Unsere 5 guten Nachrichten der Woche
Dieses Mal dabei: Hacker:innen verhindern die Erhöhung von Krankenkassenbeiträgen, bald gibt es keine kostenlosen CO2-Zertifikate mehr und das erste globale Artenschutzabkommen steht.
Nicht immer schaffen es die Themen, über die wir Woche für Woche stolpern, direkt in einen eigenen Artikel. Vorenthalten wollen wir euch diese Entwicklungen, Geschichten und Ereignisse aber auch nicht. Deshalb berichten wir hier sonntags kurz und knapp über 5 Themen, die uns als Redaktion beschäftigt haben.
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Umfrage zeigt: So übel finden wir die EU gar nicht
von Julia TappeinerRund 500 Millionen Menschen leben in der EU. Um zu verstehen, was die Bevölkerung auf diesem dicht besiedelten und diversen Gebiet denkt, gibt die EU-Kommission regelmäßig Meinungsumfragen in Auftrag: das sogenannte Eurobarometer.
Vor Kurzem wurde die
- Die Menschen wissen den Frieden, den die EU bringt, zu schätzen: 72% der EU-Bürger:innen glauben, dass die EU-Mitgliedschaft gut für ihr Land ist. Als besonders wertvoll erachten die meisten (36%) die Erhaltung des Friedens und der Sicherheit, gefolgt von der Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten (35%). Das sind 6 bzw. 3 Prozentpunkte mehr als noch 2021. Der Angriff auf die Ukraine hat den Menschen wohl vor Augen geführt, wie fragil ein friedliches Miteinander sein kann und wie wichtig es daher ist,
- Bürger:innen stehen hinter den Werten der Union: Die Teilnehmenden wurden gefragt, welche Werte sie für besonders schützenswert halten. Die meisten nannten zuerst die Demokratie (36%), dann den Schutz der Menschenrechte (29%) und die Redefreiheit (28%). Das zeigt: Auch wenn populistische Regierungen oft auf Brüsseler Bürokrat:innen schimpfen, schätzen die Menschen weiterhin die
- Die Menschen wollen die Ukraine weiter unterstützen: Obwohl das Thema Ukrainekrieg zuletzt aus den Schlagzeilen Europas zu schwinden schien, tragen es die EU-Bürger:innen weiterhin mit sich. In allen Ländern der EU ist eine Mehrheit dafür (insgesamt 73%), Sanktionen gegen die russische Regierung bzw. die finanzielle, militärische und humanitäre Unterstützung für die Ukraine aufrechtzuerhalten.
Hacker:innen verhindern die Erhöhung von Krankenkassenbeiträgen
von Dirk WalbrühlWann immer Patient:innen in einer Arztpraxis ihre Krankenkassenkarten zücken, kommt es zum Einsatz: ein Lesegerät, das eine sichere Verbindung aufbaut und die Praxis fälschungssicher identifiziert. Im Jahr 2022 sollten Tausende Praxen und Apotheken diese Spezialgeräte durch ein neues Modell ersetzen. Denn das sei »veraltete Technik«, erklärte die für die Digitalisierung des Gesundheitswesens zuständige Gematik GmbH. Die Sicherheitszertifikate in ihrem Innern hätten ihr Verfallsdatum erreicht.
2.300 Euro pro Gerät sollten Krankenkassen dafür erstatten, insgesamt wären Kosten von bis zu 300 Millionen Euro entstanden – Gelder, die am Ende alle Versicherten über ihre Beiträge hätten mittragen müssen.
Doch Details dieses teuren Hardwaretausches
Den Verdacht im Raum formulierte der deutsche Chaos Computer Club (CCC):
Hier will sich ein Kartell durch strategische Inkompetenz am deutschen Gesundheitssystem eine goldene Nase verdienen. Dabei werden immense Kosten für alle Versicherten, sinnloser Aufwand für einen Austausch bei allen Ärzten und tonnenweise Elektroschrott in Kauf genommen.
Und genau das konnten Hacker:innen des CCC dann auch beweisen. Sie hackten die Geräte und veröffentlichten einen Patch – also eine Software, die das Sicherheitszertifikat auf den neuesten Stand bringen kann, ohne Geräte auszutauschen oder überhaupt aufzuschrauben.
Die Herstellerunternehmen waren damit der Täuschung überführt. Die Gematik GmbH ruderte zurück und
Natur- und Artenschutz sollen weltweit zum Mainstream werden
von Désiree SchneiderAm Montag wurde eines der wohl wichtigsten Abkommen zum Schutz der Menschheit verabschiedet: das Kunming-Montréal-Rahmenabkommen. Es soll das weltweite Massensterben in der Tier- und Pflanzenwelt stoppen und dadurch unsere Lebensgrundlage retten. 1,5 Wochen lang haben fast 200 Staaten auf der Weltnaturkonferenz (COP15) im kanadischen Montréal darüber verhandelt. In Vorbereitung auf die Konferenz
Doch allein dass der Vertrag zustande gekommen ist und einige wichtige Punkte adressiert, ist eine positive Nachricht.
- Bis zum Jahr 2030 sollen mindestens 30% der Landschaft und der Meere zu Schutzgebieten werden (30x30-Ziel). Besonders Indigene, die Naturgebiete erhalten und schützen,
- Außerdem planen die Vereinten Nationen, 30% der besonders zerstörten Lebensräume wie zum Beispiel begradigte Flüsse zu renaturieren.
- Die fast 200 Länder verpflichten sich, mehr Geld in den Schutz der Artenvielfalt zu investieren. Reichere Länder sollen zudem ärmeren Ländern bis zum Jahr 2025 rund 20 Milliarden US-Dollar jährlich zahlen, damit diese ihren Artenschutz finanzieren können.
- Das Ziel, die Umweltverschmutzung durch Plastik bis zum Jahr 2030 zu beenden, wurde aus dem vorherigen Entwurf des Abkommens gestrichen. Es wird nun lediglich »angestrebt«.
- Bis zum Jahr 2030 soll der Verlust intakter Natur auf »fast null« reduziert werden. Vorher war ein völliger Verluststopp angedacht. Die neue Formulierung lässt viel Spielraum für Interpretationen.
- Die Risiken, die durch den Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln für die Natur entstehen, sollen halbiert werden. Für Wissenschaftler:innen ist dieses Ziel besonders wichtig, weil Pestizide als eine der Hauptursachen für den Rückgang der Artenvielfalt gelten.
Die EU reformiert den Emissionshandel
von Maria StichViele Hoffnungen lagen und liegen im Handel mit CO2-Zertifikaten. Er gilt als einer der größten Hebel im Klimaschutz, der Europa zur Verfügung steht. Nach monatelangen Verhandlungen einigten sich vergangenen Sonntag nun das Europäische Parlament, die Kommission und die 27 Mitgliedstaaten der EU,
Bereits seit 2005 müssen bestimmte Unternehmen aus der Industrie und dem Energiesektor, wie Kraftwerke oder Stahlfabriken, Zertifikate für die Emissionen kaufen, die sie in die Luft pulvern. Der Gedanke dahinter: Ist der Ausstoß von Treibhausgasen teuer, steigt der Anreiz, klimafreundlicher zu wirtschaften. Allerdings hat das bisherige System zu viele Lücken. So erhalten beispielsweise manche Branchen Gratiszertifikate, damit sie nicht in Drittstaaten ohne CO2-Bepreisung abwandern.
Mit der Reform des Emissionshandels soll sich das ändern. Die kostenlosen Zertifikate laufen nun schrittweise aus und fallen ab 2034 ganz weg. Damit europäische Unternehmen dadurch im internationalen Wettbewerb nicht benachteiligt werden, will die EU eine Art CO2-Zoll einführen. Das heißt, Produzenten aus Drittländern müssen eine Abgabe zahlen, wenn sie CO2-intensive Produkte wie Stahl, Zement oder Aluminium in die EU einführen wollen. Außerdem wurde vereinbart, den Emissionshandel auf Verkehr und Gebäude einzuführen.
Um die finanzielle Belastung abzufedern, die aus dem Emissionshandel für die EU-Bürger:innen folgt, wird ein »Klimasozialfonds« von knapp 87 Milliarden Euro eingerichtet. Das Geld soll unter anderem für die Renovierung von Sozialbauten oder direkte Einkommensunterstützung eingesetzt werden. Michael Bloss, Verhandlungsführer der Grünen im EU-Parlament, begrüßt den Sozialfonds an sich. Er falle aber viel zu klein aus: »Der Klimaschutz der EU hat eine unsoziale Schlagseite. Das muss in der Zukunft anders werden, damit die soziale Gerechtigkeit nicht auf der Strecke bleibt«,
In diesem Artikel erklärt Daniel Peyronel, wie der »CO2-Zoll« funktioniert:
Bundesarbeitsgericht urteilt: Urlaub darf nicht automatisch verfallen
von Corinna Cerruti101 Urlaubstage: Auf so viel freie Zeit hatte eine Steuerfachangestellte aus Nordrhein-Westfalen über mehr als 10 Jahre bei ihrem Arbeitgeber verzichtet. Der Grund: zu hohe Arbeitsbelastung. Als sie die Kanzlei dann im Jahr 2017 verließ, verlangte sie die Auszahlung der insgesamt über 3 Monate Urlaub, die sie nie genommen hatte.
Das war der Beginn eines Streits, der diese Woche vor dem höchsten Arbeitsgericht Deutschlands beigelegt wurde. Die Richter:innen urteilten, dass Urlaubsansprüche nicht automatisch verjähren dürften. Darauf hatte sich besagte Steuerkanzlei berufen. Denn bisher verfielen nicht genommene Urlaubstage ohne weiteres Zutun nach 3 Jahren. Das Bundesarbeitsgericht hat jetzt geurteilt: Arbeitgeber:innen müssen ihre Mitarbeiter:innen rechtzeitig auffordern, ihren Urlaub zu nehmen, und sie vor einer drohenden Verjährung warnen. Damit nimmt das Gericht die Unternehmen stärker in die Pflicht. Sie dürfen nicht mehr nur zuschauen, wenn ihre Mitarbeitenden mehr arbeiten, als sie sollten. Wenn Arbeitgeber der Pflicht nicht nachkommen, bleiben die Urlaubstage bestehen.
Das gilt auch für langwierige Krankheitsfälle
In Erfurt wurde zeitgleich eine weitere Klage auf Basis des neuen Urteils entscheiden. In diesem Fall ging es um den Resturlaub eines Frachtfahrers einer Flughafengesellschaft, der nach langwieriger Krankheit verfallen sollte.
Mit den Urteilen setzt das Bundesarbeitsgericht Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem September um. Dem EuGH zufolge gilt es, die Gesundheit des Arbeitnehmers zu schützen. Wenn es Mitarbeiter:innen nicht schaffen, ihre bezahlte Freizeit zu nehmen, dann liegt es sehr wahrscheinlich an ihren Arbeitsbedingungen, wie zu hohe Arbeitsbelastung, zu wenig Personal. Die neue Regelung könnte Arbeitgeber im besten Fall dazu zwingen, Arbeitsbedingungen zu überdenken. Vor allem dann, wenn zu viele ihrer Mitarbeiter:innen mit Freizeitansprüchen hinterherhinken.
Redaktionelle Bearbeitung: Maria Stich und Désiree Schneider
Titelbild: Antoine Schibler | Unsplash - CC0 1.0