitet.
Teile des verarbeitenden Gemüses sind lokale Spenden aus anderen Teilen der Ukraine.
Viktoria Talashkevych schätzt, dass die Arbeit ihres Suppenprojekts noch mindestens ein Jahr lang nötig sein wird – wenn der Krieg weitergeht. Um die derzeit rund 2.000 Portionen Suppe pro Woche zu produzieren, werden wöchentlich rund 700 US-Dollar benötigt.
Über die Arbeit von Dobro Myr kannst du dich über ihre Accounts bei Facebook, Instagram oder Tiktok informieren. Direkte finanzielle Unterstützung ist über Viktoria Talashkevychs Paypal-Account (viktoriiatalashkevych@gmail.com) möglich.
2. Queer Svit: Fluchthilfe für queere Personen
Queere Personen sind in Konfliktgebieten und Kriegen besonders betroffen. Im Fall der Ukraine dürfen trans Personen beispielsweise nicht über die Grenze, wenn das im Pass eingetragene nicht mit dem gelesenen Geschlecht übereinstimmt. Ende November wurde in Russland ein neues Gesetz verabschiedet, das jegliche öffentliche Darstellung von homosexuellen Beziehungen und queeren Identitäten verbietet. In Belarus werden queere Personen – ebenso wie in Russland – massiv in ihren Rechten beschnitten und diskriminiert.
Hier kommt die Nichtregierungsorganisation Queer Svit ins Spiel. Ein Team von Freiwilligen sammelt Geld, plant und organisiert die Flucht von queeren, Schwarzen, asiatischen Personen oder ethnischen Minderheiten und sorgt für die Unterbringung in einem sicheren Zielland.
Mitten im Krieg gibt es in der Ukraine aber auch positive Entwicklungen bei der Akzeptanz queerer Menschen. Peggy Lohse war vor Ort und berichtet in dieser Reportage von schwulen Soldaten, Schutzräumen und unerwarteten Durchbrüchen:
Anna-Maria Tesfaye hat die Organisation zusammen mit ihrer Frau und mehreren Freund:innen aus der Ukraine gegründet und erklärt:
Aktuell fokussieren wir uns auf die Ukraine und Armenien. Gern würden wir allen queeren Personen in sämtlichen Konfliktregionen helfen, aber dafür haben wir einfach nicht die Mittel.
So helfe Queer Svit trans Frauen dabei, mit neuen Papieren über die Grenze zu kommen – meistens nach Polen oder Rumänien. Außerdem wende sich das Team von Queer Svit an verschiedene Universitäten, um betroffene Personen gegebenenfalls als Studierende in Programme zu integrieren und sie so aus dem Land zu bekommen. Auch helfe Queer Svit beim Anmieten von Wohnungen oder Zimmern für ein paar Tage oder maximal einen Monat.
Diese Menschen sind stark traumatisiert. Wir unterstützen sie, indem wir ihnen eine Richtung weisen. Aber es ist auch sehr viel Eigeninitiative von den jeweiligen Personen gefragt. Wir liefern keinen komplett fertigen Plan. Dafür haben wir weder die Ressourcen noch das Geld. Aber wir können ihnen Unterstützung bieten. Wir sind für sie während der gesamten Reise da.
Mehr über die Arbeit von Queer Svit und wie du die Organisation unterstützen kannst, erfährst du auf ihrer Website oder bei Instagram.
3. Zmina: Kriegsverbrechen dokumentieren
Spätestens seit den schrecklichen Bildern, die aus Butscha um die Welt gingen, ist klar, dass Russland in der Ukraine Kriegsverbrechen begeht. Doch im Chaos aktueller Konflikte bleibt oft vieles ungesühnt, weil niemand die Kapazitäten und Zugänge hat, um Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu dokumentieren und anschließend vor Gericht zu bringen.
Genau das tut Zmina. Die Organisation besteht seit 2012, feierte also in diesem Jahr ihr 10-jähriges Bestehen.
Nach dem Beginn der russischen Aggression gegen die Ukraine gründete Zmina zusammen mit 30 anderen Nichtregierungsorganisationen die sogenannte
Tetiana Pechonchyk, Gründungsmitglied von Zmina, erklärt: »Wir führen verschiedene Arten der Dokumentation durch: Wir sammeln und überprüfen Informationen aus offenen Quellen, führen Interviews mit Zeugen und Opfern und fahren in Regionen, die von der russischen Besatzung befreit wurden, um vor Ort Beweise zu sammeln.«
Warum russische Kriegsverbrechen auch vor deutschen Gerichten verhandelt werden könnten, lernst du in diesem Artikel über das »Weltrechtsprinzip«:
Bei Veranstaltungen, die die Nichtregierungsorganisation durchführt, wird das Ausmaß des Krieges visualisiert. So fand beispielsweise im Oktober 2022 in Odessa eine Fotoausstellung mit dem Titel »The War Is Not Over Yet« statt, die sich verfolgten, inhaftierten oder getöteten
Neben der finanziellen Unterstützung dieser Nichtregierungsorganisation kannst du auch mit der Übersetzung ihrer Arbeit in verschiedene Sprachen und deren Verbreitung helfen.
Mehr Informationen dazu findest du auf der englischsprachigen Website von Zmina.
4. We Support LGBTQ Ukraine Fund: Traditionelle Stickereien für einen guten Zweck
Bist du auf der Suche nach einem kreativen Geschenk, das auch noch einer guten Sache dient?
Dann hat Andrew Kushnir eine Idee für dich. Kushnir ist ein »stolzer, queerer Ukraine-Kanadier«, wie er selbst sagt, und hat im April 2022 den We Support LGBTQ Ukraine Fund gegründet.
Zu Beginn des Angriffskrieges habe ich vor allem meine Social-Media-Auftritte und meinen beruflichen Hintergrund als Storyteller am Theater genutzt, um Aufmerksamkeit für die Community in der Ukraine zu schaffen.
Menschen in Kanada, so sagt er, hätten nach der russischen Invasion im Februar sehr gern Geld für die Ukraine gespendet, allerdings seien sie unsicher gewesen, wohin und wofür. Um die Spenden zu bündeln, kam er auf die Idee,
Das Design wurde von einem queeren Team entworfen. Aktuell arbeitet Kushnir mit 4 anderen Freiwilligen, aber bei Großveranstaltungen wie der Toronto Pride helfen laut Kushnir mehrere Dutzend Freiwillige, T-Shirts zu verkaufen und Spenden zu sammeln. Der Erlös geht an 7 verschiedene Nichtregierungsorganisationen in der Ukraine, die innerhalb der Community unter anderem für wichtige
Den Etsy-Shop von Andrew Kushnir findest du hier, mehr Informationen gibt es auf der Website des We Support LGBTQ Ukraine Fund.
5. StopFake: Russische Propaganda entlarven
Die Wahlen in den USA, die Pandemie und der russische Überfall auf die Ukraine haben eines sehr deutlich gezeigt: Auch Kriege haben das digitale Zeitalter erreicht. Falschmeldungen und Propaganda beeinflussen die Stimmung maßgeblich und online geführte Schlachten haben reale Konsequenzen.
Als Russland ab Februar 2014 gewaltsam die Krim annektierte, wurde am Media Reform Center der Mohyla School of Journalism das Projekt StopFake gegründet. In dessen Rahmen werden Workshops zur Entlarvung von Falschmeldungen gegeben und Fälle von Fake News in der Ukraine dokumentiert sowie veröffentlicht. Das Vorzeigeprojekt ist aktuell
Auf der Website von StopFake finden Nutzer:innen Beispiele russischer Propaganda, die als solche enthüllt wurden. So etwa eine Meldung darüber, dass sich die Einwohner:innen von Cherson bei britischen Medien über die Verschlechterung der Lebensbedingungen nach der Befreiung durch die Ukraine beschweren würden.
Die deutsche Version von StopFake findest du hier.
Redaktionelle Bearbeitung: Katharina Wiegmann
Mit Illustrationen von Frauke Berger für Perspective Daily